Gute Preise. Gute Flüge.

Billigpreise ruinieren die Airlines. Die eigene Gier im Zaum halten wäre klüger - ein Essay von Wolfgang Vieweg.

Das Preisdumping der Billigflieger ist auf Dauer ruinös. Billigairlines posaunen zwar fischmarkt-schreierisch ihre Dumpingangebote in die Welt. Verkaufen die meisten Plätze aber dann zu einem Vielfachen der annoncierten "ab"-Preise. Diesen Spagat zwischen Dumping und Nepp hält keiner auf Dauer durch. Der Ausweg: Fixpreise für alle sind gerechter, schreibt Germania-Chef Wolfgang Vieweg. Der Kunde kann sich immer und überall auf einen günstigen Preis verlassen. Eine klare Absage an die hoch gezüchtete Geiz- und Last-Minute-Mentalität in deutschen Landen!

Preise fallen nicht vom Himmel, sie sind Menschenwerk und werden gemacht. Preise können auch nicht errechnet, quasi aus den Kosten eines Produktes, einer Dienstleistung exakt hergeleitet oder mittels einer Zauberformel bestimmt werden. Allenfalls lässt sich die Preisuntergrenze kalkulieren. Preise ergeben sich vielmehr durch die Interaktion von Angebot und Nachfrage auf dem Markt. Im Preis treffen sich die Marktpartner. Je nachdem, welche Seite, Angebot oder Nachfrage, gerade die Oberhand hat, ergibt sich ein Verkäufer- oder ein Käufermarkt.
In der Zeit des Wirtschaftswunders hatten in Deutschland die Anbieter die Nase vorn, weil sie bei noch allgemein knappem Angebot die Konditionen mehr oder weniger diktieren konnten. Als das Angebot mit steigendem Wohlstand zunahm, glich sich das Verhältnis aus. Die Inflationsrate hatte lange Zeit eine Null vor dem Komma. Die Preise zurrten sich fest. Der Preis war das, was auf dem Preisschildchen stand oder in einer Liste oder im Katalog abgedruckt war. Aber diese Zeiten sind Geschichte.
Die Preise gerieten in Bewegung, mächtig in Bewegung. Schon Mitte der 80er Jahre gab es beispielsweise in den USA für Flugtickets - ähnlich wie für Rohöl und Schweinebäuche - Tagespreise, mit Overnight-Updates angepasst an die Preise der Wettbewerber vom Vortag. Dies steigerte sich zu einer wahren Preishysterie und brachte 1992 die gesamte Branche ins Preischaos (1). Eine Preissenkung jagte die andere. Zwar schnellten die verkauften und transportierten Mengen nach oben, aber die Ergebnisse und Aktienkurse sackten in den Keller (2). Die Täter wurden zu Opfern ihrer eigenen Strategie. Kurzzeitig gab es einzelne Gewinner, aber mittelfristig hat niemand wirklich gesiegt. Wehe, wenn sie losgelassen...!
Die Deregulation der späten 70er und 80er Jahre schwappte schließlich als "Liberalisierung" über den Atlantik nach Europa. Die Deutsche Lufthansa AG wurde privatisiert und kurz darauf fielen auch weitere Staatsmonopole (Telekommunikation und Post); die eingesetzte Regulierungsbehörde sollte den Prozess weniger drastisch verlaufen lassen. Strom hat inzwischen eine Farbe und die Rabatte sind freigegeben. Es gibt den EU-Binnenmarkt, den Euro und selbst der Mittelstand denkt längst über Europa hinaus, weitgehend global. Alle Branchen sind von diesem Trend erfasst.

Musik in den Preisen.


Schon immer war reichlich Musik in den Preisen. Rohstoffmärkte, Großmärkte, Börsen sorgen bei den Preisen unablässig für Dynamik und liefern genug Fantasie für Spekulationen. Aber letztlich - obwohl dabei schon eine Menge Psychologie mitspielt - stellt sich in diesen Fällen der Preis klassisch-konventionell als Ausdruck des Gleichgewichts zwischen den angebotenen und nachgefragten Mengen ein. In letzter Zeit haben sich aber andere Phänomene herausgebildet, die über den normalen Reflex des Marktmechanismus hinausgehen. Heutzutage wird der Preis vermehrt als Kampfmittel eingesetzt und autonom verändert, in der Regel gesenkt, um die Mengen und die Marktanteile in die Höhe zu treiben.
Den Kunden gefällt das natürlich, wenn die Preise nach unten massiert werden. Sie sind scheinbar die Nutznießer dieser Preiskriege. Allerdings werden vermehrt spezielle Billigprodukte kreiert und Produkte in den Markt gebracht, die auf ihre Grundfunktion, ohne jeden Schnick-Schnack ( no frills), reduziert sind. Aber auch Produkte von mittlerer und gehobener Qualität verfallen zunehmend im Preis. Sogar Luxusprodukte sind inzwischen vermehrt von dieser Entwicklung betroffen. Es gibt Preissuchmaschinen im Internet (guenstiger.de, geizkragen.de, preismaschine.de etc.), und es ist in den einschlägigen Kreisen bekannt, in welcher Ecke der Welt bestimmte Parfüms, Uhren, Schmuck, Sportgeräte, Unterhaltungselektronik, Kameras, Designer-Klamotten usw. zur jeweiligen Zeit am billigsten sind. Entweder fliegt man mal eben kurz selbst dorthin oder lässt es sich bei nächster Gelegenheit von einem guten Freund mitbringen.

Smart Shopping.


Auch im Inland geht man nicht mehr einfach in ein (Fach-)Geschäft und kauft, sondern es werden zuerst Produkte und Preise auf das Genaueste miteinander verglichen. Und wenn man dann präzise weiß, was man will, sucht man ein Factory-Outlet-Center und kauft dort ein Schnäppchen oder man kauft im Ausland, wenn es geht: zollfrei oder gleich bei ebay. Preise werden heute vielfach wie auf dem orientalischen Basar ausgehandelt oder auf dem Auktionswege ermittelt. Die Preise haben ihre formale Autorität verloren. Die Zeiten, dass starke Marken die Preise weitgehend immunisierten, sind vorbei, weil das Spielen mit den Preisen inzwischen auch die Markenloyalität ausgehöhlt hat.
Der Preis, speziell der niedrige Preis, ist zum ausschlaggebenden Produktmerkmal geworden, an dem ein Kunde, der mit seinem Geld haushalten muss, nicht vorbeisehen kann. Bedingt durch die derzeit schlechte Konjunktur beziehungsweise als Begleiterscheinung eines scharfen Wettbewerbs sind die Kunden extrem preissensibel geworden. Die Kunden wurden durch zahllose Preisaktionen geradezu darauf konditioniert, nur nach dem günstigsten Angebot zu suchen (3), wobei jedoch nicht wenige Menschen schlicht durch die überzogene Schnäppchenmentalität zum Kauf verführt werden und schließlich mehr kaufen, als sie eigentlich kaufen wollten. Wenn ihnen das dann im Nachhinein bewusst wird, sind sie sauer, einmal auf sich selbst und zum anderen auf den allzu listenreichen Anbieter.

Was will uns der Preis sagen?


Jeder weiß: Die Preispolitik ist eine Komponente des Marketing-Mixes (neben Produkt-, Kommunikations- und Distributionspolitik). Der gesamte Marketing-Mix muss in sich stimmig sein. Preise sind eng mit den Konditionen verbunden und bestimmen - auf das jeweilige Unternehmen gerichtet - maßgeblich die Deckungsbeiträge und letztlich das Ergebnis. Preise haben aber auch einen wichtigen externen Aspekt. Der Preis ist stets Träger einer Botschaft (4). Preise wirken psychologisch. Im günstigeren Fall schaffen sie Vertrauen, im übelsten Fall provozieren sie Verwirrung und/oder Verdruss. Gefahren beschwören solche Unternehmen herauf, die zwar mit Dauertiefstpreisen werben, aber dennoch teurer sind als die Mitbewerber. Die Kunden fühlen sich betrogen und verlieren das Vertrauen (5). Die Deutsche Bahn AG musste unlängst ihr neues Preissystem wieder zurücknehmen, weil es von den Kunden - entgegen allen Ankündigungen - als intransparent und unfair empfunden wurde. Ganz schlimm waren die Preismanipulationen im Nachgang zur DM/Euro-Umstellung. Lange wurde - auch von offizieller Seite - verkündet, dass die Preise fair umgerechnet worden seien, aber jeder Verbraucher konnte beobachten, dass oft nur DM gegen EUR 1:1 ausgetauscht worden ist.
Die Euro-Umstellung zeigt auch, dass die Kunden ein hervorragendes Preisgedächtnis haben, denn noch heute - mehr als zwei Jahre nach der Umstellung - vergleichen viele Menschen den aktuellen EUR-Preis mit dem "alten" DM-Preis und fühlen sich maßlos verschaukelt. Der ausgewiesene Preis und der "gefühlte" Preis weichen zum Teil weit voneinander ab. (Nur bei den Gehältern hat die Umrechnung ordentlich funktioniert!)
Kunden sind nicht nur enorm preissensibel, sondern haben überhaupt ein feines Gespür dafür, ob das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt oder nicht. Die Markttransparenz, die Produkt- und Preisinformationen, haben in neuerer Zeit extrem zugenommen. Die Werbung tut das ihre dazu. Die Verbraucherorganisationen und Stiftung Warentest schüren das Verbraucherbewusstsein. Spontane Verbraucherkollektive entdecken ihre Macht und erzwingen durch Kaufenthaltungen geänderte Unternehmensentscheidungen (6). Die Kunden wollen auf alle Fälle ernst genommen und nicht einfach abgefertigt werden. (7) Menschen reagieren geradezu allergisch, wenn sie das Gefühl bekommen, dass sie geneppt worden sind.
Früher war es die Marke, von der ein unverbrüchliches Vertrauen ausging. Die Kraft der Marke. Die Produkte/Dienstleistungen haben aus sich selbst heraus überzeugt und die geforderten Preise gerechtfertigt. Es gab keine Kundenbindungsprogramme, sondern Haus- und Hoflieferanten über Generationen hinweg. Handwerker hat man nicht über die Gelben Seiten gesucht, sondern man wusste, wem man sich mit welchem Problem anzuvertrauen hat. Vor so banalen Psycho-Tricks wie Schwellenpreise (zum Beispiel an der Tankstelle: 0,91 9 EUR/Liter Diesel) hat die Kundschaft bereits resigniert. Einmal steigt der Benzinpreis, weil der Dollar steigt, ein anderes Mal steigt er, weil der Dollar fällt. Wenn Sondersituationen und Zeitdruck preislich schamlos ausgenutzt werden, dann fühlt sich der Kunde massiv abgezockt. Aber auch extrem günstige Angebote, so attraktiv diese auch im Einzelfall objektiv sein mögen, machen erst einmal misstrauisch und wirken irgendwie unseriös beziehungsweise der Kunde vermutet eine mindere Produkt- oder Service-Qualität.
Mit dem "Target Pricing" (und Target Costing) wollen die Unternehmen systematisch ergründen, was der Markt bereit ist, maximal für ein Produkt mit einer gewissen Funktionalität zu bezahlen. Ebenso geht es bei den Preiskämpfen auch zu allerletzt um die Interessen der Kunden, auch wenn dies den Kunden immer wieder vorgegaukelt und suggeriert wird. Die Kunden werden dabei vielmehr instrumentalisiert - und das spüren sie - und es ist kein positives Gefühl! "Ich bin doch nicht blöd!" von Media-Markt wie auch der Preis-Slogan von Saturn: "Geiz ist geil!" stammen aus derselben (unteren) Schublade. Hier macht sich der Händler/Lieferant in einer besonders perfiden Art von Mimikry zum Geiz-Komplizen des Kunden. Natürlich ist es allein die Sache des Käufers, geizig zu sein, wenn er denn überhaupt so veranlagt ist; der Händler/Lieferant hat naturgemäß kein Interesse am Geiz. Das alles ist weit weg vom "Der Kunde ist König!" und der mithin Entthronte spürt, dass man überall nur sein Bestes, nämlich sein Geld, will. Aber er profitiert auch davon und verzichtet bei seinem Einkauf des schnöden Mammons willen häufig genug auf die andernorts gepriesenen Erlebniswelten.

Power Pricing versus Fixxpreis.


Der Kunde von heute ist einer beispiellosen Informationsflut ausgesetzt. Dadurch ist er bei Kaufentscheidungen häufig überfordert. Gefragt sind in dieser Situation Marketingstrategien, die der Maxime der Einfachheit folgen. Eine schwierige Aufgabe für das Management (8). Esch empfiehlt KISS: Keep it simple and stupid, man solle die Komplexität vermeiden und eine "Mental Convenience" bieten.
Power-Pricer verhalten sich jedoch ganz anders: Sie ändern die Preise spontan und rigoros, immer wenn es ihre Strategie und ihre Optimierungsrechnungen angezeigt erscheinen lassen. Dazu ist jedes noch so banale Argument recht. Ihnen geht es darum, die Preis-Absatz-Funktion gnadenlos auszufahren, das obere Preissegment abzuschöpfen, wenn die Saison danach ist, und mit Niedrigpreisaktionen die Nachfrage von der Konkurrenz abzuziehen und auf die eigenen Kapazitäten umzulenken.
Typisch für dieses Gebaren sind die so genannten Billigflieger mit ihren Lockpreisen. Auf jedem Flug wird eine geringe (!) Zahl von Sitzplätzen etwa zu 9,99 EUR (heute auch wieder netto netto, also meist nicht mehr inklusive Sicherheitsgebühren und MWSt.) angeboten. Es gibt gelegentlich auch Tickets, bei denen der Fluggast nur die Sicherheitsgebühr bezahlt. Das Ticket ist eigentlich gratis. Und dann auch noch dies: Kurz vor Weihnachten 2003 bot Ryanair jedem Fluggast ein britisches Pfund, wenn er mit der Gesellschaft fliegt.
Solche Angebote sind in vielerlei Hinsicht limitiert, aber werden nichtsdestoweniger fischmarkt-schreierisch in die Welt posaunt. Bei diesem Spagat zwischen Dumping und Nepp werden in Wahrheit jedoch die meisten Plätze zu einem Vielfachen der annoncierten "ab"-Preise feilgehalten (zu den Preisspannen (9)). Das Fatale dabei ist, dass Preissenkungen nicht zwingend einen höheren Marktanteil bringen. Eine Preissenkung um 10 Prozent muss zwischen 25 und 65 Prozent mehr abgesetzte Menge bringen, damit sie sich lohnt (siehe FAZ vom 10.11.2003). 60 Prozent der Preisaktionen erzielen einen negativen Deckungsbeitrag (siehe FAZ vom 10.11.2003) und so führt das bei einer insgesamt ohnehin schwachen Nachfrage und bei hohen Kapazitäten im Markt zu nicht-kostendeckenden Durchschnittserlösen und damit zwangsweise auf Dauer zum Exitus des betreffenden Anbieters.
Die Frage ist nur, wen es bei diesem Spiel zuerst erwischt, wer zuerst aufgekauft wird. Die Billigflug-Szene in Deutschland erlebt jetzt, was sich in den USA Anfang der 90er Jahre abgespielt hat (10), ohne etwas aus der Historie gelernt zu haben. Branchen, die sich so verhalten, bezeichnen Simon/Dolan als "dumme" Branchen; die Mineralölkonzerne würden sie bei einer solchen Kategorisierung wohl als "intelligent" apostrophieren.
Um bei den Preisen aus dieser Abwärtsspirale wieder herauszukommen, müssten die Anbieter ihr Produkt wieder aufwerten, den Service verbessern und die diversen Unterschiede zu den Mitanbietern positiv kommunizieren. Wenn aber das Produkt soweit abgespeckt ist - wie bei einem bloßen No-Frills-Flug von A nach B -, dann muss man sich etwas anderes einfallen lassen. Ein preisliches Gegenkonzept zu dem "Billigen Jakob" stellt das Festpreiskonzept dar (11).
Das Elysée Hotel Hamburg über seine Preispolitik, die seit 1985 praktiziert wird: "Die Preise sind Festpreise, die sich nicht saisonal verändern. Auch zu Messezeiten erhalten die Gäste die Dienstleistungen zum selben Preis wie zu 'normalen' Zeiten; denn Preisanpassungen nach oben - so lautet der Grundsatz im Elysée - müssen immer mit einer Leistungsverbesserung korrespondieren." Man weiß: Kosten, Angebot und Nachfrage ändern sich pausenlos. Trotzdem wäre es keine gute Idee, die Preise ständig aktuell anzupassen. WalMart wirbt mit Dauerpreisen, genauer: mit Dauer(Tiefst)preisen, und Bauhaus setzt noch einen oben drauf: hier gibt es eine Tiefstpreisgarantie im Umkreis von 50 km (12,5 Prozent unter dem tiefsten Preis der Konkurrenz!).
Die Fluggesellschaft Germania in Berlin hat seit dem Sommer des vergangenen Jahres einen neuen Service für jedermann zu "Fixxpreisen". Das einfache Ticket kostet je nach Streckenlänge 77, 88, 99 oder 111 EUR, alles inklusive, und zwar vom ersten bis zum letzten Platz. Dies ist höchst einfach zu kommunizieren und hat zudem den Vorteil, dass sich der Kunde auf diesen (günstigen) Preis voll verlassen kann. Das schafft Vertrauen. Germania muss mit dieser Preisstellung ihre Kosten decken und will natürlich auch noch einen gewissen Gewinn einstreichen. Dazu müssen die Mengen stimmen. Ein solches starres Festpreissystem ist keine offensive Strategie, ganz sicher kein "Power Pricing". Man nimmt in Kauf, dass eventuell Deckungsbeiträge wegfallen und Gewinne verschenkt werden (11). In Hochsaisonzeiten kann man mit solchen konstanten Preisen auch kein Polster für die schwächeren Wochen des Jahres aufbauen.

"Moderiertes" Festpreissystem.


Diese Nachteile ließen sich auf der Basis einer entsprechenden Durchschnittskalkulation über das ganze Jahr ausgleichen und man könnte den Kunden ein verlässliches und gleich bleibendes Preissystem anbieten. Aber da gibt es noch die "böse" Konkurrenz. Der mit keiner Durchschnittskalkulation auszugleichende Nachteil resultiert aus der Transparenz des Festpreissystems, wonach die Konkurrenz leicht jeden Preis "matchen" kann, indem sie sich preislich einfach einen Schnaps darunter platziert. Und in einem hart umkämpften Markt, in dem die Margen ohnehin hauchdünn sind, wäre das fatal.
Deshalb setzt Germania zeitlich begrenzt auf einzelnen Strecken neben ihren regulären "Fixxpreisen" einen so genannten "Axxionspreis" von 44 EUR (beziehungsweise je nach Länge der Strecke 55, 66, 77 EUR) ein. Dieser "Axxionspreis" ist zunächst ein Marketinginstrument, um neue Strecken bekannt zu machen und zu bewerben, aber auch ein Tool, um Wettbewerbern, die mit ihren Niedrigpreisen zu aggressiv über die Stränge schlagen, Paroli bieten zu können. In besonders nachfragestarken Zeiten (vor und nach Feiertagen, besonders bei Brückentagen und zu Ferienbeginn/-ende) setzt Germania einen leicht erhöhten Preis ein (je nach Streckenlänge auf 88, 99, 122 oder 133 EUR). Aber auch hierbei gilt stets, dass es an Bord eines Germania-Flugzeugs keine Fluggäste geben wird, die unterschiedliche Preise für ihr Ticket bezahlt haben.
Germania, praktiziert mit seinen "Fixx-" und "Axxionspreisen" zwar ein Festpreissystem, aber eben kein absolutes, starres, sondern ein flexibles, "moderiertes" Festpreissystem. Im Vordergrund steht die Einfachheit des Tarifsystems, was in vertrieblicher, werblicher Hinsicht, aber auch mit Blick auf eine weniger komplexe Unternehmens-Infrastruktur unschlagbare Vorteile hat.
Germania verfolgt eine defensive Preispolitik und versucht ansonsten, sich mehr über qualitative Produktmerkmale, wie etwa Sicherheit, Zeitenlage/Pünktlichkeit, Sitzabstand und Service-Freundlichkeit, von den Wettbewerbern positiv abzuheben. Unternehmen (aller Branchen) müssen diese hoch gezüchtete Geiz- und Last-Minute-Mentalität zurückführen und sich wieder verstärkt über ihre positiven Unterschiede zu den Mitbewerbern profilieren, durch Innovativität, Atmosphäre und ein reichhaltiges Angebot (12). Ordentliche Produkte und ordentliche Dienstleistungen, insbesondere wenn es sich um sicherheitsrelevante Dienstleistungen, wie bei der Fliegerei, handelt, verbunden mit Preistransparenz und Preisehrlichkeit, sind in allen Branchen anzustreben, in denen zur Zeit die Preise scheinbar unaufhaltsam verfallen. Keinem ist letztlich damit gedient, wenn der Wettbewerb um das Portemonnaie der Kunden auf Biegen und Brechen ausgetragen wird. Das geht volkswirtschaftlich ins Auge, bringt dem einzelnen Unternehmen mit den daran hängenden Arbeitsplätzen nichts und führt zu Produkten, die nicht mehr preiswert, sondern eben nur noch billig sind. Keiner kann das wirklich wollen! Zu allerletzt der Verbraucher.
Intelligentes Pricing verspricht zwar hohe Marktanteile und hohe Gewinne bei zugleich hohen Preisen. Aber ein allzu rigoroses Yield-Management, das Herausquetschen der allerletzten Deckungsbeiträge, hat erhebliche nachteilige preishygienische Nebeneffekte. Deshalb ist man wohl auch in der Preispolitik insgesamt gut beraten, wenn man die eigene Gier im Zaume hält und die Kirche jeweils im Dorf belässt! Vor allem macht man sich mit den extrem niedrigen Preisen zu allererst einmal selbst Konkurrenz und verdirbt sich selbst die Ernte.

Fußnoten:
1 Simon, Dolan, S. 116.
2 a.a.O., S. 132f.
3 Rolke, S. 32f.
4 Simon, Dolan, S. 23.
5 Rolke, S.32f.
6 vgl. Shell, Brent Spar 1995.
7 Rolke, S. 32f.
8 Esch, S. 24.
9 Hagen, S. 92.
10 Simon, Dolan, S. 113.
11 a.a.O., S. 33 u. S. 40.
12 Rolke, S. 32f.

Literatur:
Esch, Franz-Rudolf: Einfachheit als Erfolgsrezept im Marketing, in: FAZ vom 3.11.2003, S. 24.
Gloger, Axel: Preismanagement. Mehr Mut zur Lücke, in: Capital, Heft 24/2003, S. 62-65.
Hagen, Jens: Billigflieger. Einfach sparen, in: Capital, Heft 24/2003, S. 90-93.
Haller, Peter: zitiert in: Wie man die Marke vor Aldi rettet, in: FAZ vom 10.11.2003, S. 20.
Preisvergleiche im Netz bringen 30 % Ersparnis, in: FAZ vom 17.11.2003, S. 19.
Rolke, Lothar: Der Preiskampf schadet Kundenloyalität, in: Initiativ. Das Wirtschaftsmagazin, Heft 3/03, S. 32f.
Simon, Hermann; Dolan, Robert J.: Profit durch Power Pricing. Strategien aktiver Preispolitik. Frankfurt/New York 1997.
Twardawa, Wolfgang: zitiert in: Wie man die Marke vor Aldi rettet, in: FAZ vom 10. 11. 2003, S. 20.

Prof. Dr. Wolfgang Vieweg ist Geschäftsführer der Germania-Fluggesellschaft in Berlin. Er war zuvor Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Rechnungswesen an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt sowie freier Unternehmensberater.

E-Mail-Adresse des Autors:
wolfgang.vieweg@germaniaairline.de

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