Bücherfrühling 2016
Unsere Buchempfehlungen im Frühjahr 2016, erste Liste
Leider hat sie sich nicht durchgesetzt, die Elferliste. Von Ben Schott in seinem legendären Sammelsurium eingeführt und an einigen Beispiele durchdekliniert, konnte sie an der uneingeschränkten Vorherrschaft der Top-Ten-Liste nicht kratzen. So einfach, so langweilig. Wir aber halten an der Elferliste fest. Ungerade, ungewöhnlich, uneindeutig. Insbesondere mit dem rätselhaften Platz 11, der mal wirkliches Schlusslicht, mal Ehrenplatz, mal bloße Verlegenheitslösung ist. Aber nie so banal wie Platz zehn! Hier unsere ersten elf Buchempfehlungen im Frühjahr 2016. Texte: Anja Dilk, Heike Littger, Winfried Kretschmer
Lars Vollmer:
Zurück an die Arbeit!.
Wie aus Business-Theatern wieder echte Unternehmen werden.
Linde Verlag, Wien 2016, 192 Seiten, 24.90 Euro, ISBN 9783709306123
Wenn Meetings die Zeit fressen, während die Arbeit liegen bleibt, so die beredte Klage aus den Unternehmen - was sind dann Meetings? Genau: Keine Arbeit, lautet der messerscharfe Schluss von Lars Vollmer, der mit seinem Buch Zurück an die Arbeit! so etwas wie den Frühjahrsbooster abgeliefert hat: Eine These, die provoziert und polarisiert: "In den meisten Unternehmen wird zu wenig gearbeitet und zu viel Arbeit gespielt." Seine Schlussfolgerung: "Die meisten Mitarbeiter UND vor allem die meisten Führungskräfte müssen meiner Ansicht nach deutlich mehr arbeiten, wenn sie wollen, dass ihr Arbeitsplatz auf Dauer bestehen bleibt und ihr Unternehmen floriert. Deutlich mehr!" Arbeiten hier immer verstanden als Wertschöpfung für den Kunden. Gemessen daran ist jener Overload an Managementtools, Planung und Kontrolle, die scheinbar zur Unternehmensführung dazugehören, reine Verschwendung: die vierte Art der Verschwendung, die die drei im Lean-Ansatz identifizierten Formen der Verschwendung komplettiert. Lars Vollmer ist ein ebenso pointiertes wie grundlegendes Buch zur Neubestimmung von Arbeit, Organisation und Zusammenarbeit gelungen. Unbedingter Lesetipp!
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Susanne Ehmer, Wolfgang Regele, Doris Regele, Herbert Schober-Ehmer:
ÜberLeben in der Gleichzeitigkeit.
Leadership in der "Organisation N. N.".
Carl-Auer Verlag, Heidelberg 2016, 336 Seiten, 39 Euro, ISBN 978-3-8497-0103-1
"Führungskräfte sind mehr und mehr mit einer Fülle an widersprüchlichen Anforderungen konfrontiert, müssen auf paradoxe Handlungsaufforderungen eindeutige Antworten finden, denen jedoch keine Entweder-oder-Logik gerecht werden kann", schreibt Fritz B. Simon im Vorwort dieses Buches. Mit anderen Worten: Sie müssen gleichzeitig konservativ und innovativ denken, gleichzeitig kompetitiv und ertragsorientiert kalkulieren, gleichzeitig fördernd und fordernd führen, gleichzeitig aggressiv und sympathisch auftreten. Betonung auf "gleichzeitig". Diese Gleichzeitigkeit umreißt die zentrale Herausforderung, die das Autorenteam in den Titel gerückt hat. Erfreulicherweise zaubern die Autoren keine neuen Erfolgsrezepte aus dem Hut; sie verfallen nicht der Stellschraubenlogik des "Organisation = Maschine"-Modells. Ihre Antwort auf die Gleichzeitigkeit ist die "Organisation N. N.", die Organisation als Leerstelle, die als offenes Spielfeld dazu einlädt, "sich laufend mit fröhlicher, kreativer Energien im ständigen Fluss der Veränderung neu zu definieren" - und das nicht mit der Eindeutigkeit der alten Organigrammorganisation, "sondern mit unscharfen Rändern, die es erlauben, mit paradoxen Zugängen auf paradoxe Herausforderungen zu antworten". Unverzichtbar zum Thema "Wandel unserer Organisationen".
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Katrine Marçal:
Machonomics.
Die Ökonomie und die Frauen.
Verlag C.H.Beck, München 2016, 206 Seiten, 16.95 Euro, ISBN 978-3-406-68861-4
Die Ökonomie ist eine Machoveranstaltung. Die Arbeit von Frauen fällt durch den Rost. Nein. Von rückwärtsgewandtem Feminismusgejammer à la "Würden nur die Mädels die Sache in die Hand nehmen, wäre die Welt eine bessere" kann bei Katrine Marçal keine Rede sein. Ihre Sichtachse richtet sich nicht auf eine Benachteiligung qua Geschlecht, sondern auf den vergessenen Teil der Ökonomie, der Gesellschaft, des Menschlichen überhaupt. Mit diesem Blick kommt sie den verborgenen Annahmen in unserem ökonomischen Weltbild auf die Spur, das bis heute unser Verständnis von wichtig und unwichtig, von veränderbar oder hinzunehmen, von wünschenswert oder fehlentwickelt prägt. Das Weibliche ist lediglich Metapher für die vergessene Seite unserer Gesellschaft, abgespalten in den privaten Raum, in die Freizeit, fernab der Ökonomie: Verbundenheit, Zugehörigkeit, Respekt, Anerkennung, Liebe. Als würde das gehen: Einfach abspalten. Nicht wirtschaftstauglich. Unsinn, sagt Marçal und zeigt, dass es an uns ist, wieder ein Gesamtes daraus zu machen. Absolut lesenswert.
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Adam Grant:
Nonkonformisten.
Warum Originalität die Welt bewegt.
Droemer Verlag, München 2016, 384 Seiten, 22.99 Euro, ISBN 978-3-426-27666-2
Wer hat daran schon Zweifel: Zum Helden und kreativen Original muss man geboren sein. Otto Normalverbraucher hat keine Chance, mag er noch so viel strampeln. Menschen mit besonderer Originalität und einem ausgeprägten Durchsetzungsvermögen sind es, die Geschichte machen. US-Querdenker Adam Grant entwickelt in seinem neuen Buch überzeugend, wie schief wir damit liegen. Nach den Egoisten (in Geben und Nehmen) knöpft er sich nun die Helden vor. Und demontiert die Mythen, die sich um Originalität ranken. Die großen Originale der Weltgeschichte sind uns viel ähnlicher, als wir glauben. Wir haben es alle in der Hand, ihnen zu folgen. Denn Originalität ist eine Frage der persönlichen Entscheidung. Wer bereit ist, das Gegebene zu hinterfragen, hat sich schon auf den Weg gemacht. Nonkonformismus ist der Schlüssel zur Originalität, die die Welt bewegen kann. Ein überzeugendes Plädoyer fürs Andersmachen.
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Nina Leffers, Sebastian Morgner, Robert Wreschniok, Thomas Perry:
Der ganz normale Change-Wahnsinn.
Und wie man trotzdem etwas verändern kann.
Murmann Publishers, Hamburg 2016, 240 Seiten, 30 Euro, ISBN 9783867744720
Unternehmen müssen sich wandeln, das ist das große Credo der Wirtschaftswelt. Change ist ihr Imperativ. Seit einem Jahrzehnt oder mehr geht das nun schon so, jagt in vielen Unternehmen eine Change-Initiative die nächste. Nur: Rund 70 Prozent aller Veränderungsinitiativen scheitern, viele schon, bevor sie richtig begonnen haben. Der ganz normale Change-Wahnsinn ist das für die Autoren. Sie machen klar, dass Veränderung zum Scheitern verurteilt ist, wenn Ziele ohne die Betroffenen formuliert und Initiativen über deren Köpfe hinweg vorangetrieben werden. Partizipation ist der Schlüssel für organisationalen Wandel. Und die beginnt schon mit der Formulierung eines gemeinsamen Verständnisses und verständlicher, geteilter Ziele. Denn "Menschen können sich unter abstrakten Zahlen nichts vorstellen". Wenn man auch Zweifel daran haben kann, ob Change wirklich eine Frage der richtigen "Stellschrauben" ist, geht die Argumentation der Autoren doch in die richtige Richtung. Das Buch besticht auch mit sehr auf den Punkt geschriebenen Fallbeispielen, die nicht nur gescheiterte Change-Initiativen auseinandernehmen, sondern auch Beispiele für gelungene Veränderungsprozesse vorstellen.
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Steffi Burkhart:
Die spinnen, die Jungen!.
Eine Gebrauchsanweisung für die Generation Y.
GABAL Verlag, Offenbach 2016, 272 Seiten, 24.90 Euro, ISBN 978-3-86936-691-3
Was, noch ein/schon wieder ein Buch über die Generationen Y? Ist nicht schon wirklich alles gesagt, alles analysiert? Und braucht es zu allem Überfluss nun auch noch eine "Gebrauchsanweisung" für diese Generation, die im Begriff ist, die Arbeitswelt gehörig umzukrempeln? Nun, dass man ein Buch besser nicht nach seinem Untertitel beurteilt, bestätigt sich auch hier wieder einmal. Die spinnen, die Jungen! ist nicht so sehr Gebrauchsanleitung, sondern eine Einführung in die Weltsicht und Denkungsart der jungen Generation. Steffi Burkhart will einen Gesamtüberblick über die Stellung der Gen Y in der aktuellen Arbeitswelt geben und zeigen, wie die unterschiedlichen Trends und Themen miteinander verwoben sind. Wie sie das macht - frisch, fröhlich, unkonventionell, plakativ assoziativ und collageartig -, gibt wiederum einen ungemein illustrativen und aufschlussreichen Einblick in das Denken ihrer Generation. Ihr Buch ist eine Einführung in digitales Denken, das maßgeblich von der Digitalisierung und der Verfügbarkeit digitaler Geschäftsmodelle wie dem Modus des Kopierens und Rekombinierens bestimmt wird. Ein Crashkurs, den man sich antun sollte!
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Thomas Straubhaar:
Der Untergang ist abgesagt.
Wider die Mythen des demografischen Wandels.
edition Körber-Stiftung, Hamburg 2016, 206 Seiten, 18 Euro, ISBN 978-3-89684-174-2
Die deutsche Bevölkerung schrumpft, wird älter und ärmer, es fehlen Fachkräfte und Rentenzahler. "Der demografische Wandel ist vor allem ein Untergangsszenario", sagt Thomas Straubhaar, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg. Dabei sind die Hochrechnungen über die Bevölkerungsentwicklung überhaupt nicht solide. Allein der Zustrom der Flüchtlinge seit dem Sommer 2015 kommt einer "demografischen Revolution" gleich - mit all den Chancen und Risiken, die jede große Umwälzung mit sich bringt. Straubhaar will nicht nur Mythen entlarven, etwa: "Schrumpfung bedeutet Wohlstandsverlust", "Deutschland ist für Talente nicht attraktiv" oder: "Zuwanderung gefährdet die deutsche Identität." Sein Buch ist auch ein Plädoyer für mehr Optimismus und Zutrauen in die Stabilität und Elastizität unseres Landes. Ein gewichtiger Einwurf in einer turbulenten Zeit - in der es wichtiger denn je ist, Vorurteile, Halbwahrheiten und Scheinlösungen kritisch zu hinterfragen. Das Problem ist nicht der demografische Wandel, so Straubhaar. Das Problem ist die Angst vor dem demografischen Wandel - und der vorschnelle Griff "nach gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen, die nicht mehr zukunftstauglich sind".
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Kathrin Sohst:
Zart im Nehmen.
Wie Sensibilität zur Stärke wird.
GABAL Verlag, Offenburg 2016, 336 Seiten, 24.90 Euro, ISBN 978-3-86936-688-3
Die Entdeckung bislang nicht erkannter Facetten des Menschseins liegt weiter im Trend. Zunächst waren es die Soft Skills und die Spielarten emotionaler Intelligenz, dann die Qualitäten leiser, mehr nach innen als nach außen gekehrter Menschen, und seit einiger Zeit kommt nun immer wieder das Thema "Hochsensibilität" nach oben. Mehr als 40 Buchveröffentlichungen listet die Seite www.hochsensibel.org, Berichte von Betroffenen, Ratgeber für den Umgang mit Menschen mit dieser Disposition, Esoterisches auch, denn der Grat zu paranormalen Phänomenen ist bei diesem Thema schmal. Bislang fehlte aber eine fundierte Publikation, ein Grundlagenwerk aus einem großen Publikumsverlag. Das liegt nun vor. GABAL hat sich des Themas angenommen und mit Kathrin Sohst eine Betroffene mit Reflexionshintergrund gefunden. Vor zwei Jahren hat sich die Autorin auf Brigitte.de als hochsensibel geoutet und arbeitet seit Jahren intensiv am Thema. Mit ihrem Buch, einer gelungenen Mischung aus Betroffenenperspektive und Quellenstudium, ist dieses nun im Mainstream angekommen.
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Felix Plötz:
Das 4-Stunden Startup.
Wie Sie Ihre Träume verwirklichen, ohne zu kündigen.
Econ Verlag, Berlin 2016, 256 Seiten, 16.99 Euro, ISBN 9783430202022
In vier Stunden etwas geregelt kriegen, das ist seit Timothy Ferriss’ 4-Stunden-Woche selbst zu einem Topos geworden. Nun also Das 4-Stunden-Startup. Das Buch markiert zugleich eine Trendwende im Unternehmensgründungsdenken, die sich schon länger abzeichnet. Gründen als Vollzeitjob mit Businessplan, Büro und Anschubfinanzierung, das war gestern. Smartes Gründen als Ideenentwicklung, die auch Zeit braucht, als schrittweises, suchendes Vorgehen, das ist der Trend. Dazu passt die Idee eines 4-Stunden-Start-ups hervorragend: Seine Träume verwirklichen, ohne zu kündigen, neben dem Haupt- oder Brotjob sein eigenes Unternehmen aufbauen, ist die Devise. Das erinnert ein wenig an den Lean-Start-up-Ansatz, kommt aber nicht so methodisch stringent daher, sondern etwas leichter, locker gar. Vier Stunden, das hat eben die Nebenher-Attitüde, die der Unternehmensgründung den verquast-existenzgründerischen Touch zu nehmen vermag. Vier Stunden in der Woche hat jeder, und vier Stunden sind auch nicht zu viel investiert, wenn man mal ein paar Wochen lang der falschen Idee nachgelaufen ist.
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Thorsten Reiter:
Revolution dank Innovation.
Mit Corporate Entrepreneurship zurück an die Spitze!.
Campus Verlag, Frankfurt am Main 2016, 256 Seiten, 39.95 Euro, ISBN 978-3593503370
Thorsten Reiter hat mit Start Up - Jetzt! ein motivierendes und witziges Buch auf den Markt gebracht, in dem er angehenden Gründern Mut zuspricht. Nun hat er eins für die etablierten Unternehmen geschrieben, die Dinosaurier, die sich seiner Meinung nach zu sehr auf ihren Lorbeeren ausruhen. Wenn sie nicht langsam aufwachen, so Reiter, werden ihnen die neuen Wilden den Rang ablaufen - junge, flexible und auf Wachstum gebürstete Unternehmen, die nicht mehr nur vom Silicon Valley aus in neue Märkte aufbrechen, alte revolutionieren oder gar vollständig überflüssig machen. Corporate Entrepreneurship nennt Reiter seinen Ansatz und meint damit unter anderem ein Mehr an Selbstbestimmung, Gestaltungsfreiheit, Teamspirit, Fehlertoleranz, Peer-Learning, Befähigung und Ermutigung in den Unternehmen. Nicht neu, klar. Aber wie schon Reiters erstes Buch ist auch dieses gut recherchiert, flüssig geschrieben, auf den Punkt gebracht - mit allerlei Fallbeispielen und Interviews.
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Carl Naughton:
Neugier.
So schaffen Sie Lust auf Neues und Veränderung.
Econ Verlag, Berlin 2016, 296 Seiten, 19.99 Euro, ISBN 978-3430202091
Neugier gehört zur menschlichen DNA wie der Wunsch nach Anerkennung. Neugier macht Spaß und motiviert, schärft die Intelligenz und erhöht die Lebensfreude. Ohne Neugier hätte der Mensch weder das Feuermachen entdeckt noch den Speer erfunden und wäre nie zum König des Planeten aufgestiegen. Dennoch rangieren Veränderungen in der Beliebtheitsskala der meisten Menschen noch hinter den Kopfläusen, beobachtet Carl Naughton. Wieso eigentlich? Und wie lässt sich das ändern? Ein ebenso fröhliches wie spannendes Buch, das den Funktionsmechanismen der Neugier in unseren Köpfen auf den Grund geht und eine Schatzkiste voller Neugiererweckungsstrategien ausbreitet, mit denen jeder selbst experimentieren kann. Unternehmen, die kreativ und innovativ bleiben wollen, sollten es sich schnappen. Denn ohne eines kommen sie nicht voran: neugierige Mitarbeiter.
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