Beide Strategien indes erweisen sich als wenig zukunftsorientiert. Denn der Arbeitsmarkt in Deutschland wird sich in den nächsten 15 Jahren zu einem ausgeprägten Arbeitnehmermarkt entwickeln. Die Ressource Mensch wird knapp. Und die Altersstruktur der Arbeitnehmer wandelt sich rapide. Bis zum Jahr 2015 soll die Zahl der Arbeitskräfte zwischen 30 und 45 Jahren um mindestens 25 Prozent abnehmen. Schon 2010 sind 58 Prozent aller Arbeitskräfte über 40 Jahre alt. Kurzum: Das Personalmanagement steht vor ganz neuen Herausforderungen. Wie findet und bindet man unter diesen Bedingungen Mitarbeiter? Mit dieser Frage beschäftigten sich Vertreter von Mittelstand und Großunternehmen auf einem von HypoVereinsbank und Süddeutscher Zeitung veranstalteten Expertenforum. Die wesentlichen Ergebnisse sind in dem von Stefan Schmittmann, Vorstandsmitglied der HypoVereinsbank, und Marc Beise, Ressortleiter Wirtschaft bei der Süddeutschen Zeitung, herausgegebenen Buch Ressource Mensch zusammengefasst. Das Ziel: Einen Einblick in die aktuelle Forschung über erfolgreiches Personalmanagement im Mittelstand zu geben.
Finden, fördern, fordern - und feuern?
Mitarbeiter finden, fordern, fördern - das klingt schön eingängig. Aber ist es auch vollständig? Das dachte wohl ein Teilnehmer, der den Herausgeber Stefan Schmittmann fragte, ob er nicht eigentlich das vierte "f" vergessen habe: feuern. Schließlich sei es in der letzten Zeit doch eher darum gegangen, wie man Mitarbeiter möglichst effektiv loswird. Dieser provokative Einwand blieb jedoch eine Randerscheinung - im Mittelpunkt des Buches stehen konstruktive Ansätze für das Human Resources Management insbesondere mittelständischer Unternehmen. Deren Personalmanagement muss einfach professioneller werden, ist der Tenor des Buches. Denn Entscheidungen aus dem Bauch heraus bergen ein nicht zu unterschätzendes Fehlerpotenzial. Neue Wege sind gefragt, und dafür stellt das Buch kurz und prägnant die wichtigsten Neuerungen dar. Die abgedruckte Podiumsdiskussion vermittelt einen lebendigen Eindruck von der Debatte.
Mit vier Jahren "fertig"?
Besondere Aufmerksamkeit erregten die Ergebnisse einer Langzeitstudie, nach denen der Mensch in seinen wesentlichen Anlagen bereits mit vier Jahren "fertig" sei. Zwar lerne er noch viel dazu, aber seine Grundeigenschaften sind im Wesentlichen definiert, so die These von Prof. Wolfgang Salewski von der Universität Witten/Herdecke. Die Konsequenz liegt auf der Hand: Es kann also nicht darum gehen, Mitarbeiter durch Fortbildungen und Motivationsworkshops zu verändern, entscheidend ist, schon vor einer Anstellung ihr Potenzial zu erkennen. Dafür freilich reicht Bauchgefühl allein nicht aus. Hier sollte professionelles Personalmanagement ansetzen. Das wiederum zahlt sich aus. Wie eine bereits ältere Studie zeigt, waren Unternehmen, die in Mitarbeiterqualifikation und -motivation Überdurchschnittliches leisten, langfristig besonders erfolgreich. Vor allem in Fragen der Mitarbeitermotivation heben sich die besten Unternehmen sehr klar von ihren Mitbewerbern ab. Sie steigern die Motivation ihrer Mitarbeiter auf vielfältige Weise, vor allem aber, indem sie sie in die Lösung auftretender Probleme einbeziehen.
Nachholbedarf ...
Besonders gut einbinden kann man natürlich Mitarbeiter, die am Unternehmen beteiligt sind. Das führt zu dem aktuell diskutierten Thema Investivlohn. Und hierbei hat Deutschland im internationalen Vergleich Nachholbedarf. In Großbritannien, Frankreich und Skandinavien beispielsweise ist eine Beteiligung der Mitarbeiter an Unternehmen weiter verbreitet als hierzulande. Die Vorteile: Gewinn- und Kapitalbeteiligungen würden den Mitarbeitern mehr Anreize für mehr Leistung schaffen. Eine gewinn- oder kapitalabhängige Bezahlung spreche zudem "überdurchschnittlich produktive und begabte Bewerber" an, so Sybille Haas, Wirtschaftsredakteurin der SZ, in ihrem Beitrag. Firmen mit Mitarbeiterbeteiligung sollen eine bis zu 60 Prozent höhere Wertschöpfung als andere Betriebe haben. Die Möglichkeiten der Mitarbeiterbeteiligung sind vielfältig: Mitarbeiterdarlehen, stille Beteiligungen, Genussrechte, Belegschaftsaktien und GmbH-Anteile sind ebenso möglich wie indirekte Beteiligungen durch eine zwischengeschaltete Gesellschaft.
... an Darwiportunismus?
Nachholbedarf besteht aber nicht nur bei der Mitarbeiterbeteiligung. Nach Meinung von Christian Scholz fehlt es auch an gesundem "Darwiportunismus", also an einer Mischung aus Darwinismus und Opportunismus. Diese Wortneuschöpfung bezieht sich auf der einen Seite darauf, dass es für Arbeitnehmer in Deutschland unter dem globalen Wettbewerbsdruck keine "Stammplatzgarantie" mehr gibt. Auf der anderen Seite entscheiden die Menschen individuell so, wie es ihnen in ihrer jeweiligen Lage nützlich und opportun erscheint. Arbeitnehmer und Arbeitgeber suchten es aber noch immer schamhaft zu verbergen, wenn sie ihre eigenen Interessen vertreten. Darwiportunismus soll dem ein Ende bereiten. Das freilich würde auch verhindern, dass der Manager Bovensiepen Bewerber durchfallen lässt. Sie würden nämlich von vornherein sagen, was sie denken und wollen - das "ganz ehrlich" könnte man also bei jedem Satz voraussetzen. Das hätte was.
Sigmar von Blanckenburg ist freier Mitarbeiter bei changeX.
Marc Beise / Stefan Schmittmann (Hg.):
Ressource Mensch - Mitarbeiter finden, fördern, fordern,
Redline Wirtschaft, Heidelberg 2007,
188 Seiten, 29.90 Euro,
ISBN 978-3-636-03089-4
www.redline.de
© changeX Partnerforum [13.07.2007] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Marc Beise / Stefan Schmittmann (Hg.): Ressource Mensch.. Mitarbeiter finden, fördern, fordern. . Redline Wirtschaft, Heidelberg 1900, 188 Seiten, ISBN 978-3-636-03089-4
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Sigmar von BlanckenburgSigmar von Blanckenburg schreibt als freier Autor für changeX.