Die fatale Lust an der Pointe
Neue Wirtschaftsromane aus dem Campus Verlag.
In seinem skurrilen, pointenreichen Wirtschaftsroman Milliardenpoker lässt Garber zwei Prinzipien gegeneinander antreten: Loyalität den Mitarbeitern gegenüber versus Shareholder Value und Gewinnmaximierung. Mit Investmentbanking beschäftigt sich Derrick Niedermans Krimi Tod eines Traders.
Ein Kampf der Prinzipien.
Joseph Garbers Roman ist skurril, witzig, überdreht. Was für ein Kontrast zu der braven Business-Prosa, die Autoren wie Eliyahu Goldratt produzieren! Mit Genuss lässt Garber seine aufrechten New Yorker Helden gegen diverse Finsterlinge antreten. Zum Beispiel den Chef von AIW, einen schäbigen, schmierigen Provinzler namens Roger Shawby, Sohn eines Kriegsgewinnlers. Nach und nach wird klar, dass ihr Duell auch ein Kampf der Prinzipien ist: Scott Thatcher ist ganz integrer Patriarch, der zu seinen Mitarbeitern hält und dafür auch einen geringeren Gewinn in Kauf nimmt. Shawby dagegen setzt, wie könnte es anders sein, auf Härte, Shareholder Value und den schnellen Dollar. Es ist eins von Thatchers Problemen, dass zwei Drittel der PegaSys-Aktien institutionellen Anlegern gehören, die sich auf ihre Verantwortung als Treuhänder berufen und nur zu gerne bereit sind, solche kurzfristigen Gewinne mitzunehmen. Ein anderes ist, dass zwei seiner Spitzenleute vor allem mit ihren Beziehungskisten beschäftigt sind und krampfhaft geheim zu halten versuchen, dass sie sich ineinander verliebt haben.
Ein paar Pointen zu viel.
Irgendwie bringt es Garber fertig,
trotz der Schwarzweißmalerei vielschichtige Figuren zu erschaffen
- wahrscheinlich ist ihm bewusst, dass er nur so auch
anspruchsvollere Leser bei der Stange halten kann. Er nimmt sich
eine Menge Zeit für seine zahlreichen Hauptpersonen und leuchtet
ihre Geschichte, ihren Hintergrund, ihre Eigenschaften und
Interessen aus - gnadenlos satirisch übersteigert. Natürlich
fehlen in seinem Figurenkabinett auch die Klischees nicht: Durch
seinen Roman geistern schlampige, pizzaverschlingende Hacker,
eiskalte Yakuza-Killer und korrupte amerikanische
Gewerkschaftsbosse. Doch da Garber sie nicht ernst nimmt und dem
Leser mit einem Augenzwinkern präsentiert, nimmt man sie gerne in
Kauf.
Bis er es übertreibt. Irgendwann gleitet die Handlung in
Slapstick und Gaunerkomödie ab, gewinnt Garbers Lust an Pointen
und skurrilen Wendungen die Oberhand. Seite für Seite geht ihm
ein Stück Glaubwürdigkeit verloren, nimmt man PegaSys' Probleme
weniger ernst. Über die Raffinesse, mit der die Guten zum Schluss
das Ruder herumreißen, freut man sich natürlich trotzdem.
Innenansicht von Wall Street.
Dieser klassische Plot ist natürlich ein perfektes Vehikel, um Wissen zu transportieren. Jedes Mal, wenn Cliff einen Akteur der Wall Street verhört oder sich Börsen-Neuling Tracy einen Verdächtigen vornimmt, steht dabei auch ein anderes Thema im Mittelpunkt: Vom Aktiensplitting bis hin zu Kurs-Rendite-Zusammenhängen oder den Tücken von IPOs (der Laie würde Börsengang' sagen). Keineswegs plump didaktisch, sondern mit Charme und einem Augenzwinkern. Noch faszinierender ist allerdings der Einblick in die Arbeit von Portfolio-Managern, Brokern und Analysten und was man über die kleinen Tricks der Branche erfährt. Niederman nimmt den Leser mit in die Welt hinter den Aktienkursen.
Story keine Nebensache.
Stil und Story sind für Niederman keine Nebensache. Seine Dialoge - besonders die zwischen Cliff und Tracy - sind witzig, die Personen gut charakterisiert. Selbst seine Nebenfiguren sind wunderbar lebendig und werden unnachahmlich treffend beschrieben. Und doch enttäuscht die Auflösung ein wenig. Krimis nach diesem Strickmuster beziehen ihren Reiz nicht zuletzt daraus, dass der Leser miträtseln darf und soll, wer denn der Täter ist. Die Gesetze des Genres gebieten, dass ihm alle Informationen zur Verfügung stehen, die der Detektiv auch hat. Aber was ist, wenn der Leser vom Fachverstand her nicht mithalten kann? Dann kann er nur noch die Auflösung akzeptieren, die ihm präsentiert wird. Und auf die er sowieso nie gekommen wäre.
Joseph Garber:
Milliardenpoker.
Feindliche Übernahme einer Firma,
Campus Verlag, Frankfurt/New York 2002,
377 Seiten, 24,90 Euro,
ISBN 3-593-37172-3
www.campus.de
Derrick Niederman:
Tod eines Traders.
Ein Investment-Krimi,
Campus Verlag, Frankfurt/New York 2003,
260 Seiten, 21,50 Euro,
ISBN 3-593-36779-3
www.campus.de
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
© changeX Partnerforum [25.02.2003] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Zu den Büchern
Joseph Garber: Milliardenpoker. . Feindliche Übernahme einer Firma.. Campus Verlag, Frankfurt/New York 1900, 377 Seiten, ISBN 3-593-37172-3
Buch bestellen bei
Osiander
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Joseph Garber: Milliardenpoker. . Feindliche Übernahme einer Firma.. Campus Verlag, Frankfurt/New York 1900, 377 Seiten, ISBN 3-593-37172-3
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