Bücher, die uns aufgefallen sind
Die changeX-Buchempfehlungen im Herbst 2014
Massen von Büchern haben die Verlage wieder auf den Markt gekippt, nicht nur in der Belletristik, sondern auch im Sach- und Wirtschaftsbuch. Wir haben Verlagsvorschauen durchgesehen, Listen getippt, haben bewertet und ausgewählt. Und stellen elf Titel vor, die uns diesen Herbst aufgefallen sind: unsere Leseempfehlungen zu den Themen Arbeit & Leben, Wirtschaft & Management, Wissen & Lernen. Hier unsere Auswahl. Texte: Anja Dilk (ad) und Winfried Kretschmer (wk)
Klaus Hurrelmann, Erik Albrecht:
Die heimlichen Revolutionäre.
Wie die Generation Y unsere Welt verändert.
Beltz Verlag, Weinheim 2014, 255 Seiten, 18.95 Euro, ISBN 978-3-407-85976-1
Generation Y - überschätzt und überbewertet? Ein Hype, der hoffentlich bald vorbei sein wird? Mitunter kommt Überdruss auf, wenn immer und immer wieder die Generation Y bemüht wird, die, erst einmal im Job angekommen, die Arbeitswelt von Grund auf umkrempeln werde. Ein Hype also, und nichts dahinter? Klaus Hurrelmann, Professor für Public Health, Jugendforscher und Herausgeber zahlreicher Jugendstudien, darunter der unter dem Label "Shell" publizierten, widerspricht nun vehement. Zusammen mit seinem Co-Autor, dem Journalisten Erik Albrecht, hat er alles Material über die Generation Y ausgewertet, das verfügbar ist. Das Fazit: "Die heute 15- bis 30-Jährigen verändern unsere Welt radikal." Still, leise, aber nachdrücklich. "Die heimliche Revolution der Generation Y hat gerade erst begonnen." Das bislang fundierteste Buch über die Generation Y. (wk)
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Dark Horse Innovation:
Thank God it’s Monday!.
Wie wir die Arbeitswelt revolutionieren.
Econ Verlag, Berlin 2014, 208 Seiten, 16.99 Euro, ISBN 978-3-430201711
In der alten Arbeitswelt war man froh, wenn der Freitag da und die Woche rum war. In der neuen Arbeitswelt ist alles anders. "Ordentlich gekämmt und pünktlich erscheinen wir montagmorgens zur Arbeit und krempeln sie gut gelaunt um." Die Generation Y revolutioniert die Arbeitswelt, aber es ist keine laute Revolution wie die der 68er, die heutige Revolution verläuft "leise und schleichend, aber unaufhaltsam". Es ist die These, die auch Klaus Hurrelmann und Erik Albrecht in ihrem Buch vortragen. Thank God it’s Monday! ist das korrespondierende Selbstzeugnis von Vertretern der Generation Y dazu. Geschrieben von Dark Horse Innovation, der zurzeit sehr angesagten Berliner Innovationsfirma, die von 30 gleichberechtigten Partnern gemeinsam gegründet worden ist und mit ihrem Modell eines "posthierarchischen Managements", in dem Koordination ohne Kontrolle funktioniert, derzeit Stammgast in diversen Veranstaltungen ist. Nun gibt es das Buch dazu, locker geschrieben, mit Esprit und einer Portion (Selbst-)Ironie, aber klar fokussiert auf den Kern: Dark Horse arbeitet ständig an der Gestaltung und Weiterentwicklung der eigenen Kultur und ersinnt dabei pfiffige neue Konventionen, die Gruppenprozesse erleichtern. Im Grunde sind dies soziale Mikroinnovationen für die Gestaltung kollaborativen Arbeitens. Wie das im Detail aussieht, kann man in diesem sehr kurzweiligen Buch nachlesen. (wk)
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Jeremy Rifkin:
Die Null-Grenzkosten-Gesellschaft.
Das Internet der Dinge, kollaboratives Gemeingut und der Rückzug des Kapitalismus.
Campus Verlag, Frankfurt am Main 2014, 525 Seiten, 27 Euro, ISBN 978-3-593399171
Wieder einmal bringt Starautor Jeremy Rifkin mit wortgewaltigen Thesen Wind in die aktuellen Debatten um eine neue Wirtschaft, und diesmal sind es höchst provokante. Der Kapitalismus, angekommen auf seinem Höhepunkt, sei am Ende, prognostiziert der einflussreiche Gesellschaftstheoretiker. Rifkin sieht uns an der Schwelle zu einem neuen Zeitalter, einer globalen, kollaborativen Wirtschaft und Gesellschaft. Natürlich, der Zusammenbruch von Wall Street und Co. komme nicht von heute auf morgen, aber doch, glaubt Rifkin, unaufhaltsam: Sinkende Produktionskosten, Sharing Economy, der Aufstieg des Internets der Dinge, über das fast alles fast für lau und dazu ressourcenschonend zu bekommen ist, sind für den Vordenker die Motoren des Wandels. Ein Must-have in dieser Buchsaison. (ad)
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Les Convivialistes:
Das konvivialistische Manifest.
Für eine neue Kunst des Zusammenlebens.
herausgegeben von Frank Adloff und Claus Leggewie, transcript Verlag, Bielefeld 2014, 80 Seiten, 7.99 Euro, ISBN 978-3-8376-2898-2
Ein wichtigster Impuls dieses Jahres kommt aus Frankreich. Eine Gruppe von gut 40 Wissenschaftlern und Intellektuellen sagt der globalen Wachstumsökonomie den Kampf an. Fast beschwörend liest sich ihr Aufruf zu einer Abkehr vom Primat des eigennutzorientierten Denkens und Handelns und der Verabsolutierung des Glaubens an die selig machende Wirkung wirtschaftlichen Wachstums. Den Fehlentwicklungen der kapitalistischen Gesellschaften, deren ressourcenfressende Logik den Planeten zu zerstören drohen, wollen die Autoren mit einer kraftvollen Vision begegnen: Eine neue Weltzivilgesellschaft, die auf Kooperation, gutes Miteinander und Respekt vor der Natur beruht - die konviviale Gesellschaft. Was wir tun können, damit sie Realität wird, verrät ihr Manifest. (ad)
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Philip Roscoe:
Rechnet sich das?.
Wie ökonomisches Denken unsere Gesellschaft ärmer macht.
Carl Hanser Verlag, München 2014, 316 Seiten, 21.90 Euro, ISBN 978-3-446-44037-1
Na bitte, wieder ein wirtschaftskritischer Titel. Leise, aber gut argumentiert. Ich kaufe, also bin ich. Philip Roscoe macht den Akt des Kaufens als Hauptkennzeichen des heutigen Lebens aus. Ein Akt, der die Interaktion zwischen Menschen von sozialen Beziehungen und Verpflichtungen gereinigt hat. Kauf abgewickelt, beide Seiten sind quitt. Und Tschüs. Diese Ökonomisierung des Lebens durchdringt längst alle Bereiche, verändert unser Denken, Forschen, Handeln, unsere Erwartungen. Schon glauben wir, dass sozial erwünschtes soziales Verhalten nur ökonomisch steuerbar ist - und laufen damit gegen die Wand. Hier liegt nach Roscoe die Krux, wenn wir ökologisches und sozial erwünschtes Verhalten einpreisen, zum Beispiel durch Abgaben für Umweltverschmutzung: Wir haben bezahlt, also können wir nach Lust und Laune verschmutzen. Das rechnet sich nicht. Ist nicht lebenswert, nicht menschengemäß. Roscoe führt uns in seiner Argumentation zu einer anderen Ökonomie - einer, die Kategorien wie Sinn, Moral, Verantwortung und Gemeinschaft integriert. Und die unser Leben nicht mehr rückstandsfrei durchdringt. (ad)
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Byung-Chul Han:
Psychopolitik.
Neoliberalismus und die neuen Machttechniken.
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2014, 124 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3-10-002203-5
"Das Soll hat eine Grenze. Das Kann hat dagegen keine", schreibt der Philosoph Byung-Chul Han. Und umreißt damit einen Paradigmenwechsel, der sich in unserer Gesellschaft vollzieht: von der Disziplinar- zur Leistungsgesellschaft. Zur Steigerung der Produktivität werde das Paradigma der Disziplinierung durch das der Leistung und des Könnens ersetzt, weil ab einem bestimmten Produktivitätsniveau Verbote eine weitere Steigerung der Produktivität verhinderten. Den Kern der Herrschaft des neoliberalen Regimes sieht Han darin, dass es die Psyche als Produktivkraft entdeckt. Als freundliche Macht tritt sie uns gegenüber, setzt auf freiwillige Selbstorganisation und Selbstoptimierung. Sie sorgt dafür, "dass das Individuum von sich aus auf sich selbst so einwirkt, dass es den Herrschaftszusammenhang in sich abbildet, wobei sie ihn als Freiheit interpretiert". Han sieht die Entwicklung heute auf ein Zeitalter digitaler Psychopolitik zutreiben, dessen Grundzüge er anhand von digitaler Überwachung und Big Data ausbuchstabiert. Unbedingt lesenswert (auch wenn man manches gerne differenzierter sehen möchte). Und weiterdenkfähig in Richtung eines besseren Verständnisses der Mechanismen psychischer Feinsteuerung in der Arbeitswelt. (wk)
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Klaus Henning:
Die Kunst der kleinen Lösung.
Wie Menschen und Unternehmen die Komplexität meistern.
Murmann Verlag, Hamburg 2014, 254 Seiten, 24.99 Euro, ISBN 978-3-86774-382-2
Das Mantra hat einen langen, langen Bart: Die Technik wird’s richten. Sie führt uns aus dem Klimawandel, aus Wirtschaftskrisen und anderen Desastern. Am besten mit einem großen Wurf, der alte Fehler endgültig begräbt. Doch so schlicht wird es nicht sein. Zum einen liegt die Tücke oft im Detail, wir stolpern über Kleinigkeiten, weil wir nur das große Ganze im Blick haben. Zum anderen denken wir Technik isoliert von Menschen. Kurz, wir verhaken uns in der Komplexität der Welt. Klaus Henning will Wege durch das Chaos bahnen. Das Ziel: Die Komplexität eines Systems meistern. Der Weg: Aufmerksam beobachten, um die Komplexität und die Dynamik einer Situation zu erfassen. Genau hinschauen, um vermeintliche Kleinigkeiten nicht zu übersehen. Und so in kleinen Schritten kleine Lösungen finden, die große Wirkung haben. Ein erstaunlich leichtfüßiges und überzeugendes Buch, das durch die Dichte vieler Alltagsbeispiele doppelt anregt. (ad)
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Henning Beck:
Hirnrissig.
Die 20,5 größten Neuromythen - und wie unser Gehirn wirklich tickt.
Carl Hanser Verlag, München 2014, 272 Seiten, 16.90 Euro, ISBN 978-3-446-44038-8
"Es ist ja nicht so, als könne man Neuropublizisten, die aus fragwürdigen Forschungsergebnissen noch fragwürdigere Konsequenzen für den Reformbedarf von Schulen, Gerichten, Sendeanstalten und Internetdiensten ableiten, ungestraft aus den Augen lassen", schreibt der Soziologe Dirk Baecker. Recht hat er. Mehr noch, man muss sogar sehr genau hinschauen, was da über rechte und linke Gehirnhälfte, über Spiegelneuronen, Multitasking, Gehirnjogging und unser angebliches Reptilienhirn verbreitet wird. Sehr genau hingeschaut hat Hennig Beck, selbst Neurobiologe und Deutscher Meister im Science Slam. Er räumt auf mit den "20,5 größten Neuromythen", und er tut das ebenso fundiert wie unterhaltsam. Es macht einfach Spaß, dem Autor bei der Demontage neuropublizistisch aufbereiteter Halbwahrheiten zu folgen. Man lernt dabei nicht nur sehr viel über die Neurowissenschaft, sondern auch über althergebrachte Denkschablonen (Arbeitsteilung, Hierarchie, Entweder-oder), die der Arbeitsweise unseres Gehirns als vernetztem System nicht gerecht werden. Das ist wohl die wichtigste Lehre, die man von Becks Buch vermittelt bekommt: wie komplex unser Denk- und Fühlorgan wirklich ist. Wenn ein Buch notwendig ist, dann dieses. (wk)
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Ulf Brandes, Pascal Gemmer, Holger Koschek, Lydia Schültken:
Management Y.
Agile, Scrum, Design Thinking & Co.: So gelingt der Wandel zur attraktiven und zukunftsfähigen Organisation.
Campus Verlag, Frankfurt am Main 2014, 240 Seiten, 34.99 Euro, ISBN 978-3-593501581
Menschen müssen angewiesen, angeleitet, kontrolliert und mit materiellen Anreizen "motiviert" werden, um sie dazu zu bewegen, sich anzustrengen. Douglas McGregor nannte diese Annahme "Theorie X". Und stellte dieser eine neue "Theorie Y" gegenüber, derzufolge Menschen nicht von außen angetrieben werden müssen, sondern von sich aus bereit sind, Leistung zu erbringen. Damit brachte McGregor schon 1960 den Widerstreit zweier Paradigmen auf den Punkt, der uns noch heute beschäftigt. Management folgt Theorie X. Ihm gegenüber stehen Ansätze, die die menschliche Seite des Unternehmens betonen. Management Y heißt dieser Logik folgend das Buch von Ulf Brandes, Pascal Gemmer, Holger Koschek und Lydia Schültken. Es beschreibt Ansätze eines neuen Managements jenseits des X-Ansatzes. Es bietet einen hervorragenden Überblick über praktische Ansätze und Methoden alternativen Managements mit mehr Menschlichkeit und gewährt so einen inspirierenden Einblick in das brodelnde Laboratorium der Organisationsentwicklung. (wk)
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Peter Thiel mit Blake Masters:
Zero to One.
Wie Innovation unsere Gesellschaft rettet.
Campus Verlag, Frankfurt am Main 2014, 200 Seiten, 22.99 Euro, ISBN 978-3-593501604
Einen anderen Weg zur Weltrettung hätte man von Silicon-Valley-Ikone Peter Thiel kaum erwarten können: Nur Innovation, und zwar eine sprunghafte, unerwartete, die von null auf eins jumpt, könne der Welt noch mal den Kopf retten. Mit Daueroptimieren und Nachahmen dagegen reite sich die globale Wirtschaft in den Ruin. Technikkritik ist dem PayPal-Gründer fern, umso spannender - und sehr lehrreich im Hinblick auf ein besseres Verständnis von Innovation - ist sein vehementes Plädoyer für eine "Startupisierung" der Gesellschaft, für radikales Querdenkertum und ein Technologiefeuerwerk für eine bessere Zukunft. (ad)
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Timothy Ferriss:
Der 4-Stunden-(Küchen-)Chef.
Der einfache Weg, zu kochen wie ein Profi, zu lernen, was immer Sie möchten, und das gute Leben zu leben.
GABAL Verlag, Offenbach 2014, 658 Seiten, 39.90 Euro, ISBN 978-3-86936-585-5
Das ist so ziemlich das abgedrehteste Buch, das jemals auf unserem Redaktionstisch lag. Tim Ferriss, der Mann, dem alles in vier Stunden gelingt, wendet sich dem Kochen zu. Und beschreibt, wie er vom überzeugten Nicht-Koch zum begeisterten Kochkünstler wurde. Sein erarbeitetes Wissen präsentiert er in einer Fülle von Rezepten, die in Form übersichtlicher Lektionen aufbereitet und mit einer Fülle von Tipps und Tricks versehen sind. Dabei entzündet er ein aberwitziges Feuerwerk an Wissen und Information um Kochen, Zubereitung, Lebensmittelkunde bis hin zum Abspecken und Muskeltraining. Freilich ist das Buch nur vordergründig - auf der inhaltlichen Ebene - ein Buch übers Kochen. Es ist "eine universelle Einführung in die Welt des beschleunigten Lernens" so zutreffend der Klappentext. Kochen ist für Ferriss nur das Experimentierfeld, auf dem er seine Leser mit der Methode des "Metalernens" vertraut macht, einem Schritt-für-Schritt-Verfahren, das es erlaubt, "beliebige Dinge rascher zu lernen": "beliebige Lernstoffe, beliebige Sportarten, überhaupt alles". Letztlich geht es Ferriss auch um alles: das gute Leben zu leben.
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