Landkarten in uns
Führen, Fördern, Coachen - das neue Buch von Elisabeth Haberleitner, Elisabeth Deistler und Robert Ungvari.
Von Florian Michl
Wer die besten Leute will, muss mehr bieten als Geld und Karriere. Mitarbeiter wollen gestalten und Ideen einbringen. Sie wollen lernen und sich entfalten. Sagen drei Wirtschaftscoachs aus Wien. Daraus folgt: Führungskräfte müssen umdenken. Sie müssen Mitarbeiter individuell fördern und herausfordern, statt nur zu delegieren. Und: Sie müssen ihre Welt kennen, um überhaupt ihre Potenziale zu sehen. / 16.11.07
Haberleitner CoverZum Psycho-Experten brauchen Führungskräfte deshalb nicht gleich zu werden, beruhigen die drei Berater. Denn nicht die Einzelperson steht im Mittelpunkt, sondern die Beziehungen zwischen den Menschen. Worauf die Autoren hinauswollen: Mitarbeiter und Führungskraft beeinflussen sich wechselseitig. Der "ge-wandel-te" Mitarbeiter setze eine "ge-wandel-te" Führungskraft voraus. Was Führungskräfte oftmals nicht sehen wollen.
Letztlich aber geht doch alles auf das Individuum zurück. "Jeder Mensch nimmt die Welt anders wahr", schreiben die Autoren und erklären damit nichts anderes als das konstruktivistische Fundament ihres Ansatzes: Jeder konstruiere sich seine subjektiven Wirklichkeiten und bilde sie in "inneren Landkarten" ab. "Diese sind, wie alle anderen Landkarten auch, nicht die Wirklichkeit selbst." Aber sie bestimmen und steuern unser Verhalten, so Haberleitner, Deistler und Ungvari. Und indem wir diese Landkarte in Sprache umwandeln, teilen wir der Umwelt diese Realität mit. Das sei die Chance jedes Coachs: Über die Sprache - oder besser gesagt: über das Gespräch - erhält er Einblicke in die Realität des Anderen. Und hat dadurch die Möglichkeit, den wahrgenommenen Fakten des Mitarbeiters geänderte oder zusätzliche Bedeutungen zu geben, Verzerrungen und Einschränkungen aufzuheben. Das heißt: "Die Landkarte wird angereichert und verfeinert, wodurch dem Mitarbeiter neue 'Wege' und damit weitere Handlungsoptionen zur Verfügung stehen."

Gefühl des Angenommen-Werdens.


Diese Wandlung gelinge allerdings nur, wenn sich Führungskraft und Mitarbeiter vertrauen, erklären die Autoren: Zum Erfolg von Gesprächen führe weniger ein bestimmtes Maß an Wissen und technischem Können, auch nicht die Anwendung von Gesprächsführungstechniken. Sondern zuallererst eine bestimmte Grundhaltung gegenüber dem Gesprächspartner. Sie sollte geprägt sein von Empathie, "einem nicht-wertenden, einfühlenden Verstehen", sowie von Akzeptanz, "nicht an Bedingungen gebundene Wertschätzung und emotionale Wärme". Wichtig sei nicht zuletzt auch ein bestimmtes Maß an Kongruenz und Zutrauen. "Der Coach zeigt sich dem Mitarbeiter so, wie er auch tatsächlich ist." Ohne ihn zu täuschen oder ihm etwas vorzumachen. Zudem kann sich eine Führungskraft nur dann auf Coaching als Entwicklungsarbeit einlassen, wenn sie dem Mitarbeiter auch zutraut, dass er in der Lage ist, sich zu entwickeln. Das Ergebnis: "Durch das Gefühl des Angenommen-Werdens beginnt der Mitarbeiter zunehmend, auch sich selbst anzunehmen. Er fühlt sich nicht mehr bedroht und glaubt nicht mehr, sein verzerrtes Selbstbild verteidigen zu müssen", so das Fazit.

Fragen Sie nach dem Weg ...


Erst wenn diese Bedingungen hergestellt sind, empfehlen die drei Wirtschaftsberater, mit dem eigentlichen Coaching zu beginnen. Das ist der Zeitpunkt, die Werkzeuge der Gesprächsführung einzusetzen. Und das bedeutet vor allem: Fragen stellen! "Eine souveräne Führungskraft, die ihre Mitarbeiter coacht, ruft die Kreativität und das Wissen der Gesprächspartner ab und bezieht dies in die eigenen Überlegungen ein, indem sie Fragen stellt." Ein Mitarbeiter, der bisher in die Rolle des Zuhörers gedrängt war, werde mit immer neuen Fragen aufgefordert nachzudenken, seine Gedanken in Worte zu fassen, dabei seine Lösungskompetenz zu aktivieren und seine Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Die konstruktivistische Grundhaltung macht wiederum deutlich, warum das so ist: Der Mitarbeiter hat eine bestimmte Konstruktion von Wirklichkeit. "Fragen führen dazu, diese Konstruktion möglicherweise zu verändern, indem der Mitarbeiter (aber auch die Führungskraft!) neue, bisher nicht beachtete Aspekte mit einbezieht und bestimmten Fakten andere Bedeutungen gibt." Doch können Mitarbeiter Fragen auch als Bedrohung empfinden: dann nämlich, wenn sie wie in einem Verhör benutzt werden. Oder als angewandte Technik ohne entsprechende Grundhaltung.

... und achten Sie auf die Antwort.


Mit dem Fragen untrennbar verbunden ist das zweite Coachingwerkzeug: das aktive Zuhören. Das bedeute, "sich auf den Mitarbeiter einzulassen und zugleich alle eigenen Gedanken, Meinungen, Überzeugungen und Absichten zu einem Thema aus dem Kontakt zum Mitarbeiter vorerst möglichst herauszuhalten", so die Berater. Das beginnt schon mit dem Blickkontakt - einer einfachen, aber wirksamen Form, dem Mitarbeiter zu signalisieren, dass Gesprächs- und Aufnahmebereitschaft besteht. Und endet beim Mitschreiben des Gesagten - um so nicht nur den Überblick zu behalten, sondern auch ein Zeichen zu geben, dass man das Gesagte ernst und wichtig nimmt.
Neben diesen zentralen Techniken des Coachings beschreiben die Autoren auch die anderen Werkzeuge ausführlich und verständlich: vom Umgang mit Emotionen bis hin zu Mentaltechniken, wie Visualisieren oder Entspannen. Zudem im Buch enthalten: der praktische Ablauf eines Coachingprozesses. Damit wird deutlich, wie die Techniken und Werkzeuge im Arbeitsalltag angewendet werden können. Ohne in typische "Coaching-Fallen" zu tappen, die die Autoren im Laufe ihrer Karriere bei Unternehmen wie BP Austria, Roche oder Hewlett-Packard kennengelernt haben. Nach Lektüre des vorliegenden Buches ist Elisabeth Haberleitner, Elisabeth Deistler und Robert Ungvari recht zu geben: "Führungskräfte haben es schwer!" Dank des vorliegenden Buches aber nur mehr halb so sehr.

Florian Michl ist freier Mitarbeiter bei changeX.

Elisabeth Haberleitner / Elisabeth Deistler / Robert Ungvari:
Führen, Fördern, Coachen.
So entwickeln Sie die Potenziale Ihrer Mitarbeiter.

Redline Wirtschaft, Heidelberg 2007,
256 Seiten, 24.90 Euro.
ISBN 978-3-636-01483-2
www.redline-wirtschaft.de

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: Führen, Fördern, Coachen. . So entwickeln Sie die Potenziale Ihrer Mitarbeiter. . Redline Wirtschaft, Heidelberg 1900, 256 Seiten, ISBN 978-3-636-01483-2

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