changeX Top 11 Sommer 2014
Unsere Buchempfehlungen Sommer 2014 - Inspirierendes für den Urlaub
Welches Buch möchte man im Schatten unter dem Baum lesen, im Liegestuhl, am Strand? Wir haben unsere Buchempfehlungen der letzten Monate nach Sommerlektüre durchforstet: nach Büchern mit Tiefgang, die inspirieren, aber nicht zu schwer daherkommen. Bücher, die leicht zu lesen sind, die inspirieren, zugleich aber nicht zu fachlich und nicht zu ratgebermäßig gehalten sind (sonst ist man in Gedanken gleich wieder bei der Umsetzung = bei der Arbeit). Hier unsere Auswahl.
Sascha Mamczak:
Die Zukunft.
Eine Einführung.
Heyne Verlag, München 2014, 112 Seiten, 8.99 Euro, ISBN 978-3-453-31595-2
Genau besehen gibt es sie nicht, die Zukunft. Dennoch zeichnet die Fähigkeit, an die Zukunft zu denken, uns als Menschen aus. Mehr noch: Die Zukunft, die es eigentlich nicht gibt, bestimmt unser Leben. Sascha Mamczak, Lektor und Herausgeber der Science-Fiction-Reihe des Heyne Verlags, nähert sich in seiner Einführung der Zukunft behutsam und aus globaler Perspektive. Ihm geht es nicht darum, wie Zukunft aussehen könnte, sondern wie wir mit ihr umgehen. Klar arbeitet er den entscheidenden Widerspruch im Zukunftsdenken heraus: "Zukunftswissen ist immer probabilistisches Wissen" - Zukunft ist eine bloße Möglichkeit, das haben wir gelernt. Doch immer noch spukt im Zukunftsdenken eine alte Obsession: Die Vorstellung nämlich, dass unsere Welt von Kausalität regiert sei - der laplacesche Dämon. Treffend analysiert.
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Daniel Goleman:
Konzentriert euch!.
Eine Anleitung zum modernen Leben.
Piper Verlag, München 2014, 384 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-492-05652-6
Arbeit ohne Muße ist Alltag, pausenlos zwischen den Dingen hin und her zu springen, der Fluch der Zeit. Die Konzentration bleibt auf der Strecke - und das ist dramatisch, sagt Daniel Goleman, der Erfinder der emotionalen Intelligenz. Er erinnert an eine vernachlässigte Grundfähigkeit: Aufmerksamkeit. In gewohnter Differenzierung lenkt der Psychologe den Blick auf dieses Steuerruder unseres Lebens. Und zeigt dabei - dem Titel zum Trotz -, dass es mit einem schlichten "Setz dich hin! Konzentrier dich!" nicht getan ist. Es gibt nicht die eine Aufmerksamkeit, sondern viele verschiedene, gleichermaßen wichtige Aufmerksamkeiten, die wir beherrschen und trainieren sollten, um ein gelingendes Leben verwirklichen zu können. Denn Aufmerksamkeit ist essenziell für Auffassungsgabe und Gedächtnis, für Lernen, für das Gespür, wie wir uns fühlen und warum, für die Deutung der Gefühle anderer und eine reibungslose Kommunikation. Mithin: unverzichtbar.
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Edward Slingerland:
Wie wir mehr erreichen, wenn wir weniger wollen.
Das Wu-Wei-Prinzip.
Berlin Verlag, Berlin 2014, 352 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-8270-1067-4
Wu Wei, das heißt so viel wie "nicht handeln". Genauer: "Handeln durch Nicht-Handeln", so hat es Holm Friebe übersetzt und als Baustein seiner Stein-Strategie angeführt: Wir sollten zwar möglichst viele entscheidungsrelevante Fakten intellektuell verarbeiten, dann aber unser Unbewusstes machen, entscheiden lassen. Nun gibt es ein ganzes Buch zu diesem aus der konfuzianischen und taoistischen Philosophietradition stammenden Konzept. Geschrieben hat es Edward Slingerland, kanadischer Professor für Asienstudien und Experte für chinesische Philosophie und die interdisziplinäre Erforschung von Kognition, Kultur und Religion. Mit seinem Titel reiht es sich geschickt ein in die aktuelle Debatte um ein gutes Leben, bietet aber mehr als platte Alltagsphilosophie. Im Gegenteil: Es ist eine spannende und mitunter herausfordernde geistige Reise durch das wenig erkundete Terrain zwischen westlichem und östlichem Denken. Mit Sicherheit eines der intellektuell inspirierendsten Bücher dieses Frühjahrs.
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Jürgen Schaefer:
Lob des Irrtums.
Warum es ohne Fehler keinen Fortschritt gibt.
C. Bertelsmann Verlag, München 2014, 256 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-570-10161-2
Warum hat der Bleistift am Ende einen Radiergummi? Na klar, weil Menschen Fehler machen. Aber so wie heute viele Bleistifte ohne dieses nützliche Attribut am Ende auf den Markt kommen, hat sich in unserer Gesellschaft eine Fehlerlosigkeitsmanie breitgemacht, der Jürgen Schaefer nun in seinem Buch zu Leibe rückt. Klar arbeitet er heraus, welche fatalen Folgen es haben kann, wenn wir krampfhaft Fehler zu vermeiden suchen - nicht bloß, weil sie sich ironischerweise genau dann einstellen. Klar aber ist: "Alle Fehler, die passieren können, passieren auch." Und: "Alle Menschen machen Fehler." Diesen zwei Grundgesetzen des Fehlers gelte es Geltung zu verschaffen, fordert der Autor. Sein Buch stößt auch zum entscheidenden Punkt vor: Gefragt ist nicht Fehlertoleranz, sondern Fehlerfreundlichkeit. Mehr noch: Wir müssen unsere Fehler lieben - weil nur dann sich das positive Gefühl einstellt, das wirkliches Lernen möglich macht.
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Warren Berger:
Die Kunst des klugen Fragens.
Berlin Verlag, Berlin 2014, 272 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-8270-1196-1
Fragen gelten vielen Firmenchefs als ineffizient. Und wer sich auf einer Konferenz mit der Frage "Warum?" zu Wort meldet, riskiert, für uninformiert oder aufsässig gehalten zu werden. Oder für beides. Mit den Fragen ist es fast wie mit den Fehlern: Ohne, glaubt man, kommt man besser voran auf dem geraden Weg der Effizienz. Irrtum, sagt Warren Berger, Journalist und professioneller Fragesteller: "Fragen ist das Herz der Innovation." Mehr noch, die kluge Frage, die man für sich findet, kann zum Kern einer Leidenschaft werden, die die persönliche Entwicklung fokussiert und vorantreibt. Warren Bergers Buch kreist um den Zusammenhang zwischen Innovation und Fragen und hält zahlreiche illustrative Beispiele und inspirierende Einsichten bereit, die den Leser anstacheln, es doch einmal selbst zu versuchen mit dem Fragen. Das Buch leitet dazu an, die richtigen Fragen zu finden und zu stellen. Und nicht zuletzt enthält es selbst viele schöne, kluge Fragen.
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Kerstin Bund:
Glück schlägt Geld.
Generation Y: Was wir wirklich wollen.
Murmann Verlag, Hamburg 2014, 200 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-86774-339-6
Wo immer man heute in der sich so rapide wandelnden Arbeitswelt unterwegs ist, sie ist schon da: die junge Generation der nach 1980 Geborenen, die eben in Scharen auf den Arbeitsmarkt drängen. Die Generation Y. Mit ihren ganz anderen Vorstellungen vom Leben und Arbeiten ist sie schon zu einem Mythos geworden, zu einer Projektionsfläche für ganz unterschiedliche Hoffnungen auf eine Veränderung des Status quo, der nicht nur von den Jungen als erstarrt erlebt wird. Solche Hoffnungen aber speisen sich zumeist aus Mutmaßungen über diese Generation, die vielen Älteren in ihrem Denken und Tun fremd ist. Es fehlt ein kraftvolles Bekenntnis aus der Generation Y selbst, eine Selbstbeschreibung, wie sie tickt. Fehlte. Jetzt ist dieses Selbstzeugnis da. Verfasst hat es Kerstin Bund, 31 und Wirtschaftsredakteurin bei der Zeit. Sie schreibt als Angehörige der Generation Y über ihre Generation. Und beschreibt, "wie grundlegend die Jungen die Arbeitswelt umkrempeln". Denn das ist geradezu das Wesensmerkmal dieser Generation: dass sie sich mit der Art und Weise, wie unsere Gesellschaft Arbeit organisiert, nicht mehr abfinden will. Kerstin Bund ist ein wunderbares Buch gelungen. Sie schreibt selbstbewusst und pointiert, mitunter auch frech und kämpferisch, aber immer im festen Glauben daran, dass diese Generation in ihrer Ausnahmesituation auf dem Arbeitsmarkt es in der Hand hat, die Verhältnisse zu drehen: "Wir werden Wirtschaft und Gesellschaft schleichend verändern, aber danach wird nichts mehr sein wie davor." Dringende Leseempfehlung!
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Christoph Giesa, Lena Schiller Clausen:
New Business Order.
Wie Start-ups Wirtschaft und Gesellschaft verändern.
Hanser Verlag, München 2014, 316 Seiten, 19.90 Euro, ISBN 978-3-446-43874-3
Die Welt der Wirtschaft wandelt sich. Nicht erst seit gestern, aber offensichtlich zunehmend schneller und tiefgreifender. Die klassische Optimierung von Unternehmensprozessen stößt an ihre Grenzen; Größe punktet nicht mehr qua Skalierung, sondern führt zu Unbeweglichkeit; statt Innovation praktizieren viele Unternehmen "Unnovation": Fortschrittsvortäuschung. Stillstand überall. Es ist eine schonungslose Diagnose, die Lena Schiller Clausen und Christoph Giesa in ihrem gemeinsamen Buch treffen. Aber sie haben Land in Sicht. Neuland. Es ist die (hierzulande insbesondere in Berlin florierende) Start-up-Kultur, die Muster und Prinzipien für eine Wirtschaft von morgen bereitstellt. Start-ups machen grundlegende Dinge anders. Sie machen Knappheit zur Stärke, gewinnen intuitiven Zugang zu Innovation und sind so in der Lage, ganze Branchen neu zu definieren. Sie formieren eine ökonomische Gegenkultur, die - so die Hoffnung der Autoren - sich gegen die etablierte Wirtschaft durchsetzen wird. Ein Buch, das vor allem mit seinen anschaulichen Beispielen punktet.
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Niels Pfläging:
Organisation für Komplexität.
Wie Arbeit wieder lebendig wird - und Höchstleistung entsteht.
Books on Demand, Norderstedt 2013, 112 Seiten, 9.90 Euro, ISBN 978-3-732280452
Und am Ende unserer Liste noch zwei Titel, die aus dem vergangenen Jahr stammen. Niels Pflägings neues Buch kam zu spät für unsere Bücher des Jahres und zu früh für die Liste mit den ersten Neuerscheinungen des Jahres 2014. Dennoch ist es ein eminent wichtiges Buch. Denn es widmet sich dem Verständnis von Organisationen als komplexe soziale Systeme. Und dieses Verständnis ist - jenseits der reduktionistischen Stellschraubenlogik des herrschenden Managements - Voraussetzung für deren Veränderung. In Pflägings Buch gewinnt die Netzwerkorganisation als Gegenmodell zur traditionellen Pyramidenorganisation Kontur: als eine Organisation, die nicht von oben nach unten gebaut ist, sondern von außen nach innen, von der Peripherie zum Zentrum. Die nicht aus Linien besteht, sondern aus Zellen. In der Entscheidungen nicht im Zentrum getroffen werden, sondern an der Peripherie: dort, wo der Kontakt zum Markt da ist und der "Marktzug" wirkt. Das ist alles wunderbar anschaulich aufbereitet. Niels Pfläging zeigt, wie sich neue Organisationen bauen lassen. Und er macht Mut, damit anzufangen.
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Lars Vollmer:
Wrong Turn.
Warum Führungskräfte in komplexen Situationen versagen.
Verlag Orell Füssli, Zürich 2014, 224 Seiten, 19.95 Euro, ISBN 978-3-280-05527-4
Der Komplexität unserer Welt können Unternehmen nur mit Komplexität begegnen, das ist die These von Lars Vollmers Buch. Klare Ursache-Wirkungs-Beziehungen gibt es heutzutage nicht mehr, die Welt ist unklar, unberechenbar. Keine Chance mehr für hierarchisch gesteuerte Systeme, die auf Modellrechnungen, Szenariodenken und Best-Practice-Anwendungen setzen. Unternehmen müssen selbst komplex werden. Müssen ungeplante, anforderungsbedingte Vernetzung zulassen. Und sich von der Idee der klassischen Führungskraft verabschieden. Führung wird situationsbedingt übernommen. Etwa in selbst organisierten Arbeitsgruppen, in denen derjenige führt, der die meiste Ahnung hat. Aufgabe der alten "Führungskräfte" ist es dann, flexible Strukturen zu schaffen, in denen Komplexität entstehen und wirken kann. Ein sehr gut erzähltes, praxisnahes Buch. Keine "How-to"-Anleitung, sondern ein Vorschlag zum Rahmenwerk des Unternehmens im 21. Jahrhundert.
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Christian Geyer:
Niklas Luhmann.
Die Knappheit der Zeit und die Vordringlichkeit des Befristeten.
Kulturverlag Kadmos, Berlin 2013, 160 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-86599-120-1
Den zweiten 2013er-Nachzügler haben wir schlicht übersehen. Kleiner Verlag, unscheinbares Buch. Ein Buch zudem, das nicht so leicht zugänglich ist und fast ein bisschen wie eine kommentierte Reclam-Klassikerausgabe daherkommt. Einen Klassiker präsentiert es auch auf den ersten 50 Seiten: Niklas Luhmanns nur noch bibliothekarisch zugänglichen Aufsatz "Die Knappheit der Zeit und die Vordringlichkeit des Befristeten" aus dem Jahr 1971, den der FAZ-Feuilleton-Redakteur Christian Geyer im zweiten Teil neu interpretiert - und zwar nicht vor dem Hintergrund der Debatte Beschleunigung-Entschleunigung, sondern im Kontext des für Luhmann zentralen Kontingenzproblems: Kontingenz im Sinne eines "Auch-anders-möglich-Seins" wird hier "als zentrale Frage des spätmodernen Lebensgefühls weitergedacht", wie der Verleger Wolfram Burckhardt formuliert: "Wie kann es gelingen, in der Vielfalt der Optionen jemand Bestimmter zu sein?" Wie bestimmt man sein Leben, wenn alles auch anders sein könnte? Antworten wird man in dem Buch nicht finden, und schon gar keine einfachen. Aber so nachdrücklich an eine zentrale Frage des Weltverständnisses erinnert zu werden, das sollte man sich nicht entgehen lassen.
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Lisa Herzog, Axel Honneth (Hg.):
Der Wert des Marktes.
Ein ökonomisch-philosophischer Diskurs vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart.
Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, Berlin 2014, 670 Seiten, 25 Euro, ISBN 978-3-518-29665-3
"Markt", das klingt heute anders als noch vor ein paar Jahren. Und hat andere Konnotationen. Spätestens seit der Finanzkrise ist die Diskussion um Markt und Marktwirtschaft wieder in Gang gekommen. Und spätestens seit der Wiederentdeckung von Adam Smith - genauer: seiner Theorie der ethischen Gefühle - ist klar geworden, dass die Wirtschaftswissenschaft unter einem schweren Geburtsfehler leidet. "Die Verengung des Faches, die seit dem Wohlstand der Nationen stattgefunden hat", war folgenreich, ist aber nicht irreversibel. Sagt Lisa Herzog in der zusammen mit Axel Honneth herausgegebenen (und sparsam, aber pointiert kommentierten) Sammlung von ökonomisch-philosophischen Originaltexten von Mandeville und Smith über Marx und Hayek bis hin zu Sen. Eine Textsammlung, die hilft, Markt und Marktwirtschaft besser zu verstehen. Verdienstvoll.
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