Tschuldigung

Sorry! und Endlich erfolgreich miteinander sprechen - zwei Bücher zum zivilen Umgang miteinander
Text: Jost Burger

Viel zu oft sind wir in Gesprächen auf Krawall gebürstet - im täglichen Miteinander, im Geschäftsleben. Erfolgreiche Kommunikation gelingt aber nur, wenn wir die anderen ernst nehmen. Und nicht gegen sie, sondern gemeinsam mit ihnen versuchen, unsere Ziele zu erreichen.

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Schneller, härter, besser, und bloß keine Leichen zurücklassen. Wer glaubt, dass solches Verhalten im Geschäfts- und Privatleben auf dem Rückzug ist, der muss sich nur einmal auf eine Aktionärsversammlung begeben, der muss bloß einmal 15 Minuten in einer voll besetzten U-Bahn verbringen. Nach wie vor laufen in der Welt viel zu viele Menschen herum, die die anderen als ihre Feinde, deren Äußerungen als Angriffe betrachten. Denen das Wissen um kommunikativen "Schmierstoff" so sehr abgeht, dass sie nicht einmal ein überzeugendes "Entschuldigung" über die Lippen bringen, wenn sie anderen auf die Füße treten. Die Menschheit, ein Affenhaufen, dieses Lied ist nicht neu, stimmt aber. Ebenso aber ist es wahr, dass wir uns überwinden und - ganz altmodisch - zu "besseren Menschen" werden können. Dazu heute gleich zwei Ratgeber, die das auf einfache und kluge Weise verdeutlichen. 

"Sorry seems to be the hardest word": Mit dem Titel dieses Liedes von Elton John ist das zentrale Kapitel von Gitte Härters Buch Sorry! überschrieben. Warum nur ist es oft so schwer, sich zu entschuldigen? Wieso gehen viele Entschuldigungen daneben - und weshalb ist es manchmal sogar schwer, eine Entschuldigung anzunehmen? 

Gitte Härter, Kommunikationstrainerin und Autorin zum Thema, geht der Sache auf den Grund, indem sie zunächst einmal die ganze Sache mit dem Entschuldigen in den berühmten größeren Zusammenhang stellt. Für sie geht es um mehr als nur darum, jemanden um Verzeihung zu bitten und damit etwas schnell aus der Welt zu schaffen. "Wer sich entschuldigt, handelt verantwortlich", schreibt sie. Und meint damit: Gelungene Entschuldigungen sind Ausdruck souveräner menschlicher Beziehungen.


Richtig entschuldigen


Beispiel "freier Wille": Wer sich entschuldigt, der erwartet etwas vom Gegenüber. Vergebung natürlich, und die Herstellung von Normalität. Das birgt Gefahren - denn wer sagt, dass sich diese Erwartungen erfüllen? Wir dürften alle Situationen kennen, in denen wir nach einer von uns vorgebrachten Entschuldigung enttäuscht waren und ungut reagierten, oder in denen wir schon während des Entschuldigens der Versuchung erlagen, den anderen zu manipulieren. Damit aber missachten wir den freien Willen des anderen: "Als Entschuldiger machen Sie ein Angebot, doch wie dieses Angebot ankommt und ob der andere es annimmt, bleibt voll und ganz ihm überlassen." 

Richtig entschuldigen, dazu gehören natürlich Techniken. Es sollte klar sein, dass man sich ganz dem anderen widmet, ihn oder sie anschaut. Und manchmal braucht es einen "Verstärker", wie Härter es nennt, in Form eines (angemessenen) Gefallens, eines (angemessenen) Geschenks oder - im Falle von Unternehmen - eines ebenso angemessenen Gutscheins. Noch wichtiger sind die Formulierungen, für die Härter reihenweise Beispiele liefert. Unter Umständen reicht ein "Ich bitte um Entschuldigung", manchmal braucht es auch ein "Ich wäre an Ihrer Stelle genauso sauer", vielleicht verbunden mit einem "Ich hätte XY nicht sagen/tun dürfen." An dieser Stelle ergänzt der Leser vielleicht selbst: "Was kann ich tun, um die Sache zu bereinigen?" Ein dahingemurmeltes "Tschuldigung!" jedenfalls reicht nicht.  

Entschuldigungen muss man übrigens selbst nicht immer annehmen, auch dazu findet Härter klare Worte. Etwa wenn man offensichtlich manipuliert werden soll, wenn die Entschuldigung nicht ehrlich gemeint ist oder gar ein Vorwurf in ihr steckt. Leicht vorstellbar zum Beispiel die Situation, in der ein Kellner sich beim Gast mit säuerlicher Miene fürs verspätete Auftauchen entschuldigt - obwohl der sich gar nicht beschwert hat, hat er nun den Schwarzen Peter als derjenige, der dem armen Kellner das Leben schwer macht.


So schallt es heraus


Ein Beispiel auch, wie es mit dem Miteinandersprechen garantiert nicht klappt. Denn Entschuldigungen sind nur ein, wenn auch ein wichtiger, Teil dessen, was wir uns täglich neben den reinen Inhalten unserer Sätze um die Ohren hauen. Damit beschäftigt sich Kommunikationstrainer und Autor Harald Scheerer in seinem Buch Endlich erfolgreich miteinander sprechen. Im Kern fordert er von uns, aggressionsfrei zu kommunizieren, "partnerfreundlich", wie Scheerer es nennt. Wobei es ihm durchaus um die ganz große Sache geht, die er zunächst so ausdrückt: "Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus."  

Klingt banal? Findet er auch. Und betont zugleich, dass die meisten Menschen diese Einsicht zwar teilten, sie aber nicht befolgten. Stattdessen überlassen sie ihren Emotionen die Führung, verlieren in Gesprächen die Beherrschung - vorzugsweise, wenn ihnen widersprochen wird oder sie irgendetwas am anderen ärgert - und hinterlassen mit dem ausbrechenden Streit einen Scherbenhaufen, weil sie stur auf Angriff schalten und dann auch Streit ernten. Kurz, sie verhalten sich wie Steinzeitmenschen.  

So kommt man zu nichts, weder beruflich noch privat. Scheerer will, dass wir den anderen als Gesprächspartner ernst nehmen und uns selbst auch einmal zurücknehmen: "Diese Bemühungen, sich ganz auf die Interessen und das Wohlbefinden Ihres Gesprächspartners zu konzentrieren und ihm das Zuhören so angenehm und leicht wie möglich zu machen, bezeichne ich als partnerfreundliches Verhalten", schreibt er. Das ist, lässt man den Satz ein bisschen auf sich wirken, durchaus eine harte Nuss. Viele könnten ihn missverstehen als Aufforderung, seine eigenen Wünsche in übertriebener Demut zurückzustellen. Falsch. Es geht sehr wohl darum, die eigenen Ziele, Wünsche und Bedürfnisse durchzusetzen - aber das gelingt nur mit dem anderen, nicht gegen ihn.  

Auch Scheerer gibt dafür viele Beispiele. Klassisch die Gegenüberstellung zweier möglicher Reaktionen auf ein ungezogenes Kind: "Ich finde es gar nicht gut, was du getan hast" (partnerfreundlich) - gegenüber: "Du bist ein ganz böses Kind!" (partnerfeindlich). Richtig vergnüglich, weil am laufenden Band Einsichten vermittelnd, sind die komplexeren Beispiele und Dialoge. Wie spricht man mit einem Pubertierenden, der in einer "Null-Bock-Haltung" versinkt? Wie vertritt man in einer Diskussion fest seinen Standpunkt, ohne die Meinung des anderen zu diskreditieren? Immer geht es darum, den anderen erst einmal ernst zu nehmen. Ihm zu zeigen, dass man ihn versteht und - entscheidend - auch in Auseinandersetzungen nicht als Feind betrachtet, den es zu besiegen gilt.


Kein esoterischer Firlefanz


Beide Bücher verzichten auf ausufernde Theorieteile und setzen ganz auf die zahlreichen Beispiele, vor allem bei Scheerer sind sie so richtig aus dem Leben gegriffen. Und wirken gerade deshalb so stark - weil beim Lesen ein Echo entsteht und die Erinnerung an selbst Erlebtes zum Verständnis führt. Wer sich darauf einlässt, wird merken, dass das richtige Entschuldigen, dass "partnerfreundliche" Kommunikation kein esoterischer Firlefanz sind. Ganz im Gegenteil: Es geht um Selbstzivilisierung, darum, zum reifen Menschen zu werden. Wer sich auf den anderen einlässt, der muss nämlich erst einmal nachdenken, abstrahieren, den Kopf benutzen. Und denken war noch immer die beste Strategie, das Leben zu meistern - und um ein erfolgreicherer, freundlicherer, ein besserer Mensch zu werden.  


changeX 25.11.2011. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Zu den Büchern

: Sorry!. Entschuldigungen aussprechen, annehmen, ablehnen. GABAL Verlag, Offenbach 2011, 160 Seiten, 17.90 Euro, ISBN 978-3-86936-246-5

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: Endlich erfolgreich miteinander sprechen. So klappt's auch mit dem Partner, den Kindern, dem Chef. GABAL Verlag, Offenbach 2011, 120 Seiten, 17.90 Euro, ISBN 978-3-86936-241-0

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Autor

Jost Burger
Burger

Jost Burger ist freier Journalist in Berlin. Er schreibt als freier Mitarbeiter für changeX.

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