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Peak Car
Jahrzehntelang war das Auto Schlüssel zu individueller, flexibler Mobilität. Automobilität schien keine Grenzen zu kennen. Doch nun scheint sie ihren Zenit überschritten zu haben. Zwar ist die deutsche Autolust ungebrochen, doch wird sich die Rolle des Autos für unsere Mobilität deutlich ändern: Der Deutschen liebstes Kind wird zum geteilten öffentlichen Auto.
Die Geschichte des Automobils ist eine unvergleichliche Erfolgsgeschichte: Zwar war die Eroberung des Raums zunächst ein holpriger Prozess; nachdem sich die Technik schnell weiterentwickelte, Anschaffungspreise fielen und Straßen ausgebaut wurden, kannten Akzeptanz und Verbreitung des fahrbaren Untersatzes jedoch keine Grenzen mehr. Galt das Automobil in seinen Anfangstagen als Luxusobjekt, das alleinig zu Freizeitzwecken genutzt wurde und der oberen Schicht als Herrschafts- und Machtausweis diente, so entdeckten mit stets günstiger werdenden Kosten-Nutzen-Relationen immer breitere Bevölkerungsschichten die Automobilität für sich. Dennoch: Gänzlich ablegen konnte das Auto seinen Freizeitcharakter erst in den 1950er-Jahren. Mit den verbesserten Lebensverhältnissen und dem veränderten Konsumverhalten in den Wirtschaftswunderjahren nahm das eigene Auto den Spitzenplatz auf den Wunschlisten der Deutschen ein. Das Auto wandelte sich vom Freizeit- zum Gebrauchswagen, und die Motorisierung stieg von da an rasant. 1970 gab es in Deutschland 27-mal so viele Pkws wie noch im Jahr 1950. Zwischen 1970 und 2000 verdreifachte sich der Pkw-Bestand immerhin noch. Heute gehört ein Auto zur Standardausstattung privater Haushalte: 80 Prozent verfügen über ein oder mehrere Autos.
Aber nicht nur die immensen Motorisierungsraten sind Ausdruck der automobilen Euphorie. Die Massenmotorisierung veränderte den Alltag der Menschen radikal. Das Automobil veränderte die Erwartungen an Mobilität: Mit dem Auto zog ein Transportmittel ins Leben der Menschen ein, das schnelle, flexible und individuelle Fortbewegung versprach, ohne an Fahrpläne oder bestimmte Haltestationen gebunden zu sein. Parallel zur Verbreitung des Autos wurde der Lebensraum mehr und mehr der Automobilität untergeordnet. In der Stadtentwicklung kam dem Autoverkehr uneingeschränkte Priorität zu. Die autogerechte Stadt war jahrzehntelang Leitbild der Stadtplaner.
Peak Car: Am automobilen Gipfel angekommen
Auch heute bleibt kein Zweifel: Wir leben in einer autozentrierten Zeit. Das Auto ist der Maßstab jeglicher Mobilität. Die Blechlawine auf den Straßen ist Zeuge, dass sich die automobile Fortbewegung höchsten Zuspruchs erfreut. Nichtsdestotrotz häufen sich die Anzeichen, dass die Motorisierungswelle abebbt. Verschiedene empirische Befunde legen nahe, dass Deutschland "Peak Car" erreicht hat: einen Punkt also, an dem die Automobilität an einem Sättigungsniveau angekommen ist. Das automobile Verhalten der Deutschen verändert sich. Die Automobilität scheint ihren Zenit überschritten zu haben. Auch wenn Autos keineswegs von deutschen Straßen verschwinden werden, so ist doch offensichtlich, dass sich mehr und mehr Menschen bewusst aus der Autogesellschaft verabschieden.
So zählt etwa der Pkw-Bestand zu jenen Indikatoren, die jahrelang nur eine Richtung kannten, nämlich steil nach oben, nun aber stagnieren oder sogar fallen. Autos werden zwar immer größer, aber das rasante Wachstum der Bestandszahlen ist um die Jahrtausendwende ins Stocken geraten und bildet ein deutliches Plateau. Stieg zwischen 1955 und 2000 die Anzahl der Autos von 24 pro 1.000 Einwohnern auf 520 an, so stagniert seit der Jahrtausendwende die Motorisierungsrate rund um diesen Wert. Abgesehen von Sondereffekten wie etwa der Nachfrageschub im Zuge der Wiedervereinigung oder die künstliche Marktbelebung mithilfe der "Abwrackprämie" zeigen die Zulassungszahlen eine fallende Tendenz.
Ebenfalls stiegen Anzahl als auch Länge der mit dem Auto zurückgelegten Wege in der Vergangenheit kontinuierlich an, weil Mobilität fast automatisch mit dem Auto assoziiert wurde. Auch diese Entwicklung hat sich deutlich abgebremst: Der motorisierte Individualverkehr bleibt insgesamt fast unverändert - wenn auch auf hohem Niveau. In den letzten Jahren zeigen sich jedoch Verschiebungen in der Verteilung des Verkehrsaufkommens auf die verschiedenen Verkehrsmittel: Um im Alltag mobil zu sein, werden immer öfter Alternativen zum Auto genutzt, das bedeutet: Rückenwind für Fahrrad und den öffentlichen Verkehr.
Als besonders aufschlussreich für die künftige Entwicklung der Automobilität erweist sich ein Blick auf das Mobilitätsverhalten der jüngeren Generation wie von Stadtbewohnern, weil gesellschaftliche Trendveränderungen gewöhnlich in diesen Bevölkerungsgruppen ihren Ursprung haben. Dass die Affinität zum Auto bei Jüngeren abnimmt, zeigt sich darin, dass es vergleichsweise immer weniger junge Pkw-Halter gibt und das Durchschnittsalter von Neuwagenkäufern immer weiter nach oben steigt. Mehr als jeder vierte Fahrzeughalter hat seinen 60. Geburtstag bereits hinter sich. Die ältere Generation rückt im Autoverkehr immer stärker in den Vordergrund: Ihrer ausgeprägten "Autosozialisierung" wegen behalten ältere Menschen auch im fortgeschrittenen Alter ihre intensive Autonutzung bei. Die Schere zwischen Jung und Alt hinsichtlich ihres Mobilitätsverhaltens öffnet sich insbesondere in Städten immer weiter. Zwar werden in Ballungsräumen Autos über alle Altersgruppen hinweg weniger genutzt als in ländlichen Gebieten, interessant ist aber, dass die Altersgruppen in Städten eine exakt gegenläufige Tendenz in der Autonutzung zeigen: Während der Anteil der jüngeren Autofahrer sinkt, steigt der Anteil älterer Menschen hinter dem Lenkrad. Bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel hingegen verhält es sich genau umgekehrt.
Eine urbane, junge Generation sucht bezahlbare Mobilitätsalternativen
Angesichts von Staus, Parkplatznot und verstopften Innenstädten ist die Diagnose "Peak Car" nicht gerade augenfällig; der Wandel in der Autonutzung ist auf den Straßen bislang jedenfalls kaum sichtbar. Doch die Fakten sprechen eine klare Sprache. Peak Car kommt schleichend und zeigt sich in derlei vielgestaltigen Aspekten, dass es nicht eine einzige Ursache für die abnehmende Autolust der Deutschen geben kann. Weder die Wirtschaftskrise taugt als Erklärung für Peak Car, weil die dem Phänomen zugrunde liegenden Entwicklungen schon vor Krisenausbruch ihren Anfang nahmen, noch die rasant steigenden Benzinpreise, die regelmäßig die Gemüter erhitzen. Ebenso wenig kann der Imageschaden, den das Auto durch die Verteufelung als Umweltsünder zunehmend davonträgt, singulär als Grund für die Sättigung von Autobestand und -nutzung dienen. Es ist vielmehr ein ganzes Bündel von Faktoren, deren Zusammenspiel in Peak Car mündet.
So ist etwa der demografische Wandel eine der Ursachen für den gesättigten Autobestand sowie für eine verringerte Fahrleistung. Weil sich in Deutschland die durchschnittliche Lebenszeit verlängert, gleichzeitig aber die Anzahl der Geburten sinkt, schrumpft und altert die Bevölkerung. Der demografische Wandel verändert das Zusammenleben der Menschen und hat weitreichende politische, soziale und ökonomische Folgen; nicht zuletzt zieht er auch veränderte Mobilitätsbedürfnisse nach sich und wirkt sich daher erheblich auf Verkehrsnachfrage und -angebot aus. Unmittelbar hat der Rückgang der absoluten Bevölkerungszahl eine Minderung der Zahl der Pkw-Fahrer zur Folge - auch wenn sich der motorisierte Individualverkehr in geringerem Maße reduzieren wird, als dies die Schrumpfung der Bevölkerung nahelegt: Die "jungen Alten" von heute sind höchst mobil und werden ihre intensive Autonutzung bis ins hohe Alter beibehalten. Außerdem gibt es einen "Aufholeffekt" durch Frauen, die in größerem Maße über einen Führerschein und ein eigenes Auto verfügen, als dies früher der Fall war.
Die veränderte Altersstruktur hingegen wirkt dämpfend auf die Mobilität insgesamt. Grund dafür ist die Tatsache, dass die Anzahl der zurückgelegten Wege und deren Länge stark vom Alter abhängen. Ältere Verkehrsteilnehmer legen im Schnitt weniger und kürzere Wege zurück als jüngere. Die meisten Fahrten mit den größten Entfernungen bringen Jugendliche und Personen im erwerbsfähigen Alter hinter sich. Da dieser Bevölkerungsanteil aber schrumpft, hat dies einen rückläufigen Effekt auf Verkehrsaufkommen und Verkehrsleistung zur Folge. Empirisch zeigt sich ganz klar: Während die Altersgruppe 60 plus vermehrt Auto fährt, sind bei den jüngeren Altersgruppen die Autofahrten rückläufig. Interessanterweise verhält es sich bei der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel exakt umgekehrt. Aber auch die veränderten Lebensläufe junger Menschen dämpfen die Automobilität: Verlängerte Ausbildungsphasen, späterer Berufseinstieg und aufgeschobene Familiengründungen zögern häufig große Anschaffungen wie die eines Autos hinaus. Und weil regelmäßig die Geburt eines Kindes einen Anlass für den Autokauf darstellt, wirkt auch die geringere Geburtenrate mindernd auf den Fahrzeugbestand.
Aber auch die zunehmende Urbanisierung und der drohende Verkehrsinfarkt in den Städten schmälern die Attraktivität des Autos. Lärm, Luftverschmutzung und Dauerstaus gehören heute wie selbstverständlich zu jeder großen Stadt. Es wird immer enger in Deutschlands Städten, die auf eine paradoxe Situation zusteuern. Es ist gerade die erfolgreiche massenhafte Verbreitung des Autos, die dessen weitere Verbreitung verlangsamt - und schließlich zum Stillstand führt: Die zu stets neuen Höchstgeschwindigkeiten fähigen Automobile sind in der Stadt doch kaum schneller unterwegs als Fahrradfahrer. Auf Berlins Straßen etwa beträgt das Durchschnittstempo bloß etwas mehr als 24 Stundenkilometer. Dazu kommt noch, dass sich in der jüngeren Vergangenheit Stadtentwickler verstärkt um die Verkehrsprobleme in den Städten kümmern und Konzepte entwickeln, die der Massenmobilisierung mit konventionellen Autos immer weniger Raum lassen: Man will Lärm- und Abgasemissionen reduzieren, den enormen Flächenverbrauch des Straßenverkehrs stoppen und nicht länger jegliche Planung auf den Autoverkehr ausrichten. Angesichts eines gewöhnlich gut ausgebauten Netzes des öffentlichen Nahverkehrs ist das Auto oftmals ohnehin die schlechtere Alternative. Dementsprechend weisen Ballungsgebiete eine viel geringere Pkw-Dichte auf als ländlichere Regionen: Kommen in Großstädten wie Berlin 323 Autos auf 1.000 Einwohner sind es in einem Flächenland wie Bayern 555. Der Verzicht auf das eigene Auto in größeren Städten hat auch damit zu tun, dass sich dort alternative Mobilitätsangebote stark verbreiten. Klassisches Carsharing und Peer-to-Peer-Carsharing, Ridesharing und Mietfahrräder haben sich speziell für jüngere Leute zur ernsthaften Konkurrenz zum Autobesitz gemausert, weil diese Angebote viel passgenauere Lösungen für die immer individueller werdenden Mobilitätsbedürfnisse liefern.
Die Aufgeschlossenheit gegenüber solchen neuen Formen der Autonutzung wird stark befördert durch einen grundlegenden Lebensstil- und Wertewandel, der unsere Gesellschaft durchzieht: Das Auto hat als Statussymbol insbesondere bei jungen Menschen ausgedient. Als Prestigeobjekte dienen heute andere Güter wie etwa Mobiltelefone, Laptops oder teure Kleidung, während beim Auto mehr und mehr die reine Gebrauchsfunktion in den Vordergrund rückt. Immer weniger gilt das eigene Auto als Quelle persönlicher Freiheit, vielmehr wird es als (teurer) Klotz am Bein empfunden. Obwohl Mobilität weiterhin hoch im Kurs steht, muss diese nicht notwendigerweise mit dem eigenen Auto realisiert werden. Junge Menschen lösen Mobilitätsanforderungen heute viel pragmatischer, sie konzentrieren sich mit beschränkten Mitteln auf das Wesentliche und Machbare. Daher ersetzt immer öfter das geteilte Auto das eigene Auto, und Mobilitätskonzepte nach dem Motto "nutzen statt besitzen" gewinnen an Popularität: Sie verheißen alle Vorteile eines individuellen Verkehrsmittels, ohne die damit verbundenen Kosten und Verantwortung nach sich zu ziehen.
Neben diesem Einstellungswandel gegenüber dem privaten Auto hat auch die Verbreitung des Internets Auswirkungen auf die Automobilität: Nicht nur machen Onlineshopping und Heimarbeit viele Wege unnötig, auch ersetzen speziell bei jungen Menschen elektronische Kommunikationsformen und insbesondere die sozialen Netzwerke im Internet vielfach persönliche Treffen. Jugendliche bewegen sich heute mehr im Internet als auf der Straße. Das Anhäufen von Materiellem wird ersetzt durch die Suche nach Erlebnissen. All dies sind Gründe dafür, weswegen eine urbane, junge Generation immer weniger die Notwendigkeit sieht, ein eigenes Auto zu besitzen.
Zu guter Letzt ist Peak Car natürlich zu einem großen Teil auch auf die gestiegenen Automobilitätskosten zurückzuführen. Dabei fallen zuvorderst die seit Jahrzehnten steigenden Treibstoffkosten ins Gewicht. Und dagegen hilft auch die verbesserte Kraftstoffeffizienz moderner Autos kaum, da mit der Erneuerung der Pkw-Flotte Motorleistung, Fahrzeuggewicht und der Betrieb von Nebenaggregaten stetig ansteigen und die verbesserte Motoreffizienz auffressen. Technologische Weiterentwicklungen, mit denen Autofahren immer bequemer und sicherer wird, steigern zudem die Anschaffungskosten. Dadurch wächst auch der jährliche Wertverlust, neben den Treibstoffkosten die zweite große Kostenkomponente eines Fahrzeuges. Insgesamt ist die Verteuerung des Autofahrens zwar keineswegs so dramatisch ausgefallen, wie es regelmäßige Schlagzeilen à la "Abzocke an der Zapfsäule" nahelegen, jedoch haben sich die Kosten der Anschaffung, des Unterhalts und der Nutzung eines Autos von der allgemeinen Preisentwicklung abgesetzt. Da sich diese Entwicklung voraussichtlich auch in Zukunft fortsetzt, werden die Kosten des Autofahrens erheblichen Einfluss auf die Autonutzung nehmen. Dies bestärkt eine Umfrage von AutoScout24, der zufolge nur eine kleine Minderheit von sieben Prozent der Deutschen künftig mehr für das Auto ausgeben würde.
Die Zukunft der Automobilität: multimodal und integriert
Die empirischen Befunde zeigen also ganz eindeutig: Das Mobilitätsverhalten wandelt sich und stellt die gewohnte Automobilität infrage. Dabei wirft Peak Car allerhand Fragen auf: Was kommt nach der Ära des Automobils? Wie sieht Mobilität zukünftig aus? Und welche Stellung nimmt das Auto dabei ein? Klar ist, dass neue Mobilitätskonzepte vonnöten sind, die den gewandelten Anforderungen gerecht werden. Wie auch immer die mobile Zukunft aussehen wird, sie kann kaum wieder hinter den hohen Standard zurückfallen, den das Auto gesetzt hat: Individuell und flexibel wird Mobilität auch künftig sein müssen, dabei aber noch bezahlbar und ressourcenschonend sowie für ein urbanes Umfeld tauglich.
Technische Innovationen allein werden daher nicht ausreichen, um die Erfolgsgeschichte des Autos fortzuschreiben. Fand in der Vergangenheit die Ingenieurkunst der Autohersteller für jegliches Problem noch eine Lösung - so waren Sicherheitsgurt, Knautschzone und Airbag die Antwort auf die steigende Zahl an Verkehrstoten, der Katalysator auf die Luftverschmutzung -, so verlangen die heutigen Herausforderungen nach neuen Antworten. Statt technischer Innovationen braucht es Nutzungsinnovationen. Eine umfassendere Lösung ist gefragt. Das Auto als solches wird seine Rolle für unsere Fortbewegung ändern müssen. Aber einiges spricht dafür, dass die Autohersteller die Zeichen der Zeit erkannt haben: Viele von ihnen betreiben bereits eigene Carsharing-Flotten und machten in jüngster Zeit mit Investitionen in Ridesharing-Anbieter von sich reden. Denn immer stärker tritt dabei die Funktion "Mobilität" gegenüber dem Produkt "Auto" in den Vordergrund. Das Auto ist dabei, eine komplette Kehrtwende zu machen: vom individualisierten privaten hin zum vernetzten öffentlichen Fahrzeug.
Das Auto wird Teil eines integrierten Verkehrssystems werden. Dabei weichen die Grenzen zwischen individualisiertem und öffentlichem Verkehr immer weiter auf. Zwar wechselten Verkehrsteilnehmer auch früher schon zwischen den verschiedenen Transportmitteln - man denke etwa an "park and ride" -, heute aber geschieht dies immer pragmatischer und flexibler. Man wählt Auto, Bahn und Fahrrad je nach Bedarf und legt Wege multimodal zurück. Von einer echten Integration der Angebote kann allerdings noch keine Rede sein, da die einzelnen Verkehrsangebote größtenteils noch monomodal ausgerichtet sind und im besten Falle "additive" Lösungen zulassen. Immer mehr werden die Verkehrsmittel zu integrierenden Lösungen verschmelzen, die lückenlos jedes Mobilitätsbedürfnis erfüllen. Insbesondere neue Angebote wie Car-, Ride- oder Bikesharing werden dabei eine große Rolle spielen, weil sie exakt an den Defiziten der öffentlichen Linienverkehre ansetzen und das Zurücklegen immer komplexerer Wegeketten ermöglichen. Carsharing wird dann keine Fortsetzung des privaten Autoverkehrs mit anderen Mitteln sein, sondern das vernetzte öffentliche Auto wird Teil eines integrierten Mobilitätskonzepts.
Aufwind erhält die multimodale Verkehrsmittelnutzung noch durch die starke Verbreitung des mobilen Internets. Das Smartphone spielt bei der Integration der Verkehrsangebote eine gewichtige Rolle, weil es nicht nur Informationen zu Transportalternativen sichtbar macht und die Wegeplanung erleichtert, sondern weil es künftig als universelles Zugangsmedium zu den verschiedensten Mobilitätsservices dienen könnte. Auf diese Weise entstünde eine echte multimodale Welt, an die auch Auto und Fahrrad - also die Klassiker des individualisierten Verkehrs - angeschlossen wären. Mobilität wird in dieser Zukunftsvision "on demand" verfügbar, das Smartphone liefert Information über und bietet Zugang zu einem passgenauen Weg von Haus zu Haus. Das Auto spielt in dieser Welt eine immer stärker komplementäre Rolle, da es in Ergänzung öffentlicher Verkehrsmittel immer dann zum Zug kommt, wo die Linienverkehre nicht ausreichend individuelle Lösungen bieten können.
Peak Car läutet eine neue Phase der Automobilität ein. Vor allem in Großstädten wird der Verkehr ein völlig anderes Gesicht annehmen. Das Auto wird nicht verschwinden, jedoch wird es seine Rolle im Mobilitätsmix deutlich verändern. Alle für die Bewältigung der Alltagsmobilität nötigen Verkehrsmittel werden künftig in einer einzigen Dienstleistung integriert sein. Hierbei wird das Auto der Zukunft - geteilt, öffentlich und vernetzt - ein elementarer Bestandteil sein.
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Zitate
"Mehr als jeder vierte Fahrzeughalter hat seinen 60. Geburtstag bereits hinter sich." Nora S. Stampfl: Peak Car
"Während die Altersgruppe 60 plus vermehrt Auto fährt, sind bei den jüngeren Altersgruppen die Autofahrten rückläufig." Nora S. Stampfl: Peak Car
"Das Auto hat als Statussymbol insbesondere bei jungen Menschen ausgedient." Nora S. Stampfl: Peak Car
"Jugendliche bewegen sich heute mehr im Internet als auf der Straße. Das Anhäufen von Materiellem wird ersetzt durch die Suche nach Erlebnissen." Nora S. Stampfl: Peak Car
"Das Mobilitätsverhalten wandelt sich und stellt die gewohnte Automobilität infrage." Nora S. Stampfl: Peak Car
"Was kommt nach der Ära des Automobils? Wie sieht Mobilität zukünftig aus? Und welche Stellung nimmt das Auto dabei ein?" Nora S. Stampfl: Peak Car
"Statt technischer Innovationen braucht es Nutzungsinnovationen. Eine umfassendere Lösung ist gefragt. Das Auto als solches wird seine Rolle für unsere Fortbewegung ändern müssen." Nora S. Stampfl: Peak Car
"Das Auto ist dabei, eine komplette Kehrtwende zu machen: vom individualisierten privaten hin zum vernetzten öffentlichen Fahrzeug." Nora S. Stampfl: Peak Car
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Autorin
Nora S. StampflNora S. Stampfl studierte Wirtschaftswissenschaften in Österreich (Mag. rer. soc. oec.) und den USA (MBA). Sie arbeitet als Unternehmensberaterin und Zukunftsforscherin in Berlin. Den Arbeitsschwerpunkten strategische Unternehmensführung, gesellschaftlicher Wandel und Zukunftsfragen widmet sie sich auch als Autorin.
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