Jede Menge Streicheleinheiten
Sei gut zu dir, wir brauchen dich - das neue Buch von Horst Conen.
Von Nina Hesse
Auch schon am Limit? Oder vielleicht sogar kurz vor dem Burn-out? Dann ist es Zeit, einen Gang niedriger zu schalten. Zurückzufinden zu innerer Gelassenheit. Die Langsamkeit zu zelebrieren. Das Genießen zu lernen. Innerlich "Stopp" zu sagen, wenn der Ärger einen aufzufressen droht oder sich negative Gedanken aufschaukeln können. Kurz: einen seelischen Neustart zu wagen.
Wer noch Arbeit hat, der klotzt meist ran ohne Ende und hat abends gerade mal die Kraft, sich vor den Fernseher zu werfen. Weil die Kollegen wegrationalisiert worden sind und man ihren Job gleich mit erledigen muss. Weil die Anforderungen immer weiter steigen. Oder weil man stolz auf die eigenen Leistungen ist und sich selbstverständlich für die Firma ins Zeug legt. Keine Zeit! Voll im Stress! Ehrensache! Ganz typisch: Um sich für den Stress zu entschädigen, gönnt sich der Wissensarbeiter ein schickes Wellness-Wochenende oder wenigstens eine Ayurveda-Massage.
Nur leider ist der Effekt meist schon nach zwei Tagen Jobhektik wieder verflogen ist. So ein Mist aber auch! "Wellness bringt's nicht", ist denn auch das nüchterne Fazit von Horst Conen. "Man muss im Kopf ansetzen." Denn, so seine These, viele Menschen werden nicht nur unter Druck gesetzt - sie setzten sich auch selbst unter Druck. Wer nicht rechtzeitig die Notbremse zieht, dem droht der Burn-out. Als Bremsklotz eignet sich das neue Buch von Horst Conen sehr gut. Er leitet dazu an, die innere Einstellung zu ändern und ein neues, liebevolleres Verhältnis zu sich selbst zu finden. "Viele Menschen arbeiten im Tagesgeschäft bis zum Gehtnichtmehr und vergessen dabei oft sich selbst. Dieses Buch möchte Sie dazu ermuntern, bewusster auf sich selbst Acht zu geben", erklärt er. Nach diesem Motto hat er sein "Take-Care-Prinzip" entwickelt, was übersetzt so viel heißt wie: "Pass auf dich auf."

Das Übliche - nett verpackt.


Wenn man schon ein paar Work-Life-Balance-Ratgeber kennt, bietet Conens Buch wenig Überraschendes - aber er hat es geschafft, die üblichen Strategien sehr sympathisch aufzubereiten. Schon der Titel geht ans Herz, solche Worte haben die meisten Menschen schon lange nicht mehr gehört. Auch Conens vertraulich-persönlicher Ton vermittelt das Gefühl, dass einem gerade ein wohlwollender Mentor den Arm um die Schultern gelegt hat und einen gelassen durch die Fährnisse des Lebens geleitet (was man allerdings auch als penetrant empfinden kann). Hinzu kommt die hübsche Gestaltung des Buches - hier hat die Bleiwüste keine Chance, die hellgrün hinterlegten Info-Kästen sind eine Wohltat fürs Auge.
Wie auch Asgodom und Co. leitet Conen dazu an, Glaubenssätze aus der Kindheit zu analysieren, innere Antreiber zu identifizieren (seine Übung gegen Perfektionismus: 14 Tage konsequent unperfekt sein) und den inneren Monolog positiv zu beeinflussen. Nette Ideen hat Conen zum Thema, sich von der Vergangenheit zu verabschieden - ein wichtiger Schritt auf dem Weg, gut zu sich zu sein. Zücken Sie den Spaten und begraben Sie Ihre Altlasten buchstäblich! Dann fällt der Neustart nicht mehr so schwer.
Als Nächstes gilt es, Ballast abzuwerfen und seine Ansprüche herunterzuschrauben. Bei jedem materiellen Wunsch sollte man sich die Frage stellen: "Spielt das für mein Lebensglück eine Rolle?" Weil die Rolex, das noch schickere Auto und der neueste Technikschnickschnack den Test wahrscheinlich nicht bestehen, hat Conens Buch seinen Kaufpreis schnell amortisiert.
Sich selbst weniger Druck zu machen heißt aber auch, nicht zu nett zu sein, Nein sagen zu lernen, nicht perfekt sein zu wollen. Denn oft ist der Stress selbst produziert. Hat man sich davon einmal verabschiedet, kann man sich weiter zu einem positiveren Lebensgefühl vorarbeiten. Indem man übt, die kleinen schönen Dinge wieder schätzen zu lernen, indem man sich selbst verwöhnt und kleine Urlaubsinseln im Alltag schafft.

Inneren Abstand bekommen.


Sehr nützlich sind Conens Anti-Ärger-Programm und seine Tipps zum Umgang mit schwierigen Zeitgenossen. Denn selbst wenn man sich selbst das Leben nicht mehr schwer macht - es gibt genug andere, die ihren Teil zum täglichen Elend beitragen und die Magensäfte hochblubbern lassen. Das wichtigste Rezept dabei: inneren Abstand zum Säbelrasseln des Tagesgeschäfts schaffen und lernen, über alltägliche Probleme (und sich selbst) zu lachen. "Es geht darum, sich im Kopf eine Plattform zu erhalten, eine kleine imaginäre Wolke, auf die Sie - wenn es hoch hergeht - hinaufsteigen können, um sich für einen Moment aus dem wilden Geschehen herauszuziehen", erklärt Conen - ein schönes Beispiel für die vielen originellen Bilder, mit denen er seine Tipps erklärt.
Seine Tipps umzusetzen erfordert für die meisten Leser vermutlich viel Übung. Denn all das, was er empfiehlt, bekommt man in der heutigen Arbeitswelt konsequent abtrainiert: Auf sein Bauchgefühl zu hören. Die Langsamkeit zu zelebrieren, bewusst zu genießen. Applaus ist Conen von Arbeitgeberseite dagegen für sein kleines Programm sicher, wie man mit Veränderungen umgehen lernt und sich, wenn nötig, selbst verändert. Denn Wandel und Change Management werden in den Unternehmen weiterhin noch groß geschrieben, und meist ist es der unwillige, da überstrapazierte Mensch, der die x-te Reorganisation auflaufen lässt.
Eine lustige Idee ist der Schluss: ein Formular für eine Vereinbarung mit sich selbst. Es ist so offiziell-juristisch formuliert, dass sich garantiert niemand traut, dagegen zu verstoßen und seine Lebensträume in Zukunft wieder zu vernachlässigen.

Horst Conen:
Sei gut zu dir, wir brauchen dich.
Vom besseren Umgang mit sich selbst,

Campus Verlag, Frankfurt am Main /New York 2005,
250 Seiten, 19.90 Euro,
ISBN 3-593-37184-7
www.campus.de

Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.

© changeX Partnerforum [16.03.2004] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.


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: Sei gut zu dir, wir brauchen dich. . Vom besseren Umgang mit sich selbst. . Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 1900, 250 Seiten, ISBN 3-593-37184-7

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