Grün wachsen

Eine Studie des DIW zeigt: Umweltschutz ist zum Wachstumsmarkt geworden.
Text: Annegret Nill

Bastelimage war einmal: Umwelttechnik hat sich von der Spielwiese verschrobener Bastler zum veritablen Wachstumsmarkt mir hohem Exportanteil gemausert. Heute arbeitet jeder 20. Arbeitnehmer im Umweltschutz. Umwelt ist ein Wachstumsmarkt mit Zukunft.

Umweltschutz ist ein weiter Bereich. Er umfasst erneuerbare Energien wie Solar- und Windkraftwerke ebenso wie Klärwerke, Müllentsorgungsanlagen oder auch die Herstellung von Müllautos. Und: Umweltschutz ist ein Wachstumsmarkt. Ein Markt, in dem eine steigende Zahl von Menschen beschäftigt ist. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in Berlin (DIW) hat nun anhand verschiedener vorhandener Statistiken errechnet, welche Bedeutung der Umweltschutz als Arbeitsmarkt in Deutschland hat.


Jeder 20. arbeitet im Umweltschutz


Das Resultat: 2006 arbeiteten knapp 1,8 Millionen Personen direkt oder indirekt für den Umweltschutz. „Mit einem Anteil von 4,5 Prozent an allen Erwerbstätigen ist der Umweltschutz ein bedeutender und stabilisierender Faktor für den gesamten Arbeitsmarkt“, schreiben Jürgen Blazejczak und Dietmar Edler, die Autoren der Studie. 

Gegenüber 2002 hat die Zahl der Beschäftigten im Umweltsektor bis 2006 damit um etwa 300.000 Personen zugenommen. Allerdings ist diese Zahl nicht vollständig gesichert, da die Methoden der Erhebung der Daten von 2006 von den früheren Methoden etwas abweichen. So wurden neue Umweltschutzaktivitäten einbezogen und zusätzlich verfügbare Informationen von ifo Institut und Niedersächsischem Institut für Wirtschaftsforschung (NIW) einbezogen. Die Ergebnisse im Einzelnen: 

Exportfaktor Umwelttechnik: 2006 wurden in Deutschland in den klassischen Bereichen Umweltschutzgüter in Höhe von gut 28 Milliarden Euro nachgefragt. Das sind drei Milliarden Euro mehr als 2002. Die Nachfrage setzt sich zusammen aus laufenden Sachausgaben wie „Ausgaben für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe zum Betrieb von Umweltschutzanlagen“ – beispielsweise neue Filter und Chemikalien bei einem Klärwerk – und Investitionen für den Umweltschutz wie Entsorgungsanlagen und Müllautos. Exporte machen 14 Prozent der Nachfrage aus. Und: Kein anderes Land hat im Bereich Umwelttechnik einen höheren Exportanteil wie Deutschland: nämlich 16 Prozent. 

Dienstleistung Umweltschutz: Ein Drittel der Umweltschutzbeschäftigten stellt Umweltschutzgüter her, dazu gehören auch Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien. Etwa die Hälfte von ihnen arbeitet in der eigentlichen Umweltschutzgüterindustrie, die andere Hälfte ist in Zulieferbetrieben beschäftigt. Zwei Drittel der Umweltschutzbeschäftigten – das sind 1.132.400 Beschäftigte – arbeiten dagegen im Personaleinsatz und im Dienstleistungsbereich. 2002 waren das noch gut 960.000 Personen. Besonders zugenommen hat die Zahl der Beschäftigten in den Bereichen Land- und Forstwirtschaft (jetzt knapp 104.000) sowie Energie- und Wasserversorgung (jetzt 86.700). Im Energiebereich sind 49.000 Personen zum Beispiel mit Contracting oder Energieberatung beschäftigt. 

Erneuerbare Energien: Im Bereich der erneuerbaren Energien arbeiteten 2006 knapp 236.000 Beschäftigte – das ist gegenüber 2002 ein Anstieg um 130.000 Personen. Nach vorläufigen Ergebnissen hat sich der Wachstumstrend bis 2008 weiter fortgesetzt, wenn auch etwas abgeschwächt: Die Zahl der Beschäftigten stieg auf rund 278.000 Personen an. 2006 waren im Bereich Biomasse mit gut 95.000 die meisten Personen beschäftigt, ihre Zahl stieg aber seitdem kaum noch. Bei der Windenergie wuchs die Zahl der Beschäftigten auch durch die Exporte von Windkraftanlagen auf 82.000 im Jahr 2006, blieb seitdem aber eher stabil. Die Solarwirtschaft dagegen wuchs weiterhin kräftig: 2006 arbeiteten hier 40.000 Beschäftigte, 2008 waren es nach vorläufigen Schätzungen schon rund 75.000. 

Fazit – Wachstumsmarkt Umweltschutz: Der Umweltschutz ist besonders im Bereich der erneuerbaren Energien ein Wachstumssektor. „Wir gehen davon aus, dass die Wachstumsperspektiven gut sind und der Wirtschaftssektor Umwelt und Klimaschutz im Vergleich zur übrigen Volkswirtschaft überdurchschnittlich wachsen wird“, meint Dietmar Edler, wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Innovation, Industrie, Dienstleistung am DIW. Er sagt voraus, dass beispielsweise Energieberatungsdienstleistungen in Zukunft an Bedeutung gewinnen werden. Außerdem prognostizieren die Autoren der Studie „einen Wandel des technologischen Paradigmas hin zu stärker integriertem Umweltschutz“. Das heißt: Umweltfreundlichere Produkte oder Produktionsverfahren werden eingesetzt. „Dadurch wird die Bedeutung von grünen Zukunftsmärkten außerhalb des klassischen Umweltschutzes zunehmen“, meinen sie. „Die Wirtschaft steht vor der Aufgabe, sich diesem Strukturwandel auf den Weltmärkten anzupassen.“


changeX 14.04.2010. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Autorin

Annegret Nill
Nill

Annegret Nill arbeitet als freie Journalistin, Autorin und Moderatorin in Berlin. Sie schreibt als freie Autorin für changeX.

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