Gute Rendite
Bildung ist nicht nur „Bildung für“. Ist nicht nur Wohlstandsmehrer und Prosperitätstreiber. Doch lohnt auch der kalte, ökonomische Blick. Denn die Rendite, die Bildung abwirft, ist beachtlich.
Bildung ist nicht nur Voraussetzung für wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und künftigen Wohlstand einer Gesellschaft, sondern auch für ein gelingendes Leben ihrer Mitglieder. Denn erst Bildung befähigt dazu, sich selbst und seine Beziehung zur Welt in Ordnung zu bringen. Bildung als Persönlichkeitsentwicklung – dieser Aspekt wird nur zu gern übersehen, wenn Bildung in politischen Debatten thematisiert wird. Schnell wird sie dann in eine instrumentelle Rolle als Wohlstandsmehrer und Prosperitätstreiber gedrängt: als „Bildung für“, als Bedingung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Dabei gerät aus dem Blick, dass Gesellschaft eben auch dazu da ist, ihren Mitgliedern ein gelingendes Leben in Freiheit und Selbstbestimmung zu ermöglichen. Das ermöglicht erst Bildung.
Dennoch lohnt auch der kalte, ökonomische Blick auf Bildung, auf ihr Kosten-Nutzen-Verhältnis, ja auf die Rendite, die sie abwirft. Denn oft ist die Wahrnehmung auch hier verkürzt, erscheint Bildung als Investition, die eine Gesellschaft zu leisten habe, um ihre ökonomische Leistungsfähigkeit zu wahren, ohne konkret nach der Rendite aus dieser Investition zu fragen. Das aber lohnt. Denn Bildung rechnet sich. Ihre Rendite ist beachtlich – und zahlt sich nicht nur in sozialem Kapital aus, sondern auch in harter ökonomischer Währung. Dies zeigt die diesjährige Ausgabe von Bildung auf einen Blick 2009 – OECD-Indikatoren. Das jährlich erscheinende Werk beschreibt mit einem beachtlichen Zahlenapparat den Staus quo der Bildungssysteme in den OECD-Ländern und zeichnet Entwicklungen im Bildungsbereich nach. Im Zeichen der Krise rückt der Band die Bedeutung von Bildungsinvestitionen für den wirtschaftlichen Wiederaufschwung in den Blickpunkt. „Bildung ist schon immer eine entscheidende Investition in die Zukunft gewesen, betont Barbara Ischinger, Direktorin für Bildung, in ihrem Editorial. Um dann zur Kernbotschaft zu kommen: „Im Durchschnitt aller OECD-Länder beläuft sich der staatliche Nettoertrag aus einer Investition in einen Abschluss im Tertiärbereich pro Studierenden auf mindestens 50.000 US-Dollar.“ Kein schlechtes Geschäft, zumal die individuelle Nutzenmehrung für diesen Studierenden und der gesellschaftliche Gewinn in Form sozialen Kapitals in dieser Rechnung noch gar nicht enthalten sind. Es lohnt, die Erkenntnisse, die die Studie zur Bildungsrendite zusammengetragen hat, näher zu betrachten.
Bildung rechnet sich – für die Menschen und für die Gemeinschaft.
- Bildung schützt vor Arbeitslosigkeit. „Ein höherer Bildungsstand ist üblicherweise eine gute Absicherung gegen Erwerbslosigkeit, besonders in konjunkturellen Abschwungphasen.“ Personen mit niedrigerem Bildungsstand sind sowohl häufiger überhaupt nicht im Arbeitsmarkt als auch häufiger erwerbslos. Mit zunehmendem Bildungsstand steigen die Beschäftigungsquoten sowohl für Männer als auch für Frauen. Der Grund: Personen mit einem höheren Bildungsabschluss haben mehr in ihr eigenes Humankapital investiert und achten darauf, dass sich diese Investition bezahlt macht.
- Das Einkommen steigt mit jedem weiteren Bildungsabschluss. Der Einkommensvorteil wächst mit zunehmendem Alter.
- Investitionen in ein Studium bringen in den meisten OECD-Ländern einen erheblichen finanziellen Vorteil. Im Durchschnitt aller OECD-Länder erzielt ein Studienabschluss einen ungefähr doppelt so hohen Kapitalwert wie ein Bildungsabschluss „darunter“ (allgemeinbildende Schulen, Berufsausbildung, Weiterbildung): Für Männer ergibt sich ein Ertrag von 82.000 US-Dollar gegenüber 40.000 US-Dollar, für Frauen von 52.000 gegenüber 28.000 US-Dollar.
- Nicht zuletzt profitiert auch der Staat. Die wirtschaftlichen Vorteile von Bildung kommen nicht nur dem Einzelnen zugute, sondern in Form niedrigerer sozialstaatlicher Transferleistungen und höherer Steuereinnahmen auch der Gesellschaft. „Der staatliche Nettoertrag aus der Investition in einen Abschluss im Tertiärbereich für einen Mann beträgt im OECD-Durchschnitt mehr als 50.000 US-Dollar. Das ist fast das Doppelte des staatlichen Investitionsaufwandes.“ Staatliche Investitionen in das Bildungssystem rechnen sich also auch dann, wenn sie durch Deficit Spending, also durch Schulden im Staatshaushalt, finanziert werden. Besonders gilt das für Länder, die überdurchschnittliche Erträge aus Bildung erzielen. So liegt unter anderem in Deutschland und in den USA der finanzielle Vorteil über das ganze Erwerbsleben einer Person gerechnet bei 100.000 Dollar.
- Hinzu kommen „weiche“ Faktoren, die in dem neuen Indikator „gesamtgesellschaftliche Auswirkungen von Bildung“ erstmals untersucht wurden. Demnach schätzen Menschen mit einem höheren Bildungsstand ihren Gesundheitszustand als besser ein, sind politisch interessierter und eher geneigt zu glauben, die meisten Menschen versuchten, fair zu sein.
Das Fazit kann nur lauten: Investiert in Bildung! Aber sofort und kräftig!
changeX 21.10.2009. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
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Zum Buch
Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD): Bildung auf einen Blick 2009. OECD-Indikatoren. W. Bertelsmann Verlag, Gütersloh 2009, 525 Seiten, ISBN 978-3-7639-3512-3
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Winfried KretschmerWinfried Kretschmer ist Autor, Redakteur & Macher bei changeX.
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