In jeder Lebenslage eine Chance
Patchwork-Karrieren - wie changeX-Leser leben und arbeiten.
Von Sascha Hellmann
Geradlinige Lebensläufe, das war einmal. In der individualisierten Gesellschaft von heute kann sich jeder den passenden Lebensentwurf selbst aussuchen. Brüche, Überraschungen und Durststrecken eingeschlossen. Das Leben ist ein Patchwork unterschiedlicher Phasen, riskant und abwechslungsreich. In den nächsten Monaten porträtieren wir ausgewählte changeX-Leser. Spannende Menschen mit schillernd unterschiedlichen Lebens- und Arbeitswelten. In einer Serie von journalistischen Kurzporträts. Neue Folge 28: Monika Funsch aus Bad Homburg. / 17.07.08
Luitgard Gasser

Monika Funsch:
"Arbeit ist für mich Teil meines Lebens. Gerade weil meine jetzige Arbeit sinnerfüllt ist: Menschen unterstützen und ihnen zeigen, es gibt in jeder Lebenslage eine Chance."

 

Monika Funsch ist 61 Jahre alt und lebt in Bad Homburg. Sie wird in Frankfurt geboren, wo sie auch aufwächst, zur Schule geht und die private höhere Handelsschule mit der mittleren Reife abschließt. Ihr Berufswunsch ist Lehrerin, doch ihr Vater sieht für sie keinen akademischen Weg vor. So absolviert sie eine Ausbildung zur Versicherungskauffrau, "obwohl mich das eigentlich gar nicht interessiert hat", wie sie sich erinnert. Dennoch ist sie bei dem, was sie tut, erfolgreich: So vertritt sie bereits während ihrer Ausbildung die Chefsekretärin im Betrieb. Und nach der Lehre leitet sie die Abteilung Organisation und hat die Außendienstmitarbeiter unter sich. Sie arbeitet knapp zehn Jahre im Beruf, heiratet und bekommt eine Tochter. Ein Schnitt: Funsch gibt ihren Beruf auf und ihr neues Aufgabengebiet, dem sie sich die folgenden 17 Jahre widmet, nennt sie rückblickend "Mann, Kind, Hund und Haushalt".
Doch Mann, Kind, Hund und Haushalt sind ihr nicht genug. Sie absolviert ein Fernstudium in Hauswirtschaft und veröffentlicht Artikel in der Zeitschrift Eltern. "In dieser Welt bewegte ich mich damals." Zudem gründet sie einen Mütterverein und wird, als ihre Tochter in die Schule geht, Elternbeirätin. Als ihre Tochter auf das Gymnasium geht, trennt sie sich von ihrem Mann - "und ich musste mir neue Ziele stecken, um beruflich Fuß zu fassen", erinnert sie sich. Sie arbeitet zunächst als Interviewerin und sucht sich später eine Stelle als Sekretärin und Assistentin für medizinische Datenverarbeitung. An ihren Berufseinstieg nach 17 Jahren, in denen auch Computer in die Büros Einzug gehalten haben, erinnert sie sich noch genau: "Wo ist denn die Schreibmaschine", fragt sie an ihrer neuen Arbeitsstelle. "Aber ich fand einen geduldigen Chef, der mir geholfen hat." Die Anfänge sind nicht leicht, und nicht ohne Tränen. Alleinerziehend, wenig Geld - "aber ich habe mich durchgeboxt". Doch die Halbtagsstellung reicht ihr irgendwann nicht mehr, sie sucht einen Fulltime-Job. "Du musst dir ein breites Wissen in möglichst kurzer Zeit aneignen", denkt sie sich. Die folgenden drei, vier Jahre arbeitet Funsch dann in Ganztagsstellung in unterschiedlichen Berufsfeldern: von Public Relations über Werbeagentur bis zur Personalberatung. Sie bewirbt sich in einem Unternehmen, das zum Dualen System Deutschland gehört, und wird die "rechte Hand des Geschäftsführers". Die Firma verändert sich nach sechs Jahren und Funsch arbeitet weiter als Assistentin für ihren ehemaligen Chef, der ein neues Unternehmen gründet. Nach zweieinhalb Jahren ist dieses Zwischenspiel zu Ende: Funsch ist zum ersten Mal für ein knappes Jahr arbeitslos.

... und jetzt erst recht!


Sie fängt in einer internationalen Ingenieurfirma als Office-Managerin an und absolviert gleichzeitig eine einjährige Ausbildung zur Change-Managerin. Zusätzlich lässt sie sich zum Business-Coach und zur Personaltrainerin, Schwerpunkt Konfliktberatung, Prozessbegleitung ausbilden. Als ihre Firma einen neuen Geschäftsführer bekommt, verändert sich die Arbeitsatmosphäre. Ein Konzept, das sie für den neuen Geschäftsführer ausarbeitet, bekommt sie mit den Worten zurück: "Ich brauche keine Häuptlinge, sondern Indianer." Funsch ist mittlerweile Mitte 50 und fragt sich, was sie mit dem Rest ihres Lebens anfangen möchte, wie es denn nun weitergehen soll. Sie denkt: "Und jetzt erst recht. Jetzt zeige ich es den anderen und auch mir selbst noch mal." Sie will nicht mehr unter "irgendwelchen Chefs arbeiten, die ohnehin alles immer besser wissen, aber nicht unbedingt besser machen können". Ihr Entschluss steht fest: "Jetzt mache ich mich selbständig." Sie möchte gerne mit und für Menschen arbeiten und fasst eine Zielgruppe ins Auge: Menschen jenseits der 40, die sich beruflich und privat in einer Umbruchphase befinden. Aber der Anfang ist schwerer, als sie denkt. Freunde raten ihr, doch in ihrem Alter in Rente zu gehen, und Banken verwehren ihr aufgrund ihres Alters Existenzgründungszuschüsse. Nach vielen Hürden kann sie ein Finanzierungsmodell durchsetzen und gründet 2003 ihr Unternehmen: top forty. Karriereberatung - Persönlichkeitsentwicklung, Agentur für berufliche Veränderungsprozesse. Die Resonanz ist überdurchschnittlich gut. "Ich habe nicht geahnt, welcher Boom sich entwickeln würde", erinnert sie sich. Als zertifizierter Business-Coach berät sie ihre Klientel mittels Einzelcoachings, hält Vorträge und leitet Seminare, gibt Workshops. Ihre Kunden, die mittlerweile aus ganz Deutschland und auch aus der Schweiz anreisen, sind Unternehmer, Existenzgründer, Führungskräfte und Quereinsteiger. Frauen und Männer über 40. Sie ist Mentorin in berufsrelevanten Projekten und als Coach bei diversen Instituten für Existenzgründungsberatung gelistet. Funsch arbeitet systemisch lösungsorientiert und gilt auch als Spezialistin für Menschen jenseits der 50. Das Handelsblatt, die Frankfurter Allgemeine Zeitung haben über sie berichtet, sie wird zu Symposien eingeladen und war bereits Gast in der Fernsehsendung "Hart aber fair".

In jeder Lebenslage eine Chance.


Funsch teilt sich Beratungsräume mit einem Familientherapeuten. Ihr Büro befindet sich in eigenen Räumlichkeiten. Für Vorträge und Seminare ist sie auch viel auf Reisen. In ihren täglichen Arbeitsabläufen, die sich auch immer nach aktuellen Aufträgen richten, ist sie sehr flexibel. "Ich habe eine Sieben-Tage-Woche", sagt sie. Doch sie bemüht sich um eine "gute Balance". Ihren Ausgleich findet sie bei der Gartenarbeit und beim Nordic Walking. Zudem malt sie und spielt Klavier. Auf die Frage, was Arbeit ist, antwortet sie: "Arbeit ist für mich Teil meines Lebens. Gerade weil meine jetzige Arbeit sinnerfüllt ist: Menschen unterstützen und ihnen zeigen, es gibt in jeder Lebenslage eine Chance." Das sieht sie rückblickend auch als roten Faden in ihrem eigenen Leben: Aus einem Ende einen Anfang machen, einen Misserfolg auch als Chance sehen. "Ich möchte weiter, keinen Stillstand; bleibe neugierig für neue Wege, nicht stehen bleiben, sondern gehen, nie mehr abhängig sein", sagt sie.
Auf changeX ist sie durch eine Kollegin gestoßen. "Und ich finde das Magazin wahnsinnig interessant." Sie schätzt die unterschiedlichen Beiträge und hat bereits Zugang zu vielen für sie zunächst fremden Themen gefunden.
Monika Funsch wollte zunächst Lehrerin werden, doch ihr beruflicher Weg führte sie über viele unterschiedliche Stationen, bis sie ihr ganz individuelles Profil klar vor sich sah. Heute hilft sie Menschen, das zu verwirklichen, was sie in ihrer jetzigen Tätigkeit gefunden hat: Sich des eigenen Potenzials bewusst werden und selbst gewählte Ziele anstreben.

Sascha Hellmann ist freier Mitarbeiter bei changeX.

Kontakt:
Monika Funsch
top forty
Karriereberatung � Persönlichkeitsentwicklung
Agentur für berufliche Veränderungsprozesse
Karl-Horn-Str. 17
61350 Bad Homburg v. d. H.
Tel.: 06172-139099
Fax: 06172-139098
E-Mail: mfunsch@topforty-beratung.de
Internet: www.topforty-beratung.de

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Sascha Hellmann
Hellmann

Sascha Hellmann ist freier Journalist in Heidelberg. Er arbeitet als freier Mitarbeiter für changeX.

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