Kraftstoff für die Ideenmaschine
Wie kommen Ideen in die Unternehmenswelt? Wie schafft man Innovationen – und vor allem: wo? Ein Praxisratgeber zeigt, wie Unternehmen mit dem Neuen umzugehen lernen.
Ohne ein gutes Innovationsmanagement geht es nicht in Produktion und Dienstleistung. Manager können aus einer Unzahl von Ratgebern zum Thema wählen. Doch längst nicht alle werden der komplexen Materie gerecht. Innovationsmanagement von Michael Hartschen, Jiri Scherer und Chris Brügger ist nicht das erste Buch darüber, wie Unternehmen es mit dem Thema Innovationen halten sollten. Aber es ist ein sehr erfreuliches Buch, denn die Autoren meistern eine grundsätzliche Herausforderung, an der viele andere scheitern. Insofern gleich vorweg: Wer einen anspruchsvollen und zugleich schnell erfassbaren Praxisratgeber sucht, der sollte bei diesem Buch unbedingt zugreifen.
Wer darüber schreibt, wie Ideen in die (Unternehmens-)Welt kommen, wie sie als gut und zugleich durchführbar erkannt und am Schluss erfolgreich in den Markt gebracht werden, steht immer vor dem gleichen Problem. Er muss den Spagat zwischen wissenschaftlicher Abhandlung und rein praxisorientiertem Ratgeber schaffen. Wenn man so will, gilt das für jeden Managementratgeber.
Doch wenn es um Innovation geht, kommt stets diese schwer zu fassende Größe ins Spiel: Kreativität. Ihrer mit allzu rationalen Instrumenten Herr werden zu wollen, tötet sie. Aber nur mithilfe lustiger Knubbelnasenmännchen und seichten Spielanleitungen bringt man sie auch nicht in die Welt. Und dann gilt es ja auch, im Anschluss an das Heurekaerlebnis saubere Prozesse zu definieren.
Die Ideenmaschine anwerfen
Den drei Autoren – allesamt erfahrene Praktiker mit einem ordentlichen wissenschaftlichen Hintergrund – gelingt das Kunststück. Mit ihrem Buch liefern sie einen extrem praxisorientierten Ratgeber für Innovationsprozesse vor allem im Produkt- und Dienstleistungsbereich. Ohne allzu viel Firlefanz geht es gleich auf der ersten Seite in medias res – und dennoch merkt man jedem Absatz an, wie viel Wissen und auch wie viel Wissenschaft dahintersteckt.
Modelle zum Innovationsmanagement sind immer Phasenmodelle – ob sie nun aus drei oder zehn Stufen bestehen. Im vorliegenden Modell entscheidet man sich für sechs. Zu Beginn steht immer die Idee, könnte man meinen – doch zuvor gilt es noch, überhaupt einmal zu definieren, wo im Unternehmen überhaupt Innovationen sinnvoll oder angebracht wären. Gilt es, bestehende Produkte zu verbessern? Schöpfen wir unsere Kernkompetenzen aus? Mit welchen Schwächen und Stärken hat das Unternehmen zu kämpfen? Initiierung heißt diese Phase, ihr Ergebnis sind Suchfelder – innerhalb derer dann in Phase zwei die Ideenmaschine angeworfen wird, an deren Ende ein Ideenpool steht. Weitere Phasen sind dann Ideenauswahl und -bewertung, das Grobkonzept, das Umsetzungskonzept und schließlich die Realisierung. Alle sechs Phasen werden mit einer unglaublichen Fülle und Dichte an Instrumenten beschrieben, ohne erschlagend zu wirken.
Beispiel Ideengewinnung, Phase zwei: Wer sich schon einmal mit Kreativtechniken beschäftigt hat, weiß, dass und wie sie funktionieren, und kann ruhig ein paar Seiten überblättern. Alle anderen lernen hier die wichtigsten und am weitesten verbreiteten kennen – vom Brainwriting bis zum morphologischen Kasten. Die Sprache bleibt nüchtern und einfach, ohne simpel zu sein oder zu ermüden – auch hier treffen die Autoren den richtigen Ton.
Für die Praxis
Das gilt auch für das, was in Ratgeberbesprechungen immer die „zahlreichen Abbildungen, Checklisten, Verweise und Beispiele aus der Praxis“ sind, die das Geschriebene bereichern. Natürlich erfüllt auch dieses Buch diese Anforderungen, jedoch auf wohltuende Weise. Anleitungen, Arbeitsaufforderungen und Tipps ordnen sich unterstützend dem Inhalt unter, statt zum Selbstzweck zu werden. Die Praxisbeispiele sind kurz und knapp aufs Wesentliche konzentriert und keine seitenlangen Case Studies. Die wirklich zahlreich vorhandenen Abbildungen und Diagramme finden sich alle auch auf einer extra Website. Sie sind im Übrigen ein ganz großes Plus des Buches. Manch einer mag sie ein bisschen hemdsärmelig finden. Doch bei näherem Hinsehen sehen sie aus wie das, was von geübter und begabter Hand in einem Workshop auf der Tafel respektive dem Flipchart entstehen würde. Hier gelingt es endlich einmal: Praxisatmosphäre durch inhaltlich überzeugende Grafik zu erzeugen, gleichzeitig niemanden durch bemüht-witzige Zeichnungen zu unterfordern. Der Rezensent zumindest las sich fest.
changeX 21.01.2010. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Zum Buch
Michael Hartschen / Jiri Scherer / Chris Brügger: Innovationsmanagement. Die sechs Phasen von der Idee zum Umsetzungskonzept. GABAL Verlag, Offenbach 2009, 140 Seiten, ISBN 978-3-86936-015-7
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Autor
Jost BurgerJost Burger ist freier Journalist in Berlin. Er schreibt als freier Mitarbeiter für changeX.