Überblick im Labeldschungel.
Ein klarer Fall von Greenwashing - und nicht der einzige, den der Autor, Journalist und Medienberater Stefan Kreutzberger in seinem neuen Buch Die Ökolüge. Wie Sie den grünen Etikettenschwindel durchschauen beschreibt. "Als Greenwash - auf Deutsch Grünwaschen oder Grünfärben - bezeichnet man Bemühungen von Unternehmen, Verbänden oder auch Regierungen, sich ein 'grünes' Image in der Öffentlichkeit zu verschaffen. Und das, ohne einen ernsthaften Wandel seines Umweltverhaltens einzuleiten", erklärt der Autor, der in seinem Buch hinter die Kulissen der Ökoindustrie blickt und enthüllt, wie und wo Verbraucher mit grünen Etiketten manipuliert und betrogen werden. Mit seinem überaus kenntnisreich und detailliert recherchierten Buch liefert er damit für Verbraucher eine profunde Basis, die die selbständige Beurteilung von grünen Produkten ermöglicht. Denn "in vielen Fällen ist nicht 'Fair' und 'Bio' drin, wo 'Fair' und 'Bio' draufsteht", stellt Kreutzberger bei seinen Recherchen fest. Vielmehr werde der Verbraucher förmlich zugeschüttet mit Nachhaltigkeitssiegeln, Zertifikaten, Labeln und Selbstverpflichtungen, deren grüner Gehalt für den Verbraucher nur schwerlich zu beurteilen ist. Um in diesem Labeldschungel den Überblick zu behalten, was nun wirklich nachhaltig oder ökologisch ist, fordert der Autor gesetzlich geregelte und öffentlich überprüfbare Standards für alle diese Selbstversprechen, Siegel und Labels. Denn der gegenwärtige Etikettenschwindel unterwandert das grüne Ideal: "Da werden Atomkraftwerke plötzlich zu grünen Oasen, Ölkonzerne zu innovativen Visionären, wird Autofahren immer sauberer und die Kohleindustrie zum Klimaschutzvorreiter." Und dies geschehe einzig und allein, um einen wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen oder um einen Fehler zu verdecken und so Kritik oder Strafe zu entgehen.
Grünes Mäntelchen.
So grasen in der Werbung friedlich Schafe vor Atommeilern, weil diese angeblich kein Kohlendioxid erzeugen - was gar nicht stimme -, während das Problem der Endlagerung des strahlenden Mülls schön ausgeklammert wird. Und Stromkonzerne malten ein nicht existierendes Schreckgespenst einer Stromlücke an die Wand, um so den Bau klimabelastender Kohlekraftwerke durchzupauken. Auch die Bundesregierung sei unter den Grünwäschern, wenn sie den folgenschweren Irrtum der staatlichen Förderung des Geschäfts mit sogenanntem "Bio"-Sprit aus Palmöl und Soja nicht zuzugeben vermag. Denn das Big Business mit "Bio"-Sprit trieb Millionen Menschen in Entwicklungsländern in Hunger und Armut. Damit die grüne Hoffnung, wie sie in den vielen kleinen und großen Lügen und gezielter Desinformation hintergangen wird, letztlich nicht stirbt, hat Kreutzberger das grüne Mäntelchen gelüftet. Seine Leistung besteht darin, Falschspieler aufzudecken und damit auch dem Verbraucher wieder seine Mündigkeit zurückzugeben: Denn jeder einzelne trägt mit seinem bewussten Konsum zu einer Welt bei, in der wir leben wollen - oder auch nicht.
Sascha Hellmann ist freier Mitarbeiter bei changeX.
Stefan Kreutzberger:
Die Ökolüge.
Wie Sie den grünen Etikettenschwindel durchschauen.
Econ Verlag, Berlin 2009,
286 Seiten, 16.90 Euro.
ISBN 978-3-430-30045-2
www.ullsteinbuchverlage.de
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Sascha HellmannSascha Hellmann ist freier Journalist in Heidelberg. Er arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.