changeX Top 11 Mai 2014
Unsere Buchempfehlungen Mai 2014 - das Gesamtranking der Frühjahrstitel
Einen Stapel an Verlagsvorschauen haben wir durchgeackert, einen halben Regalmeter Neuerscheinungen gesichtet, haben abgewogen und gewichtet - und hier ist das aktuelle Buchranking mit den gefühlt wichtigsten Neuerscheinungen dieses Frühjahrs. Wie immer ohne Anspruch auf Vollständigkeit - das eine oder andere Buch liegt noch im Stapel -, aber in der Hoffnung, eine inspirierende Auswahl getroffen zu haben.
Lars Vollmer:
Wrong Turn.
Warum Führungskräfte in komplexen Situationen versagen.
Verlag Orell Füssli, Zürich 2014, 224 Seiten, 19.95 Euro, ISBN 978-3-280-05527-4
Der Komplexität unserer Welt können Unternehmen nur mit Komplexität begegnen, das ist die These von Lars Vollmers Buch. Klare Ursache-Wirkungs-Beziehungen gibt es heutzutage nicht mehr, die Welt ist unklar, unberechenbar. Keine Chance mehr für hierarchisch gesteuerte Systeme, die auf Modellrechnungen, Szenariodenken und Best-Practice-Anwendungen setzen. Unternehmen müssen selbst komplex werden. Müssen ungeplante, anforderungsbedingte Vernetzung zulassen. Und sich von der Idee der klassischen Führungskraft verabschieden. Führung wird situationsbedingt übernommen. Etwa in selbst organisierten Arbeitsgruppen, in denen derjenige führt, der die meiste Ahnung hat. Aufgabe der alten "Führungskräfte" ist es dann, flexible Strukturen zu schaffen, in denen Komplexität entstehen und wirken kann. Ein sehr gut erzähltes, praxisnahes Buch. Keine "How-to"-Anleitung, sondern ein Vorschlag zum Rahmenwerk des Unternehmens im 21. Jahrhundert.
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Christoph Giesa, Lena Schiller Clausen:
New Business Order.
Wie Start-ups Wirtschaft und Gesellschaft verändern.
Hanser Verlag, München 2014, 316 Seiten, 19.90 Euro, ISBN 978-3-446-43874-3
Die Welt der Wirtschaft wandelt sich. Nicht erst seit gestern, aber offensichtlich zunehmend schneller und tiefgreifender. Die klassische Optimierung von Unternehmensprozessen stößt an ihre Grenzen; Größe punktet nicht mehr qua Skalierung, sondern führt zu Unbeweglichkeit; statt Innovation praktizieren viele Unternehmen "Unnovation": Fortschrittsvortäuschung. Stillstand überall. Es ist eine schonungslose Diagnose, die Lena Schiller Clausen und Christoph Giesa in ihrem gemeinsamen Buch treffen. Aber sie haben Land in Sicht. Neuland. Es ist die (hierzulande insbesondere in Berlin florierende) Start-up-Kultur, die Muster und Prinzipien für eine Wirtschaft von morgen bereitstellt. Start-ups machen grundlegende Dinge anders. Sie machen Knappheit zur Stärke, gewinnen intuitiven Zugang zu Innovation und sind so in der Lage, ganze Branchen neu zu definieren. Sie formieren eine ökonomische Gegenkultur, die - so die Hoffnung der Autoren - sich gegen die etablierte Wirtschaft durchsetzen wird. Ein Buch, das vor allem mit seinen anschaulichen Beispielen punktet.
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Anne M. Schüller:
Das Touchpoint-Unternehmen.
Mitarbeiterführung in unserer neuen Businesswelt.
GABAL Verlag, Offenbach 2014, 368 Seiten, 29.90 Euro, ISBN 978-3-869365503
Kunden heute schlucken nicht mehr einfach, was Unternehmen ihnen vorsetzen. Sie sind anspruchsvoll, gut vernetzt und gerne bereit, andere an ihren Erfahrungen teilhaben zu lassen - und nichts anderes gilt für die Mitarbeiter. Anschaulich beschreibt Anne M. Schüller in ihrem neuen Buch, was diese Machtverlagerung hin zu Kunden und Mitarbeitern für die Gestaltung und Führung von Unternehmen bedeutet. Konsequent denkt sie das Unternehmen von den Kundenbeziehungen her - und kommt dabei zu ganz ähnlichen Ergebnissen wie andere, die vom Inneren der Organisation ausgehen: Unternehmen sind künftig nicht mehr pyramidenförmig, sondern haben eine nach außen runde und nach innen vernetzte Struktur. Führungskräfte sind den Mitarbeitern nicht mehr hierarchisch übergeordnet, sondern übernehmen eine koordinierende Funktion. Mitarbeiter werden zu Mitgestaltern - ebenso wie die Kunden, die mit ihrem Wissen zur Verbesserung von Services und Produkten beitragen. Wann das alles umgesetzt wird? Klar sagt Schüller: Unternehmen haben keine andere Wahl.
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Ernst Mohr:
Ökonomie mit Geschmack.
Die postmoderne Macht des Konsums.
Murmann Verlag, Hamburg 2014, 536 Seiten, 39.99 Euro, ISBN 978-3-86774-340-2
Die Ökonomie ist auch nicht mehr, was sie mal war. Wo einst Zahlen und nüchterne Kalküle herrschten, tummeln sich heute Gefühle, Werte, Moral - und Geschmack. In unserer postmodernen Ökonomie steht ein bis in Nuancen verfeinertes Warenangebot einem mindestens ebenso ausdifferenzierten Universum menschlicher Bedürfnisse und Wünsche gegenüber. Darum, wie sich diese beiderseitige Ausdifferenzierung vollzieht, und um den Zusammenhang zwischen der Geschmacksindustrie und ihren Konsumenten geht es Ernst Mohr in seinem gewichtigen Werk Ökonomie mit Geschmack. Die entscheidende vermittelnde Variable ist die Offenheit der Gesellschaft: "Sobald wir die Wahl haben, nutzen wir sie so, dass man uns an unserer Auswahl in der neuen, offeneren Gesellschaft erkennt." Der Geschmack steuert unsere Wahl, und er "macht Konsumieren verständlich", indem er dafür sorgt, dass neue Kombinationen gelesen und verstanden werden. Offenheit wird so zur entscheidenden Bedingung für die Weiterentwicklung der Gesellschaft wie für ökonomische Wettbewerbsfähigkeit. Ein fulminantes Werk, das zugleich richtungsweisend für eine neue, offene, interdisziplinär arbeitende ökonomische Lehre ist.
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Ruth Seliger:
Positive Leadership.
Die Revolution in der Führung.
Verlag Schäffer-Poeschel, Stuttgart 2014, 245 Seiten, 39.95 Euro, ISBN 978-3-7910-3267-2
Positive Leadership, das ist das Pendant zur Positiven Psychologie. Nur eben für Organisationen. Positive Leadership bedeutet, so Ruth Seliger in ihrem gleichnamigen Buch, "die Aufmerksamkeit auf Ressourcen, Stärken, Qualitäten, Erfolge, Potenziale zu lenken" statt auf Schwächen und Defizite. Damit verbunden sind Zuversicht und ein positives Menschenbild, das davon ausgeht, dass Menschen eben nicht durch Zwang oder Anreize dazu veranlasst werden müssen, ihre Arbeit zu tun. Seliger macht klar, was dieser Paradigmenwechsel bedeutet: Organisationen als sich selbst organisierende lebende Systeme verstehbar zu machen. Letztlich gehe es darum, positive Organisationen zu gestalten: Organisationen, die wissen, wozu sie da sind, die Sinn vermitteln und Tätigkeiten so organisieren, dass die Mitarbeiter ungestört (zusammen)arbeiten und ihre Fähigkeiten entwickeln können. Wer heute über Führung und die Weiterentwicklung unserer Organisationen mitreden will, kommt an diesem hellsichtigen Buch nicht vorbei.
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Edward Slingerland:
Wie wir mehr erreichen, wenn wir weniger wollen.
Das Wu-Wei-Prinzip.
Berlin Verlag, Berlin 2014, 352 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-8270-1067-4
Wu Wei, das heißt so viel wie "nicht handeln". Genauer: "Handeln durch Nicht-Handeln", so hat es Holm Friebe übersetzt und als Baustein seiner Stein-Strategie angeführt: Wir sollten zwar möglichst viele entscheidungsrelevante Fakten intellektuell verarbeiten, dann aber unser Unbewusstes machen, entscheiden lassen. Nun gibt es ein ganzes Buch zu diesem aus der konfuzianischen und taoistischen Philosophietradition stammenden Konzept. Geschrieben hat es Edward Slingerland, kanadischer Professor für Asienstudien und Experte für chinesische Philosophie und die interdisziplinäre Erforschung von Kognition, Kultur und Religion. Mit seinem Titel reiht es sich geschickt ein in die aktuelle Debatte um ein gutes Leben, bietet aber mehr als platte Alltagsphilosophie. Im Gegenteil: Es ist eine spannende und mitunter herausfordernde geistige Reise durch das wenig erkundete Terrain zwischen westlichem und östlichem Denken. Mit Sicherheit eines der intellektuell inspirierendsten Bücher dieses Frühjahrs.
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Kerstin Bund:
Glück schlägt Geld.
Generation Y: Was wir wirklich wollen.
Murmann Verlag, Hamburg 2014, 200 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-86774-339-6
Wo immer man heute in der sich so rapide wandelnden Arbeitswelt unterwegs ist, sie ist schon da: die junge Generation der nach 1980 Geborenen, die eben in Scharen auf den Arbeitsmarkt drängen. Die Generation Y. Mit ihren ganz anderen Vorstellungen vom Leben und Arbeiten ist sie schon zu einem Mythos geworden, zu einer Projektionsfläche für ganz unterschiedliche Hoffnungen auf eine Veränderung des Status quo, der nicht nur von den Jungen als erstarrt erlebt wird. Solche Hoffnungen aber speisen sich zumeist aus Mutmaßungen über diese Generation, die vielen Älteren in ihrem Denken und Tun fremd ist. Es fehlt ein kraftvolles Bekenntnis aus der Generation Y selbst, eine Selbstbeschreibung, wie sie tickt. Fehlte. Jetzt ist dieses Selbstzeugnis da. Verfasst hat es Kerstin Bund, 31 und Wirtschaftsredakteurin bei der Zeit. Sie schreibt als Angehörige der Generation Y über ihre Generation. Und beschreibt, "wie grundlegend die Jungen die Arbeitswelt umkrempeln". Denn das ist geradezu das Wesensmerkmal dieser Generation: dass sie sich mit der Art und Weise, wie unsere Gesellschaft Arbeit organisiert, nicht mehr abfinden will. Kerstin Bund ist ein wunderbares Buch gelungen. Sie schreibt selbstbewusst und pointiert, mitunter auch frech und kämpferisch, aber immer im festen Glauben daran, dass diese Generation in ihrer Ausnahmesituation auf dem Arbeitsmarkt es in der Hand hat, die Verhältnisse zu drehen: "Wir werden Wirtschaft und Gesellschaft schleichend verändern, aber danach wird nichts mehr sein wie davor." Dringende Leseempfehlung!
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Jürgen Schaefer:
Lob des Irrtums.
Warum es ohne Fehler keinen Fortschritt gibt.
C. Bertelsmann Verlag, München 2014, 256 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-570-10161-2
Warum hat der Bleistift am Ende einen Radiergummi? Na klar, weil Menschen Fehler machen. Aber so wie heute viele Bleistifte ohne dieses nützliche Attribut am Ende auf den Markt kommen, hat sich in unserer Gesellschaft eine Fehlerlosigkeitsmanie breitgemacht, der Jürgen Schaefer nun in seinem Buch zu Leibe rückt. Klar arbeitet er heraus, welche fatalen Folgen es haben kann, wenn wir krampfhaft Fehler zu vermeiden suchen - nicht bloß, weil sie sich ironischerweise genau dann einstellen. Klar aber ist: "Alle Fehler, die passieren können, passieren auch." Und: "Alle Menschen machen Fehler." Diesen zwei Grundgesetzen des Fehlers gelte es Geltung zu verschaffen, fordert der Autor. Sein Buch stößt auch zum entscheidenden Punkt vor: Gefragt ist nicht Fehlertoleranz, sondern Fehlerfreundlichkeit. Mehr noch: Wir müssen unsere Fehler lieben - weil nur dann sich das positive Gefühl einstellt, das wirkliches Lernen möglich macht.
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Warren Berger:
Die Kunst des klugen Fragens.
Berlin Verlag, Berlin 2014, 272 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-8270-1196-1
Fragen gelten vielen Firmenchefs als ineffizient. Und wer sich auf einer Konferenz mit der Frage "Warum?" zu Wort meldet, riskiert, für uninformiert oder aufsässig gehalten zu werden. Oder für beides. Mit den Fragen ist es fast wie mit den Fehlern: Ohne, glaubt man, kommt man besser voran auf dem geraden Weg der Effizienz. Irrtum, sagt Warren Berger, Journalist und professioneller Fragesteller: "Fragen ist das Herz der Innovation." Mehr noch, die kluge Frage, die man für sich findet, kann zum Kern einer Leidenschaft werden, die die persönliche Entwicklung fokussiert und vorantreibt. Warren Bergers Buch kreist um den Zusammenhang zwischen Innovation und Fragen und hält zahlreiche illustrative Beispiele und inspirierende Einsichten bereit, die den Leser anstacheln, es doch einmal selbst zu versuchen mit dem Fragen. Das Buch leitet dazu an, die richtigen Fragen zu finden und zu stellen. Und nicht zuletzt enthält es selbst viele schöne, kluge Fragen.
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Daniel H. Pink:
Mehr Wert.
Die Kunst, gefragt zu sein.
Ecowin Verlag, Salzburg 2014, 304 Seiten, 23.95 Euro, ISBN 978-3-7110-0046-0
Verkaufen? Igitt. Eine Gänsehaut des Unwohlseins schickt vielen allein der Gedanke über den Rücken. Sofort entsteht ein Bild vor dem inneren Auge: aalglatte Schmeichler, die einem etwas aufschwatzen wollen; zwielichtige Gauner, die nur den eigenen Gewinn im Kopf haben; Tunichtgute, die ihre einzige Chance auf irgendein Auskommen nutzen. Von wegen. Der amerikanische Wissenschaftsjournalist und Bestsellerautor Daniel Pink führt uns detailliert und höchst anschaulich auf 300 Buchseiten vor Augen, dass wir uns mal wieder geschnitten haben. Verkaufen ist längst zum Jedermannsgeschäft geworden. Zwar verhökern nicht alle Gebrauchtwagen oder Luxusklamotten. Doch 40 Prozent unserer Zeit verbringen die Menschen moderner Gesellschaften damit, andere zu etwas zu bewegen. Wir überreden, überzeugen und beeinflussen Menschen, etwas, was sie haben, aufzugeben und es für das, was wir haben, einzutauschen. Und das entscheidet wesentlich über unseren beruflichen Erfolg. "Verkauf, ohne zu verkaufen", nennt das Pink und erklärt sehr plausibel, wie das geht und worauf es dabei ankommt.
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Andrea Komlosy:
Arbeit.
Eine globalhistorische Perspektive - 13. bis 21. Jahrhundert.
Promedia Verlag, Wien 2014, 208 Seiten, 17.90 Euro, ISBN 978-3-85371-369-3
Arbeit. Im Industriezeitalter war das der eine Job, lebenslang. Doch historisch wie global ist das eine singuläre Ausnahme. Erst im Zuge der Industrialisierung verengte sich der Arbeitsbegriff auf Erwerbsarbeit. Davor, daneben - und wohl auch danach - war und ist Arbeit schillernd und vielfältig. Das neue Buch von Andrea Komlosy nimmt sich dem in breiter Perspektive an. "Bei näherem Hinsehen erweist sich Arbeit als ein wahres Chamäleon", so Komlosy. Nachdrücklich zeigt die Autorin, dass Arbeit nicht auf Erwerbsarbeit reduziert werden kann, sondern ein breites Spektrum unterschiedlicher Tätigkeitsformen umfasst, "die im Haushalt, in der Familie, für Grundherren oder Meister, im eigenen Betrieb oder als unselbständige Lohnarbeit für einen Unternehmer oder Auftraggeber geleistet wird." Der Wert dieses Buches liegt darin, die in industrielle Normalität eingeschliffene Verengung des Arbeitsbegriffes anschaulich und plastisch zu machen.
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