Cluster der Zukunft

Hightech-Brennpunkte sind ein Beispiel dafür, wie Zusammenarbeit funktionieren kann.

Von Susanne Eyrich

Wenn man seine Kräfte bündelt, kann man viel erreichen. Die Wirtschaft hat den Wert von Allianzen und Kooperationen inzwischen verstanden - doch die Gesellschaft hinkt noch hinterher.

Was entscheidet über das Zukunftswohl unserer Gesellschaft? An erster Stelle Bildung und Ausbildung. Aber wir brauchen auch eine Bündelung der besten Kräfte.
Der Wettbewerb in den Schlüsselindustrien findet nicht, wie viele glauben, zwischen Staaten statt, sondern zwischen spezialisierten regionalen Netzwerken. Innerhalb der einzelnen Netzwerke kommt es zu vielen Synergien in Forschung und Entwicklung, Zulieferung, unternehmens- und produktnahen Dienstleistungen - damit wird ein hohes Innovations- und Wachstumstempo möglich. Beispiel Autostandort Detroit: Dort sind Forschung und Entwicklung in unterschiedlichen Organisationen eine Symbiose eingegangen. Sie haben ihre Fähigkeiten und Kräfte gebündelt, so genannte "Cluster" gebildet, Hightech-Brennpunkte.
Silicon Valley zum Beispiel ist ein solcher Cluster. Im Radius einer Autostunde hat sich hier eine Vielzahl hochkarätiger Firmen mit ähnlichen Schwerpunkten zusammengefunden. Warum eigentlich? Weil alle davon profitieren. Die räumliche Nähe fördert den Austausch von Ideen und Erfahrungen, die Anbahnung von Geschäftskontakten, die Bildung effizienter und flexibler Wertschöpfungsnetze sowie die wirksame Verknüpfung von Wissen, Talenten, Kapital und Wettbewerb.
Solche Cluster bilden sich oft spontan. Zu den wichtigsten Faktoren zählen niedrige Steuern, Venture Capital, ein Pool von verfügbaren Fachleuten, die Möglichkeit, schnell an die Börse zu gehen, eine Kultur der Innovation und des Unternehmertums sowie Gesetze, die zum Beispiel Spin-offs aus Universitäten erleichtern. Ein weniger greifbares, aber noch wichtigeres Element des Erfolgsrezepts ist dagegen das Networking. In Silicon Valley haben die Firmen sich gezielt miteinander, mit Venture-Capital-Gebern und Universitäten vernetzt. Damit diese Vernetzung stattfinden kann, braucht man physische Nähe, eine geographisch kompakte Einheit, damit man seine Geschäfte persönlich besprechen kann - auch in Zeiten des Internets. Deshalb sind solche geographischen Brennpunkte überhaupt entstanden.
All das ist eine Chance, die Deutschland heute ebenfalls ergreifen muss. Auch Deutschland muss durch eine gezielte Ansiedlung von Clustern in den Zukunftsindustrien IuK-Industrien, Biotechnologie zum besten Innovationsstandort weltweit werden.

Kooperationen und Allianzen.


Innovative Unternehmen verfügen über ähnliche Eigenschaften wie Cluster. Technologien wie Biotechnologie und Pharma, Maschinen- und Automobilbau und Computer, Telekommunikation und Mikroelektronik verschmelzen zu neuen Innovationen oder werden am Markt als Systemtechnologien mit entsprechender Systemkompetenz angeboten. Durch das Zusammenwachsen vieler Märkte und Technologien können sich Unternehmen vor allem in einer Allianz ihre Systemkompetenz am Markt sichern, obwohl sie ihre Kernkompetenz nur auf einige wenige Spezialgebiete konzentriert haben.
Ein Unternehmen kann versuchen, diese Situation alleine im Wettbewerb zu meistern. Sinnvoller ist es allerdings, durch die Aufnahme von Beziehungen unterschiedlicher Art, externe Synergien zu schaffen - durch Kooperation, Allianzen oder sogar, wie es in der Industrie immer häufiger vorkommt, durch Fusionen. Regionale Cluster sind dann ein Standortvorteil für den dahinter stehenden Staat.
Infineon hat sich mittlerweile in Dresden angesiedelt, weil dieser Standort über überdurchschnittlich qualifizierte Mitarbeiter verfügt und wir den Zugriff auf eine sehr gute Forschungslandschaft haben - ein IT-Cluster ersten Ranges. Überdies sind wir natürlich am Standort München zentriert, weil wir dort in das süddeutsche Hightech-Netzwerk eingebunden sind - ein Top-Cluster, wenn auch nicht ganz mit einem Silicon Valley und der intellektuellen Keimzelle Stanford University oder mit dem Raum Boston mit Keimzelle Massachusetts Institute of Technology (MIT) vergleichbar.

Standort Deutschland stärken.


Es gibt viele Gründe dafür, warum Deutschland auf Hightech-Cluster nicht verzichten kann. Der Industriestandort Deutschland verfügt selbst über keine nennenswerten Rohstoffe. Er kann sich im internationalen Wettbewerb also nur behaupten, wenn er mit Hilfe von Innovationen erfolgreich bleibt, gute Fachkräfte hervorbringt und die Faktoren für Wirtschaft, Gründungen und Clusterbildung stimmen.
Kurz: Wir brauchen Spitzenprodukte, Spitzenkräfte und Spitzeninnovationen. Das sind die Bedingung für wirtschaftlichen Fortschritt. Dafür brauchen wir eine kritische Masse an Know-how-Potenzial, geeignete Fach- und Führungskräfte und ein passendes Entwicklungs-, Vermarktungs- und Dienstleistungspotential. Es gilt, sowohl deutsche Forschungseinrichtungen und Unternehmen auf ihrem Weg in eine globalisierte Wirtschaft zu unterstützen als auch ausländische Forschungseinrichtungen und Unternehmen für den Standort Deutschland zu gewinnen, um am Standort wirksam werdende Synergie- und Spill-over-Effekte zu erreichen.
Besonders die Rahmenbedingungen spielen eine wichtige Rolle. Zum Beispiel Spielräume für befristete Arbeitsverhältnisse durch angepasste Kündigungsschutzregeln. Ein großer und weiter wachsender Teil der Wertschöpfung gerade in der Informations- und Kommunikationstechnologie wird in Projektteams geschaffen, die in wechselnder Zusammensetzung für begrenzte Zeiträume bedarfsgerecht zusammengeholt werden. Darüber hinaus muss sich die Lohnentwicklung im Hochlohnland Deutschland am Produktivitätszuwachs orientieren. Wenn sie gering ist, führt eine Lohnerhöhung zur Vernichtung von Arbeitsplätzen. Für wichtig halten wir aber auch mehr Wettbewerb, um Spitzenkräfte zu bekommen und langfristig in Deutschland zu halten. Und natürlich ein hohes Ausbildungsniveau und lebenslanges Lernen, um Deutschland zu einer führenden Know-how-Nation zu machen.

Lernen von der Wirtschaft.


Wichtig ist, dass auch Staat und Gesellschaft von Netzwerken wie den Hightech-Clustern lernen. Die Wirtschaft arbeitet schon längst mit strategischen Allianzen. Doch Deutschland hat es noch nicht geschafft, strategische Allianzen zwischen den staatlichen Institutionen, zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen, zwischen Schulen, Krankenhäusern und Unternehmen aufzubauen. Unsere Gesellschaft ist noch nach einem Säulenmodell organisiert, das wir in der Wirtschaft schnellstmöglich aufzulösen versuchen. Und zwischen den einzelnen Bereichen gibt es viel zu wenig Kommunikation und Zusammenarbeit. Für Unternehmen kann das zur Existenzbedrohung werden. Wir müssen auch in Deutschland vernetzt denken - das ist ein Dienst, den Deutschland auch seinen Unternehmen gegenüber leisten muss und den wir als Unternehmer Deutschland gegenüber erbringen müssen.

Susanne Eyrich ist Senior Manager Public Affairs bei der Infineon Technologies AG.

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