Schulzeit mit Nachwirkung.
Beyers Buch ist eine "Phänomenologie der schmutzigen Tricks", wie die Überschrift des Hauptkapitels lautet - aber natürlich ohne den Totalitätsanspruch von Hegels "Phänomenologie des Geistes". Dementsprechend bleibt Beyer ganz am Boden der Realität: des Berufsalltags. Er analysiert, wer wann, wo und zu welchen Mitteln der Gesprächsmanipulation greift. Beispielsweise wenn ein Gesprächspartner Du- oder Sie-Botschaften sendet, wie: "Sie haben mich falsch verstanden!", "Sie haben doch eben erst behauptet, dass ...", "Du hast nicht gelernt" und "Du störst den Unterricht." Botschaften, wie wir sie aus unserer Kinder- und Schulzeit kennen. Und die noch im Erwachsenenalter als Sie-Botschaften Folgen haben: "Diese Botschaften sind in unserem Unterbewusstsein manifestiert und lösen negative Gefühle aus. Wer so angesprochen wird, fühlt sich angegriffen, getadelt, geohrfeigt, sogar minderwertig und unterlegen - und hat den Impuls, sich zu wehren." Das Fatale dabei ist, dass man den Blick für eine zielgerichtete Verhandlungsführung verliert. Um das zu vermeiden, rät Beyer, den Gesprächspartner durch Fragen festzunageln. Zum Beispiel: "Wo genau mangelt es denn Ihrer Ansicht nach bei unserem Service?" oder "Warum sind Sie mit unserer Qualität nicht zufrieden?" Die zweite Möglichkeit besteht darin, Du-Botschaften mit Ich-Botschaften abzuwehren: "Habe ich Sie möglicherweise falsch verstanden?" oder "Ich fühle mich unfair behandelt." Denn solche Aussagen würden keine Aggression erzeugen, sondern eher Verständnis und Mitgefühl. Zudem verliere keiner der Verhandlungspartner das Gesicht.
Der Blick als Waffe.
Ein anderer Dirty Trick zielt
weniger auf die Gefühlslage des Gesprächspartners als auf dessen
Nervenstärke: der Keilblick - der Angreifer fokussiert die
Nasenwurzel seines Gesprächspartners und nutzt damit das
vielleicht intensivste Instrument der körpersprachlichen
Kommunikation, sagt Beyer. Denn der so Fixierte hat den Eindruck,
sein Gegenüber schaue ihm direkt in die Augen. Im Gespräch
eingesetzt wird dieser Blick zum Dirty Trick. Und entfaltet
immense Wirkung. "Dem Betroffenen wird es schwerfallen, sich zu
konzentrieren und die Aussagen des Angreifers kritisch zu
hinterfragen." Deshalb empfiehlt Beyer, Waffengleichheit zu
schaffen und dem Blick nicht auszuweichen. "Wenn Sie sich
irritieren und einschüchtern lassen, haben Sie verloren."
Neben den Formen der manipulativen Körpersprache
beschäftigt sich der Autor auch mit rhetorischen Stilmitteln, die
es beispielsweise erlauben, Unterstellungen zu parieren. Er
stellt aber auch dar, wie sich Gesprächspartner die Gesetze der
Aufmerksamkeit und Unaufmerksamkeit zunutze machen. Immer anhand
von Fallbeispielen aus dem Berufsalltag, von der Verhandlung
zwischen Vertrieb und Einkauf über interne Firmengespräche bis
zur klassischen Interviewsituation. Oder auch Alltagsdialoge,
deren unterschwellig manipulative Wirkung man oftmals gar nicht
durchschauen mag. Etwa wenn Sie in einem Fast-Food-Restaurant
gefragt werden, welche Größe Ihr Getränk haben soll: "Möchten Sie
das kleinere oder das größere?" "Die meisten entscheiden sich für
das größere Getränk, weil es an zweiter Stelle genannt wird. Und
natürlich bedeutet das größere Getränk höheren Umsatz", erläutert
Beyer. Und rät, aufmerksam zu sein, wenn man zwei Alternativen
angeboten bekommt.
Am Ende der Lektüre ist der Leser zwar nicht so
schlagfertig, um einen Joschka Fischer zu parieren, erkennt aber
jede gängige List und bleibt mit seinem Gesprächspartner auf
Augenhöhe. Aber Vorsicht: "Sie sind nicht nur Opfer, sondern auch
Täter, denn viele unfaire Kommunikationstechniken werden
unbewusst angewandt." Man kann sie aber auch bewusst anwenden und
damit selbst zum Täter werden. Die Grenzen definieren Sie selbst,
sagt Beyer.
Florian Michl ist freier Mitarbeiter bei changeX.
Günther Beyer:
Der Ferkel-Faktor.
Die schmutzigen Tricks der Kommunikation.
Econ Verlag, Berlin 2008,
192 Seiten, 16.90 Euro.
ISBN 978-3-430-20054-7
www.ullsteinbuchverlage.de/econ
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Günther Beyer: Der Ferkel-Faktor. . Die schmutzigen Tricks der Kommunikation. . Econ Verlag, Berlin 1900, 192 Seiten, ISBN 978-3-430-20054-7
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