Erfolgsautorin Hedwig Kellner hat sich des Themas angenommen - und wie gewohnt ein Buch geschrieben, auf dessen Qualität man sich fast unbesehen verlassen kann. Was sind die Grundlagen der Verhandlungsführung? Welche Faktoren spielen eine Rolle? Wie bereite ich eine Verhandlung optimal vor? Wie erweitere ich meine eigene rhetorische und auch soziale Kompetenz? Wie gehe ich mit den unterschiedlichsten Gesprächspartnern um? Knapp und klar liefert Kellner alle wichtigen Antworten - praxisnah und mit vielen Checklisten, Beispielen, Tipps und Warnungen. Gedacht ist es vor allem fürs Berufsleben, doch die Erkenntnisse daraus kann man genauso gut auch privat einsetzen.
Verlierer sind gefährlich.
Erfolgreich verhandeln heißt, die
eigenen Interessen durchzusetzen und dabei den anderen nicht über
den Tisch zu ziehen. Eine Gratwanderung - die gelingen kann, wenn
man sich nicht nur auf Rhetorik, sondern vor allem auf soziale
Intelligenz und gute Beziehungen stützt. Ganz nach den
Grundsätzen des Klassikers
Das Harvard-Konzept empfiehlt auch Hedwig Kellner, "hart
in der Sache, herzlich im Persönlichen" zu bleiben. Denn gerade
im Beruf verhandelt man meist mit Leuten, die man bereits kennt
und mit denen man auch in Zukunft zu tun hat. Verscherzt man sich
Sympathien, weil man Verhandeln als kriegerischen Akt begreift,
dann beißt man das nächste Mal auf Granit.
Wer nicht ganz bewusst darauf achtet, Win-Win-Situationen
zu schaffen, der begibt sich auf gefährliches Terrain. Denn der
wichtigste Überzeugungseffekt bei Verhandlungen sind die
Erfahrungen, die andere mit Ihnen schon gemacht haben. Bei
Win-Win-Situationen entsteht gegenseitiger Respekt, dabei staut
sich kein für die Zukunft gefährlicher Frust auf. Nie sollte man,
so Kellner, den Fehler machen, den Kontrahenten als Feind zu
sehen und ihn persönlich anzugreifen.
Psychologie in der Praxis.
So auf die Grundphilosophie fairen
Verhandelns eingestimmt, kann man sich an die gründliche
Vorbereitung machen. Am besten schriftlich, damit man während der
Verhandlung nicht den Faden verliert und seine Argumente parat
hat. Es gilt, Ziele festzulegen - persönliche Ziele, aber auch
übergreifende Ziele, die man mit dem Verhandlungspartner teilt.
Wer zum Beispiel hätte sich auf die Zumutung eingelassen, seinen
Müll in sechs verschiedene Behälter aufzuteilen und sie getrennt
zu entsorgen ..., wenn nicht das edle Ziel des Umweltschutzes auf
dem Spiel stände? Schon beim richtigen Definieren des Ziels
entscheidet sich oft, ob man mit seinem Anliegen "durchkommt" und
es schafft, dem anderen seinen Wunschweg als Lösung des Problems
zu verkaufen. Hat man überzeugende Ziele gefunden, geht es ans
Sammlen von Argumenten und Fakten. Zudem gilt es, seine
Vorschläge vorab bei den Akteuren abzusichern (steht der
Mitarbeiter, den man für sein Projekt will, in der gewünschten
Zeit überhaupt zur Verfügung?) und sich, wenn nötig,
Rückendeckung zu holen.
Auch für die eigentlichen Verhandlungen hat Kellner eine
Fülle von erprobten Tipps parat, die tief in die Psychologie
hineingehen. Zum Beispiel mag niemand es, vor vollendete
Tatsachen gestellt zu werden und nur noch Ja oder Nein sagen zu
können. Solche Situationen haben oft zur Folge, dass der andere
Partner pikiert abblockt. Viel besser funktioniert es, zwei
Varianten vorzustellen oder einen bewusst noch nicht ganz
perfekten Entwurf zu präsentieren, an dem man noch gemeinsam
arbeiten kann. Ein weiterer guter Trick ist, sich ganz bewusst
vorzunehmen, nur ein Drittel der Redezeit zu beanspruchen - dann
wirkt man ruhig und sympathisch. Auch wie man gekonnt mit
Einwänden umgeht (
aktiv zuhören - Denkpause - auffangen und abfedern), übt
Kellner mit dem Leser. Und bloß nicht zu freundlich oder zu
kompetent auftreten! Ersteres wirkt leicht schleimig oder
unsachlich, Letzteres überheblich. "Eine gewonnene Diskussion ist
eine verlorene Verhandlung", gibt Kellner zu bedenken.
Macht und Taktik.
Ohnehin geht es beim Verhandeln nie
nur um Sachfragen - auch dafür sensibilisiert Kellner. "Sie
werden einen anderen Menschen niemals nur durch vernünftige
Argumente überzeugen", erklärt sie. "Vielleicht sieht Ihr
Verhandlungspartner sogar ein, dass Sie in der Sache Recht haben,
stimmt Ihnen jedoch dennoch nicht zu, weil es gegen seine
Interessen verstößt." Unter der Oberfläche läuft meist auch ein
Machtkampf ab, in dem es darum geht, im eigenen Lager gut
dazustehen oder das Gesicht zu wahren. Die eigentliche
Herausforderung ist also, die Interessen und das Selbstwertgefühl
des Gesprächspartners zu berücksichtigen und ihm die Gelegenheit
zu geben, im eigenen Lager als Sieger dazustehen.
Richtiggehend üben sollte man, so Kellner, das kleine
Einmaleins der taktischen Schachzüge bei Verhandlungen. Zwar
lassen sich erfahrene Verhandler davon nicht beeindrucken, und
auf Tricks und Täuschungen verzichtet man besser, aber beliebte
Manöver - von "good guy/bad guy" bis hin zu "Vorbilder ins Spiel
bringen" - sollte man kennen und anwenden können. Auch die
Gegenmaßnahmen gegen unfaire Taktiken sollte man vorher gründlich
trainieren. Kellners Tipp: Angriffe nicht persönlich nehmen und
abperlen lassen! Vom schlagfertigen Reagieren rät Kellner, selbst
Rhetorikprofi, erstaunlicherweise ab. Doch ihr Argument, dass das
den Konflikt eskalieren lassen kann, überzeugt. Wer auf das
Powerplay einsteigt, hat schon verloren.
Hedwig Kellner:
Verhandeln - hart, aber herzlich,
Carl Hanser Verlag, München 2005,
211 Seiten, 19.90 Euro,
ISBN 3-446-22593-5
www.hanser.de
Nina Hesse ist freie Mitarbeiterin von changeX.
© changeX Partnerforum [17.05.2005] Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
changeX 17.05.2005. Alle Rechte vorbehalten, all rights reserved.
Artikeltags
Carl Hanser Verlag
Weitere Artikel dieses Partners
Warum wir es gerne einfach hätten und alles immer so kompliziert ist - das neue Buch von Peter Plöger zur Rezension
Biohacking - das neue Buch von Hanno Charisius, Richard Friebe, Sascha Karberg zur Rezension
Ausgezeichnet mit dem Deutschen Finanzbuchpreis 2013: Geld denkt nicht von Hanno Beck zur Rezension
Zum Buch
Hedwig Kellner: Verhandeln - hart, aber herzlich. Carl Hanser Verlag, München 2005, 211 Seiten, ISBN 3-446-22593-5
Buch bestellen bei
Osiander
genialokal
Amazon