Nur leider ist der Effekt meist schon nach zwei Tagen Jobhektik wieder verflogen ist. So ein Mist aber auch! "Wellness bringt's nicht", ist denn auch das nüchterne Fazit von Horst Conen. "Man muss im Kopf ansetzen." Denn, so seine These, viele Menschen werden nicht nur unter Druck gesetzt - sie setzten sich auch selbst unter Druck. Wer nicht rechtzeitig die Notbremse zieht, dem droht der Burn-out. Als Bremsklotz eignet sich das neue Buch von Horst Conen sehr gut. Er leitet dazu an, die innere Einstellung zu ändern und ein neues, liebevolleres Verhältnis zu sich selbst zu finden. "Viele Menschen arbeiten im Tagesgeschäft bis zum Gehtnichtmehr und vergessen dabei oft sich selbst. Dieses Buch möchte Sie dazu ermuntern, bewusster auf sich selbst Acht zu geben", erklärt er. Nach diesem Motto hat er sein "Take-Care-Prinzip" entwickelt, was übersetzt so viel heißt wie: "Pass auf dich auf."
Das Übliche - nett verpackt.
Wenn man schon ein paar
Work-Life-Balance-Ratgeber kennt, bietet Conens Buch wenig
Überraschendes - aber er hat es geschafft, die üblichen
Strategien sehr sympathisch aufzubereiten. Schon der Titel geht
ans Herz, solche Worte haben die meisten Menschen schon lange
nicht mehr gehört. Auch Conens vertraulich-persönlicher Ton
vermittelt das Gefühl, dass einem gerade ein wohlwollender Mentor
den Arm um die Schultern gelegt hat und einen gelassen durch die
Fährnisse des Lebens geleitet (was man allerdings auch als
penetrant empfinden kann). Hinzu kommt die hübsche Gestaltung des
Buches - hier hat die Bleiwüste keine Chance, die hellgrün
hinterlegten Info-Kästen sind eine Wohltat fürs Auge.
Wie auch Asgodom und Co. leitet Conen dazu an,
Glaubenssätze aus der Kindheit zu analysieren, innere Antreiber
zu identifizieren (seine Übung gegen Perfektionismus: 14 Tage
konsequent unperfekt sein) und den inneren Monolog positiv zu
beeinflussen. Nette Ideen hat Conen zum Thema, sich von der
Vergangenheit zu verabschieden - ein wichtiger Schritt auf dem
Weg, gut zu sich zu sein. Zücken Sie den Spaten und begraben Sie
Ihre Altlasten buchstäblich! Dann fällt der Neustart nicht mehr
so schwer.
Als Nächstes gilt es, Ballast abzuwerfen und seine
Ansprüche herunterzuschrauben. Bei jedem materiellen Wunsch
sollte man sich die Frage stellen: "Spielt das für mein
Lebensglück eine Rolle?" Weil die Rolex, das noch schickere Auto
und der neueste Technikschnickschnack den Test wahrscheinlich
nicht bestehen, hat Conens Buch seinen Kaufpreis schnell
amortisiert.
Sich selbst weniger Druck zu machen heißt aber auch, nicht
zu nett zu sein, Nein sagen zu lernen, nicht perfekt sein zu
wollen. Denn oft ist der Stress selbst produziert. Hat man sich
davon einmal verabschiedet, kann man sich weiter zu einem
positiveren Lebensgefühl vorarbeiten. Indem man übt, die kleinen
schönen Dinge wieder schätzen zu lernen, indem man sich selbst
verwöhnt und kleine Urlaubsinseln im Alltag schafft.
Inneren Abstand bekommen.
Sehr nützlich sind Conens
Anti-Ärger-Programm und seine Tipps zum Umgang mit schwierigen
Zeitgenossen. Denn selbst wenn man sich selbst das Leben nicht
mehr schwer macht - es gibt genug andere, die ihren Teil zum
täglichen Elend beitragen und die Magensäfte hochblubbern lassen.
Das wichtigste Rezept dabei: inneren Abstand zum Säbelrasseln des
Tagesgeschäfts schaffen und lernen, über alltägliche Probleme
(und sich selbst) zu lachen. "Es geht darum, sich im Kopf eine
Plattform zu erhalten, eine kleine imaginäre Wolke, auf die Sie -
wenn es hoch hergeht - hinaufsteigen können, um sich für einen
Moment aus dem wilden Geschehen herauszuziehen", erklärt Conen -
ein schönes Beispiel für die vielen originellen Bilder, mit denen
er seine Tipps erklärt.
Seine Tipps umzusetzen erfordert für die meisten Leser
vermutlich viel Übung. Denn all das, was er empfiehlt, bekommt
man in der heutigen Arbeitswelt konsequent abtrainiert: Auf sein
Bauchgefühl zu hören. Die Langsamkeit zu zelebrieren, bewusst zu
genießen. Applaus ist Conen von Arbeitgeberseite dagegen für sein
kleines Programm sicher, wie man mit Veränderungen umgehen lernt
und sich, wenn nötig, selbst verändert. Denn Wandel und Change
Management werden in den Unternehmen weiterhin noch groß
geschrieben, und meist ist es der unwillige, da überstrapazierte
Mensch, der die x-te Reorganisation auflaufen lässt.
Eine lustige Idee ist der Schluss: ein Formular für eine
Vereinbarung mit sich selbst. Es ist so offiziell-juristisch
formuliert, dass sich garantiert niemand traut, dagegen zu
verstoßen und seine Lebensträume in Zukunft wieder zu
vernachlässigen.
Horst Conen:
Sei gut zu dir, wir brauchen dich.
Vom besseren Umgang mit sich selbst,
Campus Verlag, Frankfurt am Main /New York 2005,
250 Seiten, 19.90 Euro,
ISBN 3-593-37184-7
www.campus.de
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
© changeX Partnerforum [16.03.2004] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Zum Buch
Horst Conen: Sei gut zu dir, wir brauchen dich. . Vom besseren Umgang mit sich selbst. . Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 1900, 250 Seiten, ISBN 3-593-37184-7
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