Die besten Bücher 2010
Die Bücher des Jahres - ausgewählt von der changeX-Jury
Stapel von Büchern haben wir auch in diesem Jahr wieder gesichtet und kritisch auf ihren Neuigkeitswert hin abgeklopft. Viele davon haben wir rezensiert oder mit den Autoren Interviews geführt. Zeit, die besten Bücher des Jahres zu küren. Die changeX-Jury hat ihre Toptitel 2010 gewählt.
Dan Ariely:
Fühlen nützt nichts, hilft aber.
Warum wir uns immer wieder unvernünftig verhalten.
Droemer Verlag, München 2010, 367 Seiten, ISBN 978-3-426-27551-1
Zu zeigen, wie irrational wir doch sind, hat Dan Ariely zu seiner Lebensaufgabe gemacht. In seinen ausgeklügelten und verblüffend klaren Experimenten zeigt der in den USA lehrende und forschende Verhaltensökonom israelischer Herkunft, in welchem Maße wir unsere Entscheidungen auf Gefühle bauen und dennoch überzeugt davon sind, allein unser Verstand hätte uns geleitet. Wie schon sein erstes Buch ist auch Fühlen nützt nichts, hilft aber ein fulminanter Streifzug durch die Abgründe menschlichen Verhaltens. Inspirierend zu lesen und zugleich sehr persönlich geschrieben. Arielys Forschung ist nie theoretisch selbstverliebt, sondern immer an ganz praktischen Fragen unseres Zusammenlebens und -arbeitens orientiert. Vertrauen, Sinn, Eingebundensein, Motivation und Vergeltung und nicht zuletzt die Wirkung von Bonuszahlungen sind Themen, denen Ariely in seinen ausgeklügelt kreativen Experimentalsituationen nachspürt. Ein Lesetipp gerade auch für Praktiker in Unternehmen. Jeder, der sich für die Gestaltung unserer Arbeitswelt interessiert, wird dieses Buch mit Gewinn lesen.
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Muhammad Yunus:
Social Business.
Von der Vision zur Tat.
Carl Hanser Verlag, München 2010, 288 Seiten, ISBN 978-3-446-42351-0
"Innerhalb weniger Jahre hat sich Social Business von einer bloßen Idee zu einer lebendigen, schnell wachsenden Unternehmensform entwickelt", schreibt Muhammad Yunus in seinem neuen, zusammen mit Karl Weber verfassten Buch Social Business. Genau zwei Jahre ist es her, dass der Friedensnobelpreisträger das Konzept des Social Business auch hierzulande einem breiteren Publikum nahegebracht hat. Nun legt er ein Update vor, das nicht nur Von der Vision zur Tat schreitet, so der Untertitel, sondern nicht zuletzt auch einige wichtige Klarstellungen bereithält. Für Yunus ist Social Business eben nicht eine Variante sozial verantwortlichen Unternehmertums, irgendwo zwischen Corporate Social Responsibility, Sozialunternehmertum und Philanthropie. Sondern ein klares Konzept, das sich durch den Verzicht auf die Ausschüttung einer Dividende nicht nur klar von der Welt der gewinnorientierten Wirtschaft abgrenzt, sondern den Entwurf des Kapitalismus erst komplett macht. Dabei gewinnt die Vision selbst an Prägnanz und Klarheit. Es gilt, eine globale Infrastruktur für Social Business zu schaffen - als Schritt zur Tat, hin zu dem einen, großen Ziel: der Beseitigung der Armut.
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Ernst Ulrich von Weizsäcker / Karlson Hargroves / Michael Smith:
Faktor Fünf.
Die Formel für nachhaltiges Wachstum.
Droemer Verlag, München 2010, 432 Seiten, ISBN 978-3-426-27486-6
Wird Umweltschutz zum nächsten Wachstumsmotor, zum Treiber der nächsten langen Welle? Wirtschaft strebt gnadenlos nach mehr Effizienz. Mit weniger Aufwand an Material, Arbeit und Zeit mehr zu erreichen, ist das fundamentale Grundprinzip alles Wirtschaftens. Den Schutz der Umwelt ökonomisch zu denken, ist seit jeher das Anliegen von Ernst Ulrich von Weizsäcker. Nun legt er eins zu: Aus Faktor Vier wird Faktor Fünf, was so viel heißt, wie aus jeder Einheit Energie und Ressourcen fünfmal so viel herauszuholen. Energie- und Ressourcenproduktivität soll zum Motor der nächsten langen Welle werden, so das Ziel der Autoren. Faktor Fünf als Formel für nachhaltiges Wachstum ist das Gegenstück zu Miegels Wachstumspessimismus.
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Henry Mintzberg:
Managen.
GABAL Verlag, Offenbach 2010, 392 Seiten, ISBN 978-3-86936-105-5
Management ist in aller Munde. Und der Begriff polarisiert, vor allem wenn man von "dem" Management oder "den" Managern spricht. Doch was macht eigentlich ein Manager, dass seine Tätigkeit solchen Widerspruch hervorruft? Soeben ist ein Buch erschienen, das offen eingesteht: "Wir wissen herzlich wenig über die simplen Alltagsprobleme eines gewöhnlichen Managers." Und infolgedessen habe sich auch unser Verständnis vom Managen nicht weiterentwickelt. Das ist die These von Henry Mintzberg. Und Mintzberg tut das, was in einer solchen Situation dringend geboten ist: Genau hinschauen. In Managen entwirft er ein erstaunlich vielschichtiges - man kann auch sagen: komplexes - Bild dieser Tätigkeit. Und zertrümmert dabei so manches Klischee. Zum Beispiel dass Manager Planungsversessen seien. Managen, so hält Mintzberg entgegen, "ist eine praktische, situationsgebundene Tätigkeit, die vorrangig von der Erfahrung lebt".
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Jeff Rubin:
Warum die Welt immer kleiner wird.
Öl und das Ende der Globalisierung.
Carl Hanser Verlag, München 2010, 282 Seiten, ISBN 978-3-446-41955-1
Wenn das Öl teurer wird, wird die Welt wieder kleiner. Denn ein steigender Ölpreis wirkt wie ein Einfuhrzoll: als Gegenmittel zur Globalisierung. Der kanadische Energieexperte Jeff Rubin prophezeit: In der postfossilen Weltwirtschaft werden Export und Import neu gewichtet. Die heimische Wirtschaft erlebt eine neue Blüte. Aber warum ist sich Rubin so sicher, dass der Ölpreis steigen wird? Die Antwort lautet „Peak Oil“: In dem Begriff steckt die These, dass die Erdölförderung nach Überschreiten eines Maximums zurückgehen wird. Weniger Druck in den Ölfeldern, weniger neue Förderstätten – der Einstieg ins postfossile Zeitalter hat begonnen. Von Rubin brillant erklärt.
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Manfred Wittenstein:
Geschäftsmodell Deutschland.
Warum die Globalisierung gut für uns ist.
Murmann Verlag, Hamburg 2010, 214 Seiten, ISBN 978-3-86774-096-8
In kaum einem Land ist die Skepsis gegenüber der Globalisierung so groß wie in Deutschland. Und kaum ein Land profitiert so stark von ihr wie wir. Nur, Exportweltmeister sein zu wollen, möglichst aber ohne Globalisierung, das ist deutsche Schizophrenie. Manfred Wittenstein schreibt, warum wir mehr und nicht weniger Globalisierung brauchen. Sein Buch ist ein Plädoyer für ein weltoffenes Deutschland, das sich den Herausforderungen einer sich wandelnden Weltwirtschaft stellt und die Chancen der Globalisierung wahrnimmt, statt ihre Risiken zu bejammern.
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Gunter Dueck:
Aufbrechen!.
Warum wir eine Exzellenzgesellschaft werden müssen.
Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2010, 224 Seiten, ISBN 978-3-8218-6514-0
Deutschland muss sich einen neuen Job suchen. Denn nach den Industriearbeitsplätzen rückt die Informationstechnologie nun den Dienstleistungen zu Leibe. Da bleibt nur die Flucht nach vorn: der Aufbruch in die Exzellenzgesellschaft. Selten hat jemand die Wissensgesellschaft gründlicher durchdekliniert wie „Wild Duck“ Gunter Dueck. Sein Buch macht richtig Lust auf Zukunft. Sagt Dagmar Deckstein. Gold für Dueck in der Disziplin Aufbrechen!
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Götz W. Werner, Adrienne Goehler:
1000 Euro für jeden.
Freiheit. Gleichheit. Grundeinkommen.
Econ Verlag, Berlin 2010, 272 Seiten, ISBN 9783430201087
Eine große Vision haben auch Götz Werner und Adrienne Goehler, der Gründer der dm-Drogeriemärkte und die Kuratorin und Autorin, die eine gemeinsame Überzeugung als Autorengespann zusammengeführt hat: dass das bedingungslose, existenzsichernde Grundeinkommen, die provokativ ausgesprochene Verheißung der 1000 Euro für jeden, den "Dreh- und Angelpunkt für die notwendige gesellschaftliche Weiterentwicklung" darstellt. Insofern es die Basis schafft "für ein selbstbestimmtes Leben in Freiheit, das wiederum Kreativität und Leistungsfähigkeit ermöglicht". Hierin liegt der Wert dieses Buches, das sich gar nicht mehr mit (den längst abgehandelten) Machbarkeitsfragen aufhält, sondern forsch und fordernd zu einer gesellschaftlichen Vision voranschreitet: die einer Kreativitätsgesellschaft, die es sich leistet, kreativ sein zu können.
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Karl-Heinz Paqué:
Wachstum!.
Die Zukunft des globalen Kapitalismus.
Carl Hanser Verlag, München 2010, 288 Seiten, ISBN 978-3-446-42350-3
Ohne Zweifel: Wachstum ist in die Kritik geraten. Die Forderung nach einem Abschied vom "Wachstumswahn" zieht Kreise in unserer Gesellschaft. Eine Abkehr vom Wachstum scheint Antworten bereitzuhalten auf Klimawandel wie auf die drohende Verknappung natürlicher Ressourcen. Falsch!, erschallt nun ein scharfer Zwischenruf des Magdeburger Volkswirtschaftsprofessors Karl-Heinz Paqué. Er kommt zu einem völlig anderen Ergebnis als die Wachstumskritiker: "Wachstum - richtig verstanden - ist nicht der falsche Weg. Im Gegenteil, es ist der einzige Weg, wie überhaupt im Weltmaßstab die großen Ziele der Menschheit erreicht werden können." Wachstum sei nicht nur wirtschaftlich sinnvoll, sondern auch moralisch geboten, sagt Paqué. Er definiert Wachstum vor allem als "Wachstum des Wissens" und gibt dem Begriff damit eine neue - zeitgemäße - Interpretation, ohne diese freilich zu vertiefen. Dennoch bringt Paqués Zwischenruf einige wichtige Korrekturen in die Debatte. Und wirft Fragen auf: Reden Kritiker und Befürworter überhaupt über dasselbe? Geht es wirklich um ein Entweder-oder: Wachstum ja oder nein? Oder nicht eher darum, welches Wachstum und wo? Richtig verstandenes Wachstum also?
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Meinhard Miegel:
EXIT.
Wohlstand ohne Wachstum.
Propyläen Verlag, Berlin 2010, 304 Seiten, ISBN 978-3-549-07365-0
Das Wachstumsspiel ist ausgereizt. Die Grenzen des Wachstums sind nun endgültig erreicht. Das ist die These von Meinhard Miegel, wortmächtig vorgetragen in seinem provokanten Buch Exit. Provokant deshalb, weil Miegel an dem unhinterfragten Glaubensbekenntnis unseres Wirtschaftsmodells rüttelt: dass Wachstum notwendig sei. Seine Gegenfrage lautet: „Wie lebt es sich mit geringem oder keinem wirtschaftlichen Wachstum, wie mit wirtschaftlicher Schrumpfung?“ Darauf wird unsere Gesellschaft vielleicht bald eine Antwort finden müssen. Aber auch Miegel bleibt eine Antwort schuldig: wie der ökologische Umbau unseres Wirtschaftssystems ohne Wachstum funktionieren soll.
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Horst W. Opaschowski:
WIR!.
Warum Ichlinge keine Zukunft mehr haben.
Murmann Verlag, Hamburg 2010, 240 Seiten, ISBN 978-3-86774-104-0
Es liegt in der gesellschaftlichen Luft: Der Trend geht vom Ich zum Wir. Eine Renaissance des Gemeinschaftlichen scheint im Gange, die mehr ist als ein Zusammenrücken in der Krise, mehr als ein Sichabwenden von den Ego-Shootern, die in grenzenloser Selbstüberschätzung zu ihrem Entstehen beigetragen haben. Nein, die Hinwendung zum Wir ist mehr als eine Zeitgeistströmung, ist ein grundlegender Paradigmenwandel in unserer Gesellschaft. Das ist die These von Horst W. Opaschowski. Sein Vorteil gegenüber anderen Gesellschaftsdiagnostikern, die Ähnliches verkünden: Er hat Zahlen. Und kann belegen, dass dieser Wandel nicht bloß Zeitdiagnose ist, sondern eine grundlegende Verschiebung in der Tiefenstruktur der Gesellschaft. Ein Wandel des Wertewandels. Dabei bleibt Opaschowski nicht kühl distanzierter Analytiker, sonder mischt sich ein, ergreift Partei. Vor allem, wenn er sagt: "Optimismus ist Pflicht!"
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Annie Leonard:
The Story of Stuff.
Wie wir unsere Erde zumüllen.
Econ Verlag, Berlin 2010, 399 Seiten, ISBN 978-3-430-20083-7
Zum Internet-Star wird man nicht nur mit Technotanz und abgedrehten Videos. Mitunter gelingt es auch mit einer unbequemen Botschaft: Die Umweltaktivistin Annie Leonard erzählt die Story der Dinge, die wir benützen. Und setzt ein Thema, das man nicht mehr hören mochte, neu auf die Agenda: unsere Art zu produzieren. Ihr Video The Story of Stuff wurde millionenfach heruntergeladen. Ihr gleichnamiges Buch ist ein eindringlicher, hervorragend belegter Aufruf zum ressourcenschonenden Wirtschaften und zum konsequenten Umbau unserer weltweiten Produktionssysteme. Ein Aufruf, der nicht mit Weltuntergangsstimmung getränkt ist, sondern betont hoffnungsfroh daherkommt. Ein hoher Lebensstandard und umweltverträgliches Wirtschaften sind vereinbar.
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Nicholas A. Christakis, James H. Fowler:
Connected!.
Die Macht sozialer Netzwerke und warum Glück ansteckend ist.
Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2010, 431 Seiten, ISBN 978-3100113504
Ich, das prägte lange Zeit den Blick auf die Welt: das Individuum im Mittelpunkt von Werbung wie Wissenschaft. Zunehmend und verstärkt durch den Boom der Social Networks richtet sich der Blick auf die Beziehungen zwischen Menschen. Und zeigt: Wir sind Netzwerkwesen. Wir prägen unser Netzwerk und unser Netzwerk prägt uns. Connected! liefert verblüffende Erkenntnisse über die Macht sozialer Netzwerke. Nicholas A. Christakis und James H. Fowler schauen dabei nicht nur auf die virtuellen Netze. Sie lenken den Blick auch auf die kleinsten Netzwerke in unserem direkten Umfeld: die Familie, die Partnerschaft, die Freunde, den Verein, das Studentenwohnheim, aber auch das reine Funktionsnetzwerk, das sich spontan vor Ort bildet, wenn eine Menschenkette Wasser vom Fluss zu einem Brandherd schafft. Ob man Facebook & Co. liebt oder verdammt – allen, die Zukunft gestalten und Gegenwart besser verstehen wollen, kann man die Lektüre dieses Buches nur uneingeschränkt empfehlen.
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Michael Faschingbauer:
Effectuation.
Wie erfolgreiche Unternehmer denken, entscheiden und handeln.
Schäffer-Poeschel Verlag, Stuttgart 2010, 244 Seiten, ISBN 978-3-7910-2946-7
Hat man es mit Ungewissheit zu tun, helfen Regeln, Planungen, Trends oder Analysen nicht weiter. Denn sie stammen aus der Vergangenheit. Und sagen nur wenig über das, was kommt. Anstelle von Businessregeln und linear-kausalen Methoden geht es nun um Ausprobieren, um Schnelligkeit und Flexibilität. Eines der wichtigsten Managementbücher des Jahres erhebt Experimentieren zum Prinzip.
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