Kleine Rituale

Ein gutes Arbeitsklima führt Teamwork zum Erfolg - ein Interview mit Lutz Dziarnowski
Text: Winfried Kretschmer

Arbeitsklima, das meint nicht die betriebliche Großwetterlage. Sondern die Beziehungen zwischen den Menschen, die in einer Organisation zusammenarbeiten. Das Arbeitsklima rückt immer dort in den Blickpunkt, wo Menschen kooperieren. Es zu verbessern ist entscheidend für die Verbesserung von Kooperation und Kollaboration. Wichtig dabei ist weniger großes Management. Sondern kleine Rituale.

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Lutz Dziarnowski berät Unternehmen in Fragen des Personalmanagements. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der Bedeutung des Arbeitsklimas und hat dazu zwei Bücher publiziert: 111 Tipps für ein besseres Arbeitsklima und (zusammen mit Stephan Schütze) den Sammelband Erfolgsfaktor Arbeitsklima.
 

Herr Dziarnowski, was verstehen Sie unter "Arbeitsklima"? 

Arbeitsklima entsteht dort, wo zusammengearbeitet wird. Der Begriff ist etwas weiter gefasst, abteilungsübergreifend, bereichsübergreifend. Denn überall da, wo zusammen kooperiert wird, entsteht Arbeitsklima. Im Unterschied zum Betriebsklima geht es nicht so sehr um das Atmosphärische, um die Großwetterlage in einem Büro, sondern vielmehr um das Zwischenmenschliche, das entsteht, wenn zusammengearbeitet wird. Immer da, wo kooperiert wird, ist es wichtig, dass ein starkes Arbeitsklima vorhanden ist.
 

Was bringt eigentlich ein gutes Arbeitsklima? Reicht es nicht, wenn die Leute ihre Arbeit tun? 

Ein starkes Arbeitsklima hebt die Qualität der Arbeit, die Qualität der Leistung. Ein starkes Arbeitsklima stärkt die Gemeinschaft, stärkt das Zusammengehörigkeitsgefühl. Studien belegen, dass durch ein gutes Arbeitsklima Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduziert werden. Durch diesen Effekt können die Leute besser arbeiten und dadurch kann es auch einen betriebswirtschaftlichen Effekt geben: mehr Umsatz, mehr Leistung.
 

Was ist Gift für das Arbeitsklima? 

Wenn es um Information, um Kommunikation geht, heißt es, Transparenz zu üben. Nichts schlimmer als Entscheidungen, die nicht transparent und nicht nachvollziehbar sind. Dem kann man vorbauen, indem man mit seinen Mitarbeitern spricht und ihnen die Informationen gibt, die sie brauchen, um ein Vertrauen entwickeln zu können, dass das, was in ihrem Arbeitsumfeld getan wird, richtig ist. Ansonsten kommt es zu Konflikten, die sogar psychische Belastungen nach sich ziehen können. Da muss ein Chef eingreifen. Ich sehe den Chef wie den Trainer einer Fußballmannschaft, der die Spieler auswählt und auf der richtigen Position mit dem richtigen Ziel einsetzt. Wenn die dann gut miteinander harmonieren, dann kann das ein gemeinsames Team ergeben. Und dieses Team führt letztlich zum Erfolg.
 

Es ist aber auch die Meinung zu hören, der Chef sei nicht für das Glück seiner Mitarbeiter verantwortlich. Was sagen Sie? 

Die aktuelle Gallup-Studie sagt, dass 70 Prozent der Mitarbeiter Dienst nach Vorschrift machen. Sie tun nur das, was von ihnen verlangt wird, und fühlen sich nicht emotional an das Unternehmen oder die Abteilung gebunden. Im Einzelfall mag das reichen. Wenn man aber erreichen möchte, dass das Unternehmen insgesamt robuster dasteht, dann ist es wichtig, dass sich die Leute wohlfühlen und sich mit ihrem Unternehmen identifizieren. Weil ein identifizierter Mitarbeiter eine viel, viel größere Loyalität an den Tag legt und vielleicht auch etwas mehr macht als seine Pflicht. Letzten Endes bildet sich ein Team, das zusammensteht und auch eine Krise durchsteht. Wenn das nicht der Fall ist, kann ein Team oder auch eine Abteilung auseinanderfallen - und dass das negative Auswirkungen auf das Gesamtergebnis hat, ist logisch.
 

Wovon hängt ein gutes Arbeitsklima ab? Welches sind die wichtigsten Einflussfaktoren? 

Kommunikation, also das Miteinanderreden auf einer kooperativen, freundschaftlichen, höflichen Basis. Dann - ganz, ganz wichtig - Transparenz, nachvollziehbare Entscheidungen. Und schließlich vielleicht sogar der wichtigste Faktor: Zeit.
 

Im Einzelnen: Warum ist Transparenz so wichtig? 

Hier geht es um Entscheidungen: Personalentscheidungen, Zielentscheidungen, Unternehmensentscheidungen. Wenn die nicht nachvollziehbar kommuniziert werden, entstehen Lücken. Diese Lücken der Information werden von den Mitarbeitern selbst aufgefüllt - und das ist das Schlechteste, was passieren kann. Denn keiner weiß dann ja, warum was geschieht - und schon entstehen Gerüchte. Woraus Konflikte und Ängste entstehen können. "Oh, ich habe gehört, das Personalbudget geht um 20 Prozent zurück. Dann wird sicherlich der eine oder andere entlassen" - und, und, und. Entscheidend ist hier eine gute Informationspolitik, die Transparenz schafft - auch wenn sie zu schlechten Nachrichten führt. Das ist egal. Denn eine schlechte Nachricht, die transparent und nachvollziehbar dem Mitarbeiter mitgeteilt wird, ist immer noch besser, als wenn er es aus der Zeitung oder anderen Kanälen erfährt. Das ist das Schlechteste, was passieren kann. Und deshalb ist Transparenz ein ganz, ganz wichtiges Thema.
 

Und Zeit? 

Zeit ist heute eines der wichtigsten Themen überhaupt. Man nimmt sich kaum mehr Zeit. Der Chef nimmt sich keine Zeit mit seinen Mitarbeitern; die Mitarbeiter nehmen sich keine Zeit mit ihren besten Kunden; sie haben keine Zeit mehr, sich untereinander auszutauschen: Die Kaffeepausen werden immer kleiner, sofern sie es überhaupt noch gibt ... Man sollte bei den kleinen Dingen anfangen, sollte kleine Rituale einstreuen, um dieses Thema Zeit wieder in den Griff zu bekommen. Man hört immer wieder: "Ich würde mich gerne darum kümmern, würde gerne das ein oder andere tun oder verändern - aber ich habe gar keine Zeit dafür." Also muss ein Chef, ein Unternehmen, ein Team daran arbeiten, dass Zeit da ist für die wichtigen Dinge. Sobald es um das Zwischenmenschliche geht, ist das Wichtigste überhaupt die Zeit.
 

Kleine Rituale? Was verstehen Sie darunter? 

Kleine Rituale können alles Mögliche sein: die gemeinsame Kaffeepause ebenso wie das gemeinsame Mittagessen, ein gemeinsames Feierabendbier oder eine gemeinschaftliche Aktion. Es kann sogar das jährliche Fußballturnier des Unternehmens sein - oder, oder, oder. Es gibt viele, viele Rituale, viele kleine Möglichkeiten, sich Zeit neben dem Job zu verschaffen, um den anderen besser kennenzulernen. Um Verständnis zu entwickeln. Um mehr Toleranz aufzubauen. Um zu merken: Aha, das ist die andere Welt, aus der er kommt, das ist Marketing, das ist Vertrieb. So kann Verständnis entstehen. Und durch Verständnis entsteht Harmonie. Und durch diese Harmonie entsteht dort, wo zusammengearbeitet wird, ein großer Kooperationsgedanke. 


changeX 20.06.2011. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.

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Zu den Büchern

: 111 Tipps für ein besseres Arbeitsklima. Seien Sie inspirierend! Ein Ratgeber für Mitarbeiter, Chefs und Menschen. Books on Demand, Norderstedt 2007, 103 Seiten, 9.95 Euro, ISBN 978-3837005820

111 Tipps für ein besseres Arbeitsklima

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: Erfolgsfaktor Arbeitsklima. Vergleichende Analysen und empirische Ansätze. Eul Verlag, Lohmar - Köln 2007 2007, 176 Seiten, 44 Euro, ISBN 978-3899366082

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Autor

Winfried Kretschmer
Kretschmer

Winfried Kretschmer ist Chefredakteur und Geschäftsführer von changeX.

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