Wer so denkt, hat ein Problem: Er driftet in einer zunehmend komplexeren und sich schnell verändernden Arbeitswelt vom Kurs ab. Denn ungeplante Ereignisse, zwischenmenschliche Beziehungen ebenso wie neue Aufgaben, sorgen dafür, dass er sein Ziel nicht auf vorgesehenem Weg erreichen wird. Im Gegenteil: Ohne Kurskorrektur schießt er daran vorbei, wie eine ungelenkte Rakete am Mond. Schreiben Dwight Allen und Douglas Allen, Wissenschaftler und Publizist, Vater und Sohn, in ihrem neuen Buch. Darin sind sie der Frage nachgegangen, wie sich Kurskorrekturen am erfolgversprechendsten durchführen lassen. Im Gespräch, vor allem zwischen Führungskraft und Angestelltem. Das Feedback und seine Form stehen im Zentrum ihres Buches.
Ausgangspunkt ihrer Überlegungen ist die Tatsache, dass Schnelligkeit heute eine Bedingung für geschäftlichen Erfolg ist. "Unternehmen können dem rasanten Tempo heutiger Entwicklungen gar nicht mehr folgen, wenn sie ihre Geschäftsvorgänge nach einem jährlichen oder auch nur nach einem vierteljährlichen Raster abwickeln", begründet das Autorenduo seinen Einstieg. Die Folge für die Personalführung: Statt einer jährlichen Leistungsbeurteilung fordern sie ein ständiges und regelmäßiges Feedback, um so nicht nur dem schnelleren Lauf der Dinge gerecht zu werden. Sondern auch weil Untersuchungen gezeigt haben, dass die Chance zur Korrektur einer Handlungsweise möglichst zeitnah am Geschehen am größten ist.
Radfahren lernen.
"Es geht darum, den Verstand
anzusprechen und die Aufmerksamkeit zu gewinnen, aber auch darum,
Feedback über das zu liefern, was gut gemacht worden ist, und
über das, was weiter verbessert werden könnte, und schließlich
darum, für den Prozess der permanenten Verbesserung Mut zu
machen." Das sind die Variablen, die beschreiben, was gutes
Feedback von schlechtem unterscheidet. Die Autoren illustrieren
dies - amerikanisch-pragmatisch - anhand einer fiktiven
Geschichte rund um die Führungskraft Pauline, die von einer
Kommunikationskrise in die nächste schlittert - bis sie die
Trainerin Audrey um Hilfe bittet.
Die erklärt ihr, was eigentlich selbstverständlich ist,
eben nur für Führungskräfte wie Pauline nicht: Wie ein Kleinkind
Fahrradfahren lernt - nicht ohne ein paar Mal hinzufallen und
sich dabei Ellbogen und Knie abzuschürfen. Ebenso wie die Tipps
der Eltern und deren Ermutigung zu weiteren Versuchen ebnet das
den Weg zu einer steilen und positiven Lernkurve. Oder anders
gesagt: "Es ist grundsätzlich unmöglich, mittels des Studiums
eines Handbuchs - sogar eines sehr guten Handbuchs, das den
�Trial-and-Error-Prozess' genau beschreibt - das Radfahren zu
lernen." Am Arbeitsplatz ist es nicht anders.
Balancieren mit 2 + 2.
Für Führungskräfte bedeutet dies,
einen ausgewogenen Blick dafür zu entwickeln, wie Mitarbeiter
ihre Aufgaben bewältigen, was sie gut und richtig machen und wo
sie besser werden müssen. Erfolgreiches Feedback beinhaltet
beides: Lob und Bestätigung ebenso wie Kritik und
Verbesserungsvorschlag. Die Formel 2 + 2 veranschaulicht dies.
"Dabei geht es natürlich nicht um die exakte Zahl von zweimal Lob
und zweimal Kritik, wichtig ist vielmehr die Ausgewogenheit",
erklären die Autoren. Zudem sollte Lob nicht einfach dazu dienen,
ein kritisches Gespräch über nötige Leistungsverbesserungen
einzuleiten. Vielmehr verfolgt das 2+2-Feedback-System zwei
gleichrangige Ziele: "Erstens gute Arbeit anzuerkennen, damit sie
verstärkt und fortgesetzt wird, und zweitens
Verbesserungsvorschläge für jene Bereiche fordern und fördern, wo
sie am dringendsten sind."
Wie Pauline profitiert auch der Leser von der reichen
Bildersprache der Autoren - anschaulicher kann man ein
Alltagsproblem der Arbeitswelt nicht beschreiben. Genauso rasch
erschließt sich die Antwort der beiden Autoren. Dazu tragen
sicherlich die Dialoge der Protagonisten bei: Einfach und klar
beschreiben sie das Problem, die Lösung und den Erfolg. Bleibt zu
hoffen, dass damit weniger ungelenkte Raketen am Ziel
vorbeischießen.
Florian Michl ist freier Mitarbeiter bei changeX.
Douglas B. Allen / Dwight W. Allen:
Lob und Kritik in Balance.
Erfolgreich mit dem 2+2 Feedback.
Gabal Verlag, Offenbach 2007,
126 Seiten, 19.90 Euro.
ISBN 978-3-89749-763-4
www.gabal-verlag.de
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