Uneigennützig nützlich
Beziehungsmanagement - das neue Buch von Thomas Malischewski und Frank Thiel.
Von Nina Hesse
Sie finden es schwer, auf andere Menschen zuzugehen? Sie ärgern sich, dass Sie so wenig Leute kennen? Dann ist es vielleicht Zeit, Ihre innere Einstellung zu optimieren. Denn Kontakte zu knüpfen ist gar kein Problem, wenn man mit den richtigen Vorstellungen, Neugierde und Spaß an die Sache herangeht.
Beziehungsmanagement. Im ersten Moment klingt das nach einem Ratgeber für den richtigen Umgang mit Lebensabschnittsgefährten oder einem Networking-Kompedium, das erklärt, wie man endlich Chef und Kollegen dazu bringt, das zu tun, was man will. Zweimal falsch getippt. "Relating" ist zwar eine Hilfestellung für das aktive Aufbauen, Pflegen und Nutzen von Beziehungen zu anderen Menschen, beruflich wie privat. Aber ein Leitfaden ist das Buch streng genommen nicht. Schon auf den ersten Seiten erfährt der Leser, was er in diesem Buch nicht bekommt: Malischewski und Thiel wollen - im Gegensatz zu Dale Carnegie - keine Theorien, Methoden oder Tipps vermitteln, wie man sich richtig verhält und auf diese Weise beliebt und einflussreich wird. Denn, so ihr Argument: Man ist, wie man ist. Da helfen ein paar angelernte Smalltalk-Tricks nicht viel weiter. "Wir möchten Ihnen stattdessen Freiräume aufzeigen und Sie zum Nachdenken anregen. Wir wollen Ihr Gespür für die eigenen Möglichkeiten wecken und Ihren Willen zur Veränderung stärken. Denn auch der Relating-Muskel lässt sich trainieren." Kurz: Es geht darum, die persönliche Einstellung zu Beziehungen zu ändern. Dann klappt es auch mit den Freunden.

Blamier dich täglich!


Der erste Teil des Buches soll die Augen öffnen für die Bedeutung von Beziehungen. Jeder von uns lebt in einem Geflecht von Verbindungen zu anderen Menschen. Sie alle für seine Zwecke einzuspannen ist allerdings nicht Sinn der Sache: "Beim Relating geht es um den absichtslosen, um den authentischen und personalen Beziehungsaufbau zu Menschen", erklären die Autoren zur Überraschung des Lesers. Selbst wenn man dem Kunden einen Gefallen tut, sollte man das aus Freude tun und aus keinem anderen Grund. Ganz so absichtslos ist das Networking in der Praxis sicher selten. Denn ob man mit Kunden zu tun hat, mit Kollegen oder mit Leuten, die man gerne in seinem Freundeskreis hätte - gute Beziehungen baut man auf, weil man sich etwas davon verspricht. Auch wenn es "nur" darum geht, einen Kontakt zu netten Menschen zu bekommen, mit denen man in den Biergarten gehen kann. Doch gemeint haben die Autoren das Ganze natürlich anders. "Relating heißt: nützlich zu sein, ohne direkten Gegennutzen zu erwarten", erklären sie. Denn spürt der andere die Absicht, ist er verstimmt, das hat Goethe wunderbar auf den Punkt gebracht.
Behutsam - mit Erklärungen, Beispielen und ersten Übungen - beginnen die Autoren mit ihrem Programm. Es geht darum, die eigenen Einstellungen zum Kontakt mit anderen Menschen zu überprüfen und, wenn nötig, an ihnen zu arbeiten. Meist liegt es an Grundüberzeugungen, Strategien und Verhaltensmustern, die wir schon in der Kindheit entwickelt haben, wie wir uns als Erwachsene anderen gegenüber verhalten. Ein nicht gerade idealer "Relater" ist jemand, der sich im Laufe der Zeit zu einem "Problemdenker" oder "Sorgendenker" entwickelt hat. Er muss wahrscheinlich erst lernen, seine negativen Einstellungen und Ängste zu überwinden - zum Beispiel die Angst vor der Blamage. Malischewski und Thiel empfehlen, das Rezept "Blamier dich täglich!" zu leben. Was man gewöhnt ist, fürchtet man nicht mehr. Wer im Selbsttest dagegen feststellt, dass er ein "Chancendenker" ist, der hat Glück gehabt. Denn er hat reichlich Begeisterung, Freude und Neugierde - die Antriebskräfte des Relatings.
Beziehungen basieren auf Vertrauen oder Misstrauen. Bei der Selbstreflexion, zu der die Autoren anregen, kommt schnell an die Oberfläche, zu welcher Variante man neigt: Geben Sie anderen Menschen grundsätzlich einen Vertrauensvorschuss oder müssen sich diese Ihr Vertrauen erst einmal verdienen? Sind Sie in der Lage, Menschen, die völlig anders gestrickt sind, zu akzeptieren? Wenn in der neuen Schule Ihrer Tochter der Elternabend ansteht - freuen Sie sich darauf, die anderen Eltern kennen zu lernen?

Kontakte aufbauen!


Im ersten Teil des Buches gibt es viel Grundsätzliches zum Thema Kommunikation zu erfahren. Zum Beispiel, dass der Wert einer Beziehung paradoxerweise steigt, wenn man sie in Anspruch nimmt. Ein paar Tipps gibt es entgegen den Warnungen auf den ersten Seiten dann doch: Zum Beispiel, in die Sprachwelt des Gegenübers einzutauchen und so mit ihm zu reden, wie er spricht. Oder möglichst mit der Einstellung in ein Gespräch zu gehen, dass man selbst und der Gesprächspartner gemeinsame Interessen hat oder dass es zumindest möglich ist, eine gemeinsame Interessenlage herzustellen.
Im Teil zwei des Buches geht es dann um ganz konkrete Vorgehensweisen, darum, wie Relating wirklich funktioniert. Am besten, man baut erst einmal ein Kontaktmanagement auf und checkt anhand eines Rasters, wen man in welchen Bereichen kennt. Bekanntschaft oder echte Freundschaft, ist die Schlüsselfrage. Die meisten Leute erleben Aha-Effekte, wenn sie eine solche Aufstellung machen, warnen die Autoren vorsorglich. Meistens sind die negativer Art. "Ich habe nur ganz wenige wichtige Beziehungen!", grämt sich der eine, "Alle, die ich kenne, fordern nur - ich bekomme nichts zurück!", ärgert sich der andere.
Also volle Kraft voraus und gezielt Kontakte knüpfen. Was am besten geht, wenn man anderen ohne Hintergedanken und uneigennützig nützlich ist. Loben, was das Zeug hält - das setzt ungeahnte Energien und Kräfte frei! Als Führungskraft Vorbild sein und persönlich Anteil nehmen am Leben seiner Mitarbeiter!
Auch Konflikte kann man theoretisch mit Relating lösen. Aber das hat einen Haken: "Wer nun glaubt, die Prinzipien des Relatings würden die konfliktträchtige Auseinandersetzung erleichtern, der täuscht sich", erklären die Autoren. "Denn wer Relating betreibt, macht sich das Leben schwerer - vor allem im Konfliktfall." Zumindest, wenn man sich weiterhin an die Regel hält, uneigennützig nützlich zu sein.

Salbungsvoller Ton.


Wer das ganze Buch durchgearbeitet hat, der hat einiges über sich und die eigene Einstellung zu anderen Menschen erfahren, er hat vielleicht sogar erste Schritte gemacht, um die Prinzipien des richtigen Umgangs mit anderen umzusetzen. Leider kommt das Thema "Beziehungsnetzwerke pflegen" am Schluss arg kurz weg. Störend wirkt auch der leicht salbungsvolle Ton der Autoren. Dazu tragen die oft schon etwas abgenutzten Zitate ("Grau ist alle Theorie und grün des Lebens goldner Baum" - das ist übrigens von Goethe) und Gleichnisse bei, mit denen Malischewski und Thiel ihr Buch gespickt haben. Weniger ist manchmal mehr, um mit einer ebenso abgenutzten Redewendung zu kontern.

Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.

Thomas Malischewski / Frank Thiel:
Beziehungsmanagement.
Relating - die Kunst, gute Beziehungen aufzubauen,

GABAL Verlag, Offenbach 2005,
144 Seiten, 15.90 Euro,
ISBN 3-89749-503-1
www.gabal-verlag.de

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Zum Buch

: Beziehungsmanagement. . Relating - die Kunst, gute Beziehungen aufzubauen. . GABAL Verlag, Offenbach 1900, 144 Seiten, ISBN 3-89749-503-1

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