changeX Top 11 November 2013
Nein, das sind noch nicht die Bücher des Jahres. Sondern das versprochene Spätherbst-Update der Buchempfehlungen der changeX-Redaktion.
Ganz vollständig war unsere Oktober-Buchliste noch nicht. Noch nicht alle Herbsttitel waren da, und noch nicht alle, die da waren, gesichtet. Vor allem fehlte noch einer der wichtigsten dieses Herbstes - der jetzt auch gleich auf Platz eins landet: Adam Grants wegweisendes Buch Geben und Nehmen, das das Denken über Erfolg umkrempeln wird. Einen ähnlichen Perspektivwechsel legt Malcolm Gladwell mit seinem neuen Titel David und Goliath in Bezug auf Stärke und Schwäche nahe. Und kommt daher passend zum Spitzenreiter auf Platz zwei. Auf Platz drei schließlich Patrick Cowden mit seinem beherzten Neustart. Die Bücher des Jahres folgen dann im Dezember.
Adam Grant:
Geben und Nehmen.
Erfolgreich sein zum Vorteil aller.
Droemer Verlag, München 2013, 448 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-426-27620-4
Erfolg ist eine Kombination aus harter Arbeit, Talent und Glück. Und natürlich Durchsetzungsfähigkeit, ein wenig Ellenbogeneinsatz darf schon sein, wenn man weiterkommen will. Denn die Netten haben das Nachsehen, die Egoisten räumen ab. So predigen es die Businessratgeber, so wird es tausendfach weitererzählt und abertausendfach geglaubt. Nur, es stimmt nicht. Ein unhinterfragter Glaubenssatz, der der neueren ökonomischen Forschung nicht standhält. Der amerikanische Organisationspsychologe Adam Grant korrigiert die landläufige Auffassung, dass Geber schwach und Nehmer stark sind. Er zeigt, dass ein weiterer Faktor entscheidend ist: der persönliche Umgang miteinander. Die Reziprozität. Sind wir nur auf den eigenen Vorteil bedacht oder tragen wir zum Gewinn anderer bei? Und Letzteres wird immer wichtiger. Das Geben, das Teilen von Wissen und Fähigkeiten, die gegenseitige Hilfe gewinnen an Bedeutung, je mehr sich die Arbeit verändert. Je mehr wir in Teams oder an Dienstleistungen für andere arbeiten. Ein wegweisendes, bahnbrechendes Buch. Und klasse zu lesen dazu.
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Malcolm Gladwell:
David und Goliath.
Die Kunst, Übermächtige zu bezwingen.
Campus Verlag, Frankfurt am Main 2013, 256 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-593399188
Menschen mit Schwächen sind unterlegen, die Starken geben den Ton an? Der Kleine knickt unabwendbar vor dem Großen ein, der Underdog vor dem Überflieger? Von wegen. In seinem neuen Buch nimmt US-Bestsellerautor Malcolm Gladwell diese Vorstellungen, die so tief in unserer Gesellschaft verwurzelt sind, gründlich unter die Lupe. Und er fragt: Stimmen unsere Vorstellungen von Riesen und Zwergen überhaupt, von Stärken und Schwächen, von Über- und Unterlegenheit? Gladwell will den Blick erweitern, unsere Automatismen, unsere Wahrnehmung hinterfragen. Denn Stärken liegen manchmal anderswo, als wir es erwarten. Und Schwächen lauern dort, wo wir sie nicht sehen. Gladwell fordert dazu auf, eine Macht, die sich mächtig und unverwundbar präsentiert, nicht zu überschätzen. Sondern die Macht derer zu sehen, die wir für machtlos halten. Wie immer ist auch der neue Gladwell ein Marathon ebenso fesselnder wie kluger Geschichten: ein Erzählstrang, der es fast unmöglich macht, sein Buch zur Seite zu legen.
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Patrick D. Cowden:
Neustart.
Das Ende der Wirtschaft, wie wir sie kennen. Ab jetzt zählt der Mensch!.
Ariston Verlag, München 2013, 256 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-424-20092-8
"Die Wirtschaft, wie wir sie kennen, neigt sich dem Ende zu." Es sind starke Töne, die Patrick D. Cowden in seinem neuen Buch anschlägt. Hatte er in seinem letzten Titel noch die Memmenkultur in den Vorstandsetagen beklagt, setzt er heute auf Neustart. Proklamiert: Das alte System, das auf ökonomische Kennziffern, auf Rendite und auf kurzfristige Quartalsgewinne ausgerichtet ist, die alte industriegesellschaftliche Wirtschaftsmaschine, hat ausgedient. Und: Die Alternative, "das sind wir selbst". Weil wir nur so die Potenziale, die in uns Menschen selbst liegen, zur Entfaltung bringen können. "Wir müssen uns jetzt von unseren Ketten befreien und unser Vermögen als Menschen, füreinander und miteinander zu handeln, zur Entfaltung bringen." Das klingt pathetisch. Das klingt nach Aufbruch. Also los!
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Wolf Lotter:
Zivilkapitalismus.
Wir können auch anders.
Pantheon Verlag, München 2013, 224 Seiten, 14.99 Euro, ISBN 978-3-570-55231-5
"Wer verteidigt eigentlich den Kapitalismus?", fragt Wolf Lotter in seinem neuen Buch. Die Frage bleibt rhetorisch, denn der Autor springt selbst in die Bresche und legt eine fulminante Verteidigungsschrift vor. Genauer: einen Grundkurs in wirtschaftlichem Denken, ein Aufklärungsbuch. Lotter fordert auf, "die trotzige Haltung gegen den Kapitalismus zur Seite zu legen und stattdessen das Werkzeug der Ökonomie für ein besseres Leben anzuwenden". Und noch mal genauer: Erstens ist es nicht der Kapitalismus, den Lotter verteidigt. Den Kapitalismus gibt es nicht. Es gibt viele, vielgestaltige, an unterschiedliche Bedingungen angepasste Kapitalismen. Zweitens ist Kapitalismus keine Ideologie. Er ist "ein Instrument, ein Werkzeug". Und ein Instrument kann man nutzen. Ja: Man kann den Kapitalismus benutzen, um sein Leben zu verbessern. Das ist der entscheidende Punkt: Für Lotter ist die Aufklärung auf halbem Wege stehen geblieben, wenn sie nicht auch den ökonomischen Bereich erobert. "Wir sind wohlhabend und frei genug, um uns das letzte, fehlende Glied der Aufklärung anzueignen: das Wissen um Ökonomie." Das Produkt dieser Aneignung nennt Lotter Zivilkapitalismus. Zivilkapitalismus ist die Wiederaneignung der Wirtschaft durch den Menschen, ist die Vision einer Wirtschaft zum Mitmachen. Mitreißend.
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Michel Serres:
Erfindet euch neu!.
Eine Liebeserklärung an die vernetzte Generation.
Suhrkamp Verlag, Berlin 2013, 69 Seiten, 8 Euro, ISBN 978-3-518-07117-5
Ein Bewohner des antiken Römischen Reiches hätte, eineinhalb Jahrtausende in die Neuzeit versetzt, kaum Probleme gehabt, sich in der Welt um 1500 zu orientieren. Dieses Gedankenexperiment wird gelegentlich angeführt, um den epochalen Bruch zu verdeutlichen, der sich wenig später in der industriellen Revolution vollzog. Eine ähnliche Zeitenwende proklamiert der französische Philosoph Michel Serres heute: "Ohne dass wir dessen gewahr wurden, ist in einer kurzen Zeitspanne, in jener, die uns von den siebziger Jahren trennt, ein neuer Mensch geboren worden" - die Angehörigen der vernetzten Generation. Sie haben nicht mehr den gleichen Körper, nicht mehr den gleichen Kopf, sagt Serres, sie wohnen nicht mehr im selben Raum und, vor allem, sie kommunizieren nicht mehr auf die gleiche Weise. Und sie nehmen nicht mehr dieselbe Welt wahr. Mit zwei flinken Daumen an der Tastatur ihrer Smartphones erschließen sich die "Däumlinge", wie er sie zärtlich nennt, eine neue Welt. Sicher identifiziert Serres die großen Umbrüche in der Unschärfe unserer Zeit. In der französischen Philosophietradition stehend läuft er nicht Gefahr, diese Unschärfe durch allzu große begriffliche Präzision auszutreiben. Ein moderner Mythos auf 70 Seiten.
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Stefan Kaduk, Dirk Osmetz, Hans A. Wüthrich, Dominik Hammer:
Musterbrecher.
Die Kunst, das Spiel zu drehen.
Murmann Verlag, Hamburg 2013, 264 Seiten, 24.90 Euro, ISBN 978-3-86774-267-2
Das Management predigt den Wandel. Lässt "Wind of Change" spielen. Und der CEO trägt ein T-Shirt mit dem Aufdruck "Querdenker". Doch ist Andersmachen in den Unternehmen meist bloße Rhetorik, Change eine Form von atemlosem Stillstand. Eingebettet in fröhliche Metaphern des Aufbrechens wird weitergemacht wie bisher. Das ist die Diagnose des neuen Buches von Kaduk & Co., die eine komplette Neufassung ihres Musterbrecher-Titels vorlegen. Ihr Buch ist ein Streifzug durch die Paradoxien in Organisationen. Es beschreibt, wie Veränderung in den Tiefen der Organisationen steckenbleibt. Es sagt aber auch, wie sie gelingen kann: Indem Einzelne die Routinen des Gewohnten, des Eingespielten durchbrechen. Musterbrecher.
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Markus Väth:
Cooldown.
Die Zukunft der Arbeit und wie wir sie meistern.
GABAL Verlag, Offenbach 2013, 280 Seiten, 19.90 Euro, ISBN 978-3-86936-514-5
Im rapiden Wandel unserer Zeit verändert Arbeit ihr Gesicht. Ihre Transformation verläuft nicht reibungslos, hat Friktionen, fordert Opfer. Der technologische Sprung, der seit der Jahrtausendwende auf unser Berufs- wie Privatleben wirkt, könnte zusammen mit dem Erodieren von traditionellen Werten, Sicherheiten, Lebensmodellen und Rollenmustern einen strukturellen, gesellschaftlichen Burnout verursachen. Warnt Markus Väth. Doch Arbeit sei zu wichtig, sei zu sehr integraler Bestandteil des Lebens, um sie dem Sog des Wandels zu überlassen. In seinem Buch sucht Väth nach Möglichkeiten der Gestaltung, ringt um eine Perspektive der Aktivität, um eine menschliche Arbeitswelt. Die Stärke: Cooldown wirft nicht bloß aus der Vogelperspektive einen Blick auf die Wirtschaft, sondern beobachtet genau, welche Auswirkungen die Transformation von Arbeit und Gesellschaft auf den einzelnen Menschen hat.
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Holm Friebe:
Die Stein-Strategie.
Von der Kunst, nicht zu handeln.
Carl Hanser Verlag, München 2013, 216 Seiten, 14.90 Euro, ISBN 978-3-446-43677-0
Die Stein-Strategie, das sind eigentlich zwei Bücher: einmal eine Persiflage auf die tumb-belehrenden Ratgeber der neoliberalen Ära. Zum anderen eine kluge Reflexion über die Wirksamkeit des Handelns und den atemlosen Zwang zum Aktionismus, der längst Organisationen und Menschen infiziert hat. Wo sich hektische Betriebsamkeit breitmacht, wo Handeln als Imperativ hochgehalten wird und Zögern, Zaudern oder auch nur Nachdenken als fatale Schwäche gilt, ruft Holm Friebe ein beherztes "Stopp!" in die Runde. Sein Buch hinterfragt den vordergründigen Aktionismus und plädiert für eine wohlüberlegte, abwartende Bedächtigkeit. Hierin liegt der Wert dieses Buches: Daran zu erinnern, dass man dem allgemeinen Handlungsimperativ ein beherztes Abwarten entgegensetzen kann. Oder auch ein entschlossenes Nichtstun. Das ist ein wichtiger Perspektivwechsel, eine oft vergessene Handlungsoption.
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Thomas Vašek:
Work-Life-Bullshit.
Warum die Trennung von Arbeit und Leben in die Irre führt.
Riemann Verlag, München 2013, 288 Seiten, 16.99 Euro, ISBN 978-3-570-50153-5
Endlich sagt es mal einer. Mit dem notwendigen Nachdruck und der gebotenen Wucht: Arbeit ist Leben. Die Trennung zwischen beidem ist Unsinn. Bullshit. Thomas Vašek, Chefredakteur des Philosophiemagazins Hohe Luft, räumt auf in dem Trümmerfeld, das Ora-et-labora-Diktat, protestantische Ethik und neuzeitlicher Arbeitswahn hinterlassen haben. Sein Buch ist eine Verteidigung der Arbeit. Und eine notwendige Klarstellung, die sich gleichwohl der Tatsache stellen muss, dass wir immer weniger sagen können, was das eigentlich ist: Arbeit, gute Arbeit.
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Christian Hoffmeister:
Digitale Geschäftsmodelle richtig einschätzen.
Carl Hanser Verlag, München 2013, 239 Seiten, 39.90 Euro, ISBN 978-3-446-43785-2
Das Reden über Geschäftsmodelle ist zum Alltagsgeräusch geworden. Ganz selbstverständlich sprechen heute Hinz und Kunz und jeder Taxifahrer vom "Business Model". Das war nicht immer so. Geschäftsmodelle gibt es zwar schon immer, in der Wirtschaftsliteratur aber kam das Wort noch zu Beginn der 1990er-Jahre praktisch gar nicht vor. Geändert hat sich das durch das Internet. Durch seinen Charakter als disruptive digitale Technologie. Insofern ist das Reden über Geschäftsmodelle ein Reflex darauf, dass viele von ihnen bedroht sind. Denn das Internet führt zur Konvergenz von Technologien, Angeboten, Marktsegmenten und schafft ganz neue Märkte. Daran erinnert Christian Hoffmeister in seinem Buch. Und liefert Grundlagen zum Denken in digitalen Geschäftsmodellen. Wer die endlich einmal verstehen will, der liegt mit diesem Buch richtig. Es hat das Zeug zu einem wichtigen und dauerhaften Grundlagenwerk.
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Martin Nowak:
Kooperative Intelligenz.
Das Erfolgsgeheimnis der Evolution.
Verlag C.H.Beck, München 2013, 347 Seiten, 24.95 Euro, ISBN 978-3-406-65547-0
Nicht nur die Ökonomie ist auf (mindestens) einem Auge blind. Das gilt (mindestens) auch für die Biologie. Auch sie folgte von Beginn an dem Leitmotiv der Konkurrenz und rückte den Kampf ums Überleben in den Mittelpunkt. Sie wurde damit zum Vorbild der ökonomischen Lehre. Das ist die dunkle Seite der Biologie, sagt Martin A. Nowak, Mathematiker, Biologe, Evolutionsspezialist und Professor in Harvard. Es gibt aber auch eine lichte Seite. Konkurrenz ist nicht die ganze Geschichte. "Um zu überleben, betreiben die Geschöpfe jedweder Spezies und auf jeder Stufe der Komplexität auch Kooperation." Lange Zeit galt diese als Problem, das wegerklärt werden musste und wurde. Heute rückt sie ins Zentrum. Für Nowak ist Kooperation - neben Mutation und Selektion - "ein drittes Prinzip in der Entwicklungsgeschichte des Lebendigen". Sie ist die kreative, die konstruktive Seite, ja "die Chefarchitektin der Evolution". Und diese Erkenntnis ist erst der Anfang, so Nowak: Wir müssen lernen, besser zu kooperieren, und "wir müssen mit der Wissenschaft der Kooperation vertraut werden".
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