Klimaschutz als Kapitalanlage

Auf Schuldächern ist viel Platz für Solarzellen - jetzt wird er genutzt.

Von Kurt Berlo und Dieter Seifried

Schon bald wird ein Gymnasium in Nordrhein-Westfalen seinen kompletten Strombedarf über die Sonne decken. Finanziert wird es zum Teil von den Bürgern: Wer in das Projekt investiert, der kann mit einer guten Verzinsung rechnen und tut auch noch etwas für den Klimaschutz. Für das Wuppertal Institut sind solche "grüne Kapitalanlagen" angesichts steigender Energiepreise ein gutes Modell für die Zukunft.

Ein neuer Weg beim Energiesparen wird derzeit in Nordrhein-Westfalen beschritten. Die Idee dahinter: Klimaschutz sollte man eigentlich als Kapitalanlage verstehen, schließlich ist rationelle Energienutzung in einem weiten Bereich wirtschaftlich. Wieso verbindet man also nicht Maßnahmen für den Klimaschutz mit einem Angebot einer interessanten "grüne Kapitalanlage" für jedermann? Nach den guten Erfahrungen beim Betrieb des ersten Einsparkraftwerks an einer Freiburger Gesamtschule wurde das Konzept am Wuppertal Institut weiterentwickelt. Mit der 100.000 Watt Solar-Initiative werden in Zukunft Solar- und Einsparkraftwerke in Nordrhein-Westfalen realisiert. Das Pilotprojekt: Auf dem Dach des Aggertal-Gymnasiums in Engelskirchen entsteht zur Zeit das größte Solarkraftwerk der Region. Geplant ist, den Bau einer 40-kW-Photovoltaikanlage mit Stromeinsparinvestitionen zu kombinieren. Ein neues Blockheizkraftwerk der Stromversorgung Aggertal ergänzt das Projekt. Private Geldgeber können sich als stille Gesellschafter an den Maßnahmen beteiligen. Der finanzielle Ertrag des Solarkraftwerkes (rund 30.000 DM im Jahr) und das durch den reduzierten Strom- und Wärmeverbrauch eingesparte Geld wird über 20 Jahre hinweg an die Investoren ausgeschüttet. Dank der Solar- und Spar-Investitionen wird die herkömmliche Stromversorgung der Schule von 120.000 auf 30.000 Kilowattstunden jährlich reduziert. Damit avanciert das Aggertal-Gymnasium zur ersten Schule in NRW, die ihre komplette Stromversorgung in der Jahresbilanz mit Solarstrom abdecken kann. Die Gemeinde Engelskirchen, die 700 Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen und Lehrer der Schule und nicht zuletzt die privaten Geldgeber können künftig auf diese Pionierleistung stolz sein.
Von dem am Wuppertal Institut entwickelten Konzept profitieren alle Seiten: Der Investor erhält eine ordentliche Verzinsung, die Schule und die Gemeinde sparen Sanierungskosten, Lehrer und Schüler erleben hautnah praktischen Klimaschutz, der Hausmeister hat weniger Wartungsarbeiten, die örtlichen Handwerker erhalten Aufträge und die Umwelt wird jährlich mit über 200.000 Kilogramm Kohlendioxid entlastet. Nach der für das Engelskirchener Projekt im Detail dokumentierten Erfolgsvorschaurechnung soll an jeden Investor in den kommenden 20 Jahren das Doppelte seines eingesetzten Kapitals zurückfließen. Dies entspricht einer jährlichen Verzinsung in Höhe von vier bis fünf Prozent.

Ein breiter Konsens für das Solarkraftwerk.


Von Anfang an war die Unterstützung für das Projekt groß: Die "100.000 Watt Solar-Initiative für Schulen in NRW - EnergieSchule 2000+" wird vom nordrhein-westfälischen Wirtschaftsministerium unterstützt und ist ein Projekt der Landesinitiative Zukunftsenergien NRW. Planung und Umsetzung liefen dank der guten Zusammenarbeit mit den Projektpartnern vor Ort reibungslos, so der Präsident des Wuppertal Instituts, Prof. Dr. Peter Hennicke. So konnten mit der Gemeinde Engelskirchen, der Schulleitung, der Stromversorgung Aggertal schnell einvernehmliche Lösungen vereinbart werden. Die Energieagentur NRW unterstützte die Pilotmaßnahme mit ihrem fachspezifischen Beratungs-Know-how.
Für dieses Projekt wurde die Solar&Spar Contract GmbH & Co. KG gegründet, sie organisiert die vorgesehene Bürgerbeteiligung und die Realisierung der Maßnahmen. Mit der Gemeinde Engelskirchen hat das frischgebackene Unternehmen einen entsprechenden Contracting-Vertrag abgeschlossen. Bürgermeister Wolfgang Oberbüscher erhielt dafür im Rat der Gemeinde eine parteiübergreifende Zustimmung. Das Wuppertal Institut übernimmt die wissenschaftliche Begleitung des Projektes. Damit das Projekt als Vorbild für ähnliche Vorhaben an anderen Schulen dienen kann, wird die Idee und ihre Umsetzung dokumentiert.

Bei steigenden Energiepreisen eine noch bessere Investition.


Das zukunftsweisende Beteiligungsmodell dürfte mit den Jahren sogar noch an Attraktivität gewinnen: Wenn in den kommenden Jahren die Energiepreise deutlich ansteigen werden - was wohl zu erwarten ist - können sich die Kapitalanleger freuen: Je teurer Strom, Wärme und Wasser werden, desto höher sind die eingesparten Energie- und Wasserkosten, desto größer ist die Rendite der Kapitalanlage.
Mit einem solchen Modell kann man also gleichzeitig Klimaschutz betreiben und sich gegen zukünftige Energiepreissteigerungen finanziell absichern. Das gilt sowohl für die Anleger, die sich kapitalmäßig an solchen Projekten beteiligen, als auch für die Liegenschaftsbesitzer: Wenn 50 Prozent des Energiebedarfs eingespart werden, dann kann die Energiepreisteuerung sich nur auf den Restenergiebedarf auswirken. Klimaschutz, der sich rechnet.

Kurt Berlo und Dieter Seifried sind Mitarbeiter des Wuppertal Instituts.

Ausführliche Informationen gibt es im Internet unter: www.wupperinst.org/solarundspar.

Ansprechpartner beim Wuppertal Institut:
Dr. Kurt Berlo und Thosten Ellenbeck
Tel.: 0202 / 24 92-174
Fax: 0202 / 24 92-198
kurt.berlo@wupperinst.org oder seifried@oe2.de

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