Das Problem beim klassischen Dialog: "Argumente erzeugen oft Gegenwehr und Gegenargumente statt Einsicht und Überzeugung", erklärt Recknagel. Wer schon einmal mit einem sehr von seiner Weltsicht überzeugten Menschen diskutiert hat, weiß sehr gut, was gemeint ist. Natürlich heißt das nicht, dass man komplett auf Argumente verzichten sollte. Wenn man Informationen hat, die der Gesprächspartner nicht kennt, sollte man sie ihm geben, so Recknagel.
Um den skeptischen Leser zu überzeugen, hat sie sich einen guten Trick einfallen lassen: Dialoge zwischen zwei fiktiven Figuren, die sowohl den Text des Buchs kommentieren und besprechen als auch die Methoden des Buchs gleich ausprobieren. Das ist lebendiger, als einfach nur Beispiele zu bringen. Nur die Namen "Franz" und "Emil" wirken arg altmodisch, und auch die Dialoge wirken gelegentlich etwas bieder.
Motivationen ergründen.
Das Gute an Recknagels Methode (die
sie etwas sperrig "Individuelle Betrachtung im Dialog" getauft
hat und die sich am berühmten Harvard-Konzept orientiert) ist,
dass sie dann greift, wenn der Gesprächspartner Nein gesagt hat.
Eine Chance gibt es jetzt noch, wenn der andere gesprächsbereit
ist. Schaltet er komplett auf stur, läuft nichts. Wenn er jedoch
überhaupt überzeugbar ist, dann überzeugt er sich am besten
selbst. Die beste Taktik ist daher, Fragen zu stellen, die sich
auf die Einwände des Gesprächspartners beziehen. Weil es so
wichtig ist, aktiv zuzuhören und Fragen zu stellen, liefert
Recknagel dafür ausführliche Anleitungen, Tipps und Checklisten
für die Gesprächsvorbereitung.
Bei der ausführlichen "Erkundung" des Gegenübers stellen
sich oft Aha-Effekte ein - denn viele Vermutungen stellen sich
als falsch heraus, und oft fördert das Überprüfen und Fragen
Überraschendes zu Tage. Also immer erst mal nach dem Warum
fragen, bevor man ein Urteil fällt. Herausfinden, was die
Beweggründe des Gesprächspartners sind.
Beispiel: Ein Vorgesetzter ärgert sich über die
Unpünktlichkeit eines Mitarbeiters, weil er sie als Provokation
empfindet. Schließlich spricht er mit seinem Mitarbeiter über das
Thema - und es stellt sich heraus, dass der Mitarbeiter seine
Tochter morgens zum Kindergarten bringen muss - und der macht
erst um acht Uhr auf, was eigentlich auch Arbeitsbeginn des
Mitarbeiters ist. Manchmal ist eine der Kindergärtnerinnen aber
auch schon früher da, dann kann der Mitarbeiter pünktlich kommen.
Was natürlich keine Lösung ist. Aber eine Lösung kann man finden,
wenn man gemeinsam brainstormt ... je kreativer man ist, je mehr
Möglichkeiten man sich einfallen lässt, desto leichter ist es, in
dieser Phase zu einer Einigung zu kommen.
Richtig Ziele definieren.
Ein anderer wichtiger Punkt ist,
Ziele zu definieren und einen Verhandlungsspielraum vorzugeben.
Wenn Sie zum Beispiel einen Kollegen regelmäßig vertreten müssen,
Ihnen das aber vom Chaos auf seinem Schreibtisch zum Alptraum
gemacht wird, dann könnten Sie Ihr Ziel natürlich definieren als:
"Ich will, dass mein Kollege Ordnung auf seinem Schreibtisch
hält." Aber vielleicht hat er bereits eine (für ihn leicht, für
Sie schwer durchschaubare) Ordnung? Viel besser ist, ganz konkret
zu werden: "Mein Ziel ist es, mit Ihnen eine Vereinbarung zu
treffen, wie sichergestellt werden kann, dass ich die
erforderlichen Unterlagen finde, wenn ich Sie vertreten muss!"
Der Vorwurf entfällt, es wird viel deutlicher, worum es geht, und
sofort öffnet sich ein breiter Verhandlungsspielraum, den man für
kreative Lösungsmöglichkeiten nutzen kann.
Wem das alles zu theoretisch vorkommt, der kann es gleich
ausprobieren und auf diese Art einüben: Recknagels Buch hat wie
die anderen Book@web-Bücher Internetanbindung: Auf der
Book@web-Seite von GABAL können sich die Leser mit einem
speziellen Passwort in einen interaktiven Workshop einloggen und
ausprobieren, was sie gerade erfahren haben. Dort kann man
unterschiedliche Kommunikationssituationen praktisch trainieren,
seinen persönlichen Gesprächsstil testen, sich Gesprächsbeispiele
als Audiotracks anhören, via Foren und Mail kommunizieren und
Kontakt zur Autorin aufnehmen. Spätestens dann ist man bereit,
die Methode in der "freien Wildbahn" auszuprobieren - daheim, im
Büro, beim Kunden.
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
Marion Recknagel:
Überzeugen ohne zu argumentieren,
Reihe Book@web - inklusive Internetworkshop,
GABAL Verlag, Offenbach 2005,
109 Seiten, 17'90 Euro
ISBN 3-89749-511-2
www.gabal-verlag.de
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